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Ruhe Sanft

Ruhe Sanft

Titel: Ruhe Sanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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sich vor und schüttelte Johnny Gross-mans Hand.
    »Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment.« Arleen Grossman stand mit einiger Mühe auf, eine wohlgeformte, wenn auch mollige Frau in einem engen Abendkostüm aus schwarzer Seide. Sie sprach eine Weile leise mit ihrem Bruder, während er nickte, dann kam sie lächelnd zu Wetzon zurück. Johnny Grossman wurde von der Menge im Wohnzimmer geschluckt. Dann ging das Mädchen durchs Zimmer und verkündete: »Im Eßzimmer ist ein Büfett angerichtet.«
    »Dann lohnt es sich wohl nicht mehr, sich hinzusetzen«, meinte Arleen. »Kommen Sie, Wetzon, füllen wir unsere Teller und plaudern weiter. Ich habe ein Gefühl, daß wir dicke Freundinnen werden, wie?«
    Sie reichte Wetzon die Hand, die sie nahm und mit einem flauen Gefühl im Magen aufstand. Sie hatte nicht bemerkt, wie hungrig sie war. Arleen hielt ihre Hand fest und zog Wetzon hinter sich her. Als die Menge im Wohnzimmer sich lichtete, fiel Wetzons Blick auf die vierschrötige Gestalt von John Grossman mit Hut und Mantel, der gerade Smith’ Wohnung verließ.
    »Ich möchte alles über Sie wissen«, drängte Arleen. »Xenia hat Sie so gern, und wir mögen Xenia so sehr. Sie ist mir wie eine Tochter gewesen.« Sie hakte sich bei Wetzon unter.
    Wie seltsam, dachte Wetzon, daß Smith Arleen Grossman ihr gegenüber nie erwähnt hatte, aber vielleicht war es auch nicht seltsam. Smith war sehr besitzergreifend mit ihren Bekannten. Sie teilte nicht gern.
    »Ach, da seid ihr.« Smith steuerte auf sie zu. »Wie ich sehe, habt ihr euch bekannt gemacht.«
    Sie betrachtete ihre verhakten Arme mit einem Anflug von Unmut. »Ich hatte vergessen, wie schnell du arbeitest, Wetzon.«
    »Meine liebe Xenia.« Arleen Grossman lächelte wohlwollend zu Smith hoch. »Ich freue mich so sehr, daß uns die Umstände zusammengebracht haben. Uns hätte nichts Besseres passieren können.«
    Ihre Stimme und ihre Worte schienen besänftigend auf Smith zu wirken, die, wie Wetzon staunend beobachtete, beinahe zu schnurren begann. Smith nahm Arleens Hand und hob sie an ihre Wange. »Arleen, Sie sind ein solcher Schatz«, sagte Smith strahlend. »Ihre Freundschaft ist eine Ehre.«
    »Mama«, mischte sich Mark ein und brach den Bann. »Willst du nicht, daß sie auch die Hähnchen auftragen?«
    »Was?« Smith sah bestürzt aus.
    »Ach so, ja, Schatz, komm, wir sagen es ihnen zusammen.«
    »Was für eine wunderbare Person, auch als Mutter«, bemerkte Arleen Grossman. »Ich bewundere so sehr, was sie aus ihrem Leben gemacht hat.«
    Sie wandte sich Wetzon zu. In diesem Augenblick rutschte einer von Smith’ angetrunkenen Gästen, ein großer weißhaariger Herr in dunkelblauem Anzug, in einer Pfütze von verschütteten Drinks auf dem auf Hochglanz polierten Boden aus, verlor das Gleichgewicht und fiel Arleen und Wetzon entgegen.
    »Passen Sie auf«, rief Wetzon, aber es wäre nicht nötig gewesen, denn Arleen sprang sehr behend vor und fing den Mann tatsächlich noch auf, bevor er auf den Boden schlug, und half ihm wieder auf die Beine. Es geschah alles in Sekunden, und niemand schien sich groß Gedanken darüber zu machen, außer Wetzon, die die mütterliche Frau neben sich mit einem gewissen Respekt betrachtete.
    »Also dann«, sagte Arleen Grossman und rieb die Hände. »Beladen wir unsere Teller und reden wir.«

Sie wäre vielleicht nie nach Hause gekommen, wenn Arleen Grossman nicht darauf bestanden hätte, sie in der schneebedeckten Limousine der Grossmans zu fahren. Arleen hatte Wetzon das Verspxechen abgerungen, sie am Montag anzurufen, um ein Abendessen zu verabreden. Wetzon wollte nicht, weil sie Smith’ Reaktion fürchtete, aber Arleen hatte nicht lockergelassen.
    Sie hatten aus irgendeinem Grund keinen Chauffeur — vielleicht wegen des Wetters — , und so saß John Grossman, dessen ganzes Benehmen eine griesgrämige Stimmung verbreitete, am Steuer der Limousine. Brummen, so schien es, war sein hauptsächliches Verständigungsmittel. Ein sehr seltsamer Mann, entschied Wetzon. Völlig anders als seine Schwester. Hatte etwas Gemeines an sich. Und Gangsterhaftes.
    Die Stadt war zum Stillstand gekommen. Der Schnee War stellenweise zu Wällen verweht worden, anderswo lag er gleichmäßig hoch. Sie erinnerte sich nur an einen einzigen anderen Schneesturm, seit sie in New York lebte. Der Broadway war im Weiß versunken. Die Show War nicht weitergegangen — der Verkehr war lahmgelegt. Cut, daß dies ein Wochenende war. Man konnte sich Zeit nehmen,

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