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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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darauf hin,
    daß in der Nähe gegraben wurde, und Schlamm spritzte über ihn hinweg.
    Kurze Zeit später wurde er wieder hochgehoben und durch eine wesent-
    lich größere Öffnung getragen. Die königliche Nase kratzte über Baum-
    wurzeln, die aus der Decke ragten. Hinter ihm verrieten andere Geräu-
    sche, daß der Tunnel schnel wieder aufgefüllt wurde.
    Dann war nur noch ein von Dornbüschen bewachsener Wal zu sehen,
    in dem Kaninchen wohnten. Hier und dort kräuselten sich kleine Rauch-
    fahnen empor, aber in der dunklen, regnerischen Nacht fielen sie über-
    haupt nicht auf.

    Agnes lehnte sich an die Schloßwand, über die Regenwasser strömte,
    und schnappte nach Luft. Sie war von Oma Wetterwachs nicht nur aufge-
    fordert worden zu gehen – der Befehl hatte ihr Gehirn wie ein Eimer mit Eiswasser getroffen. Selbst Perdita hatte es ganz deutlich gespürt. Einer
    solchen Anweisung konnte man sich unmöglich widersetzen.
    Wohin war Nanny verschwunden? Agnes verspürte den dringenden
    Wunsch, in ihrer Nähe zu sein. Nanny Ogg blieb permanent in ein Es-
    wird-al es-gut-Feld gehüllt. Wenn es ihr gelungen war, die Küche zu
    durchqueren, konnte sie praktisch überal sein…
    Sie hörte, wie eine Kutsche durchs Tor rumpelte, das zu den Ställen
    führte, nicht mehr als ein Schemen in Regen und Dunkelheit, als sie ü-
    bers Kopfsteinpflaster des Hofes rollte. Neben dem Kutscher saß eine
    Gestalt, die sich einen Sack über den Kopf hielt, um einigermaßen vor
    Wind und Regen geschützt zu sein. Viel eicht war es Nanny. Eigentlich
    spielte es keine Rol e. Niemand hätte Agnes gesehen, wenn sie winkend
    durch die Pfützen gelaufen wäre.
    Sie stapfte zum Tor zurück, als die Kutsche ihre Fahrt über den Hü-
    gelhang fortsetzte und außer Sicht geriet. Nun, sie hatten versucht zu
    entkommen. Und die Kutsche einer Vampir-Familie zu stehlen… Das
    war ganz Nanny Oggs Stil…
    Jemand griff von hinten nach ihren Armen. Aus einem Reflex heraus
    versuchte Agnes mit den El enbogen zuzustoßen. Genausogut hätte sie
    versuchen können, einen Felsen beiseite zu schieben.
    »Nun, Fräulein Nitt«, sagte Vlad kühl, »wie wär’s mit einem kleinen
    Spaziergang im Regen?«
    »Sie sind dir entwischt!« schnappte Agnes.
    »Glaubst du?« erwiderte der Vampir. »Mein Vater könnte die Kutsche
    jederzeit in eine Schlucht stürzen lassen, wenn er wollte. Aber er will
    nicht. Ihm ist die direkte, persönliche Art lieber.«
    »Du meinst die direkte Zähne-im-Hals-Art«, sagte Agnes.
    »Ha, ja. Aber er gibt sich große Mühe, vernünftig zu sein. Kann ich
    dich nicht dazu überreden, eine von uns zu werden, Agnes?«
    »Ich sol leben, indem ich anderen Leuten das Leben nehme?«
    »So weit gehen wir in den meisten Fäl en nicht mehr«, meinte Vlad und
    zog sie mit sich. »Und wenn es doch einmal geschieht… Nun, wir achten
    darauf, nur solche Leute zu töten, die den Tod verdienen.«
    »Oh, ja, und daran gibt es natürlich nichts auszusetzen«, entgegnete
    Agnes. »Was das angeht, treffen Vampire bestimmt immer die richtige
    Entscheidung.«
    »Ich muß zugeben, daß meine Schwester manchmal ein wenig… rigo-
    ros ist.«
    »Ich habe die Menschen gesehen, die ihr mitgebracht habt! Sie sind wie
    Vieh!«
    »Ach, sie. Die Bediensteten. Im großen und ganzen unterscheidet sich ihr derzeitiges Leben kaum von dem, das sie ohnehin geführt hätten.
    Eigentlich ist es sogar besser. Sie bekommen zu essen, haben eine Un-
    terkunft…«
    »… werden gemolken…«
    »Ist das so schlimm?«
    Agnes versuchte, sich aus dem Griff zu lösen. Hier gab es keine
    Schloßmauer mehr – da war auch gar keine nötig. Die Lancre-Schlucht
    bot genug Schutz, und Vlad führte sie direkt zu ihrem Rand.
    »Was für eine dumme Frage!« kommentierte Agnes.
    »Glaubst du? Du bist herumgekommen, wie ich hörte«, sagte Vlad,
    während sich Agnes vergeblich hin und her wand. »Du sol test also wis-
    sen, daß viele Leute ein kleines Leben führen, immer unter der strengen Herrschaft eines Königs oder Regenten, der nicht zögern würde, sie aufs
    Schlachtfeld zu schicken oder sie zu vertreiben, wenn sie nichts mehr
    nützen.«
    Aber sie können fliehen, sagte Perdita.
    »Aber sie können fliehen!«
    »Wirklich? Zu Fuß? Mit der ganzen Familie? Und ohne Geld? Kaum
    jemand versucht es. Die meisten Menschen finden sich früher oder später mit den Dingen ab, Agnes.«
    »Das ist die blödsinnigste, zynischste und…«
    Die Wirklichkeit am besten widerspiegelnde, ergänzte

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