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Ruf der Dunkelheit

Ruf der Dunkelheit

Titel: Ruf der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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Aufmerksam musterte ich die Gesichter einiger zwielichtiger Gestalten, die sich an uns vorbeibewegten. Als wir die Straße ein paar Mal auf und ab gelaufen waren, nickte Max in Richtung der zischenden, roten Leuchtreklame und ich folgte ihm. Als wir eintraten, schlug mir eine stickige Wolke verschiedenster Gerüche entgegen. Der Laden war gerammelt voll, kein Vergleich, zu unserem ersten Besuch. Wir drängten uns durch die schwitzenden Leiber aufgegeilter Männer, die mit gierigen Blicken auf die Bühne starrten, auf der sich nun eine ganze Schar von aufreizend räkelnden Frauen befand. Schließlich erreichten wir den Tresen und stellten fest, dass dort jetzt eine andere Kellnerin arbeitete, als heute Nachmittag. Ich winkte sie zu uns heran und lehnte mich zu ihr. „Frauen verirren sich eher selten zu uns!“, schrie sie mir ins Ohr, um den vorherrschenden Lärm zu übertönen. „Was kann ich euch bringen?“
    „Wir wollen nichts trinken – danke!“ Ich hob meine Stimme, damit meine Worte zu ihr durchdrangen. „Aber wir sind auf der Suche nach jemandem – vermutlich hat sie hier gearbeitet.“ Ich wählte meine Worte mit Bedacht, während Max ständig seinen Blick schweifen ließ um mich früh genug warnen zu können, falls Ärger drohte. Sie zuckte die Achseln und ließ ihre Kaugummiblase platzen. „Wahrscheinlich Casey … ich weiß aber nicht, wo ihr sie finden könnt“, erwiderte die Kellnerin und senkte die Stimme, während sie sich noch näher zu mir lehnte. „Hab von den Mädchen“, sie nickte in Richtung der Bühne, „gehört, sie wäre verschwunden. Aber ich geb´ euch nen´ guten Tipp – haltet euch da lieber raus …“ Dann verstummte sie plötzlich und ich spürte, wie Max hinter mir zusammenzuckte. 
    Sofort richtete ich mich auf und blickte über die Kellnerin hinweg, die bewegungslos und mit angstgeweiteten Augen dastand, und entdeckte Josh, der uns mit zuckendem Kiefer fixiert hatte. Ein tiefes Knurren entfuhr meiner Kehle und er hob erstaunt die Brauen. Ich wusste bereits, was in seinem Kopf vor sich ging – er war sich nicht sicher, was er von meiner Erscheinung halten sollte. Außer mir schien es keinen Vampir auf dieser Welt zu geben, dessen Augenfarbe aus dem Rahmen fiel. Ich ließ ihn für keine Sekunde aus den Augen, als er sich langsam aber drohend in unsere Richtung bewegte. Jeder Muskel meines Körpers war angespannt, während Josh vor mich trat und den Kopf senkte, sodass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. Er war um einiges größer und muskulöser als ich, doch im Zweifel würde ihm das auch nicht helfen. In mir begann es zu pulsieren und ich fühlte die Wärme in meinem Herzen, die jedes Mal dafür sorgte, dass mein Blut zu kochen begann. Nur mühsam drängte ich das Gefühl auf ein Minimum zurück, als Josh´ Atem meine Wange striff. Max, der immer noch hinter mir stand, hatte ich in diesem Moment komplett ausgeblendet.
    „Ich sage es euch jetzt zum allerletzten Mal!“, zischte Josh und entblößte seine Fangzähne, um mich einzuschüchtern. „Verzieht euch! Und wenn euch eurer Leben lieb ist, kommt ihr nie wieder hier her! Was auch immer ihr sucht, hier werdet ihr nichts finden – kapiert?!“ Er packte grob meine Hand, die auf dem Tresen lag und drückte so fest zu, dass ich meine Knochen knacken hörte.
    Vor meinem inneren Auge flackerte es bereits in sämtlichen Rottönen und ich war kurz davor, ihm seinen Arm abzureißen – da holte Max mich zurück in die Realität. Er trat direkt an mich heran und legte mir eine Hand auf die Schulter. Zumindest sah es für Außenstehende so aus. In Wirklichkeit griff er so fest zu, dass der Schmerz die Wut überwog und ich augenblicklich meine Aufmerksamkeit von Josh losriss. Zischend sog ich Luft ein, wand meine Hand aus dem eisernen Griff, des wütenden Vampirs, der mir gegenüberstand und folgte Max wortlos aus dem Club. Josh blieb verdutzt zurück, doch er machte anscheinend keine Anstalten, uns zu folgen. 
    „Verdammt, kannst du grob sein!“ Ich stieß ein kurzes Lachen aus, als ich mir die Schulter rieb. Max fand das wohl gar nicht komisch, denn er seufzte nur. „Du musst das unbedingt besser in den Griff kriegen“, erklärte er nur und ich nickte betroffen. „Ich weiß“, erwiderte ich flüsternd. „Darum kümmern wir uns, wenn Julian wieder gesund ist.“ Max bemerkte, wie zerknirscht ich war und warf mir einen mitleidigen Blick zu. „Aber wie?!“, rief ich aus. „Hier kommen wir einfach nicht weiter.

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