Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Mein Fräulein,
Ich will zehn andre Bilder Euch statt dessen –
Kunigunde (unterbricht ihn).
Dies brauch ich, dies; sonst keins! – Was es mir gilt,
Ist hier der Ort jetzt nicht, Euch zu erklären. –
Geh, Mädchen geh, schaff Bild mir und Futtral:
Mit einem Diamanten lohn ichs dir!
Der Graf vom Strahl.
Wohlan, so schaffs! Es ist der Törin recht!
Was hatte sie an diesem Ort zu suchen?
Käthchen.
Das Zimmer – rechts?
Kunigunde. Links, Liebchen; eine Treppe,
Dort, wo der Altan, schau, den Eingang ziert!
Käthchen.
Im Mittelzimmer?
Kunigunde. In dem Mittelzimmer!
Du fehlst nicht, lauf; denn die Gefahr ist dringend!
Käthchen.
Auf! Auf! Mit Gott! Mit Gott! Ich bring es Euch! (Ab.)
Dreizehnter Auftritt
Die Vorigen, ohne Käthchen.
Der Graf vom Strahl.
Ihr Leut, hier ist ein Beutel Gold für den,
Der in das Haus ihr folgt!
Kunigunde. Warum? Weshalb?
Der Graf vom Strahl.
Veit Schmidt! Hans, du! Karl Böttiger! Fritz Töpfer!
Ist niemand unter euch?
Kunigunde. Was fällt Euch ein?
Der Graf vom Strahl.
Mein Fräulein, in der Tat, ich muß gestehn –
Kunigunde.
Welch ein besondrer Eifer glüht Euch an? –
Was ist dies für ein Kind?
Der Graf vom Strahl. – Es ist die Jungfrau,
Die heut mit so viel Eifer uns gedient.
Kunigunde.
Bei Gott, und wenns des Kaisers Tochter wäre!
- Was fürchtet Ihr? Das Haus, wenn es gleich brennt,
Steht, wie ein Fels, auf dem Gebälke noch;
Sie wird, auf diesem Gang, nicht gleich verderben.
Die Treppe war noch unberührt vom Strahl;
Rauch ist das einzge Übel, das sie findet.
Käthchen (erscheint in einem brennenden Fenster)
Mein Fräulein! He! Hilf Gott! Der Rauch erstickt mich!
- Es ist der rechte Schlüssel nicht.
Der Graf vom Strahl (zu Kunigunden).
Tod und Teufel!
Warum regiert Ihr Eure Hand nicht besser?
Kunigunde.
Der rechte Schlüssel nicht?
Käthchen (mit schwacher Stimme). Hilf Gott! Hilf Gott!
Der Graf vom Strahl.
Komm herab, mein Kind!
Kunigunde. Laßt, laßt!
Der Graf vom Strahl. Komm herab, sag ich!
Was sollst du ohne Schlüssel dort? Komm herab!
Kunigunde.
Laßt einen Augenblick –!
Der Graf vom Strahl. Wie? Was, zum Teufel!
Kunigunde.
Der Schlüssel, liebes Herzens-Töchterchen,
Hängt, jetzt erinnr’ ich michs, am Stift des Spiegels,
Der überm Putztisch glänzend eingefugt!
Käthchen.
Am Spiegelstift?
Der Graf vom Strahl. Beim Gott der Welt! Ich wollte,
Er hätte nie gelebt, der mich gezeichnet,
Und er, der mich gemacht hat, obenein!
- So such!
Kunigunde. Mein Augenlicht! Am Putztisch, hörst du?
Käthchen (indem sie das Fenster verläßt).
Wo ist der Putztisch? Voller Rauch ist alles.
Der Graf vom Strahl.
Such!
Kunigunde. An der Wand rechts.
Käthchen (unsichtbar). Rechts?
Der Graf vom Strahl. Such, sag ich!
Käthchen (schwach). Hilf Gott! Hilf Gott! Hilf Gott!
Der Graf vom Strahl. Ich sage, such! –
Verflucht die hündische Dienstfertigkeit!
Flammberg.
Wenn sie nicht eilt: das Haus stürzt gleich zusammen!
Der Graf vom Strahl.
Schafft eine Leiter her!
Kunigunde. Wie, mein Geliebter?
Der Graf vom Strahl.
Schafft eine Leiter her! Ich will hinauf.
Kunigunde.
Mein teurer Freund! Ihr selber wollt –?
Der Graf vom Strahl. Ich bitte!
Räumt mir den Platz! Ich will das Bild Euch schaffen
Kunigunde.
Harrt einen Augenblick noch, ich beschwör Euch.
Sie bringt es gleich herab.
Der Graf vom Strahl. Ich sage, laßt mich! –
Putztisch und Spiegel ist, und Nagelstift,
Ihr unbekannt, mir nicht; ich finds heraus,
Das Bild von Kreid und Öl auf Leinewand,
Und brings Euch her, nach Eures Herzens Wunsch.
(Vier Knechte bringen eine Feuerleiter.)
- Hier! Legt die Leiter an!
Erster Knecht (vorn, indem er sich umsieht). Holla! Da hinten!
Ein anderer (zum Grafen).
Wo?
Der Graf vom Strahl. Wo das Fenster offen ist.
Die Knechte (heben die Leiter auf). Oha!
Der erste (vorn).
Blitz! Bleibt zurück, ihr hinten da! Was macht ihr?
Die Leiter ist zu lang!
Die anderen (hinten). Das Fenster ein!
Das Kreuz des Fensters eingestoßen! So!
Flammberg (der mit geholfen).
Jetzt steht die Leiter fest und rührt sich nicht!
Der Graf vom Strahl (wirft sein Schwert weg).
- Wohlan denn!
Kunigunde.
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