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Ruf der Sehnsucht

Ruf der Sehnsucht

Titel: Ruf der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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den vergangenen Stunden hatten sie einander zweimal beigewohnt, doch diese einfache Berührung weckte ihr Verlangen nach ihm aufs Neue.
    »Ist das wirklich dein Wunsch, Jeanne?«
    »Ja.« Es klang nicht überzeugend.
    »Dann werde ich ihn respektieren«, sagte er. »Ich werde erst wieder zu dir kommen, wenn du mich darum bittest.«
    Wenn er nur nicht so gut aussähe und nicht so charmant wäre. Das hatte sich seit damals in Paris nicht geändert.
    »Bitte«, sagte sie, wusste jedoch nicht, worum sie bat. Auch das schien er zu spüren, denn plötzlich lag Mitgefühl in seinem Blick, als wüsste er, wie hilflos sie in seiner Nähe war, und bedaure sie deswegen.
    Er reichte ihr die Hand und führte sie durch das stille Haus. Bei den Hartleys hatte immer ein Lakai nachts parat sein müssen, um etwaigen Wünschen der Familie nachzukommen. Bei Douglas durften alle Angestellten ihre verdiente Nachtruhe genießen.
    In der Küche entzündete er mit einem der gedrehten Fidibusse aus dem Behälter neben dem Herd eine Kerze und fachte dann die Glut an. Dann füllte er den Kessel mit Wasser und stellte ihn auf den Herd.
    Jeanne setzte sich an den Kopf des Tisches, ihren gewohnten Platz bei den Mahlzeiten, und schaute Douglas zu.
    »Du scheinst dich gut auszukennen in der Küche«, bemerkte sie überrascht.
    »Ich hatte nicht immer Personal, Jeanne.« Ein Lächeln nahm seiner Erwiderung die Schärfe.
    »Kannst du auch kochen?«
    »Nur einfache Gerichte.« Er stellte zwei Tassen mit Untertassen auf ein Tablett und verließ dann plötzlich den Raum. Kurz darauf kehrte er mit einer Karaffe zurück, die Jeanne aus der Bibliothek kannte, und goss eine kleine Menge daraus in jede Tasse. Dann verschloss er das Gefäß wieder mit dem Kristallstöpsel.
    »Ich habe noch nie Whisky getrunken«, gestand sie.
    »Er wird dich schläfrig machen.«
    »Ich hoffe doch nicht, dass du bei Margaret das gleiche Mittel anwendest.«
    Offenbar hatte er nicht begriffen, dass sie ihn neckte, denn er schüttelte ernst den Kopf.
    »Hat sie häufig Alpträume?«
    »Häufig genug«, antwortete er kurz angebunden, als wolle er keine Fragen zu seiner Tochter beantworten. Dass er sie so beschützte, machte Jeanne auf eine Weise neidisch, deren sie sich schämte.
    Wie konnte sie eifersüchtig auf ein Kind sein? Oder war es vielleicht mehr als das? War sie eifersüchtig auf die namenlose, gesichtslose, vergötterte Frau, die Douglas’ Kind geboren hatte und dann gestorben war?
    Sie erkannte, dass sie der Fremden verübelte, obwohl schon lange tot, ihre, Jeannes, Erinnerungen an Paris zu beeinträchtigen. Von nun an wären sie untrennbar mit ihren jetzigen Zweifeln verbunden.
    Hatte Douglas sie damals wirklich geliebt, oder hatte sie es sich vielleicht nur eingebildet?
    »Erzähl mir von ihrer Mutter«, bat sie.
    Er schaute sie stirnrunzelnd an. »Warum?«
    »Hätte ich nicht nach ihr fragen sollen?«
    »Sie war ein verwöhntes und eigenwilliges Geschöpf. Herzlos und gewohnt, ihren Kopf durchzusetzen. Genügt dir das?«
    O ja – es war mehr, als sie wissen wollte. Die Frau hatte offenbar noch heute die Macht, ihn in Rage zu versetzen.
    »Und trotzdem hast du sie geliebt.«
    Als er das Tablett zum Tisch brachte, umklammerte er die Griffe so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten, und dann knallte er es buchstäblich auf die narbige Holzplatte.
    »Es tut mir leid«, sagte Jeanne in die darauffolgende Stille hinein. »Das hätte ich nicht sagen sollen.«
    »Du hast die Fähigkeit, mich bis ins Mark zu treffen, Jeanne. Aber das konntest du ja immer.« Er lächelte leicht.
    Als Jeanne die Bedeutung seiner Worte begriff, wurde ihr erst kalt und dann heiß. »Ich hatte mich schon gefragt, wann du etwas sagen würdest, Douglas.«
    »Dito.« Er setzte sich neben sie.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und das Atmen fiel ihr so schwer, als schnüre ihr jemand die Luft ab, aber sie ließ es sich nicht anmerken, schenkte ihnen beiden äußerlich völlig gelassen Tee ein. Um die Situation vollends grotesk zu machen, fehlte nur noch, dass ihr Vater zur Tür hereinkäme. Die Vorstellung reizte sie zum Lachen, doch sie unterdrückte es.
    »Ich habe immer an unseren Sommer gedacht«, sagte sie leise. »Und davon geträumt.«
    »Sogar im Kloster?«
    Sie nickte. »Dort bin ich drastisch dafür bestraft worden.«
    Douglas sah sie erschrocken an.
    »Ich habe es in einem rebellischen Moment öffentlich bekannt«, erklärte sie. »Daraufhin wurde ich zusätzlich zu den

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