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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Größe noch lebendig sind, erschließen sie auch ihm ihren Zauber. In den Harsdörfferschen Park verlegt er die Hochstunden seiner Handlung, und die Frühlingsfeier auf der Insel Schütt ist die bedeutendste und schönste Partie des Buches.
    Der Schwerpunkt liegt aber durchaus auf den »Fata«, wie er die biographische Einkleidung bezeichnet, und nicht auf den »Werken«, wie die eingestreuten Satiren benannt sind. Nicht nur äußerlich betritt er mit den angeführten Personen den Boden seiner bisherigen Dichtung. Auch die Stimmung, die über vielen Partien des Buches liegt, ist die sehnsüchtig schwermütige seiner Romane und Idyllen. Rührend tritt die Figur des armen Fräuleins von Baraillon hervor, die er vor den Zudringlichkeiten eines Gecken, nach dem Muster der Rosa von Meyern aus dem »Siebenkäs«, rettet. An den »Siebenkäs« erinnert auch die Verknüpfung der fränkischen Gegend mit den Personen des Romans. So gegenwärtig stand ihm die vor kurzem verlassene Landschaft seiner Jugendjahre vor Augen, daß er von einer nicht niederzukämpfenden Sehnsucht nach den alten Stätten ergriffen wurde. An seinem fünfunddreißigsten Geburtstag beendete er die Arbeit an den »Palingenesieen«. Schon Anfang April 1798 eilte er nach Hof, um dort vierzehn Tage bei Otto zu verbringen. Noch einmal mußte er sich schwer von der Vaterstadt losreißen, um nun allerdings lange nicht mehr wieder dorthin zurückzukehren.
    Nur wenige Wochen nach der Hofer Reise blieb er in Leipzig. Während der Messe wurde er derart von lästigen Besuchern in Anspruch genommen, »als ständ er außer dem Tore mäße entweder zwei Schuhe oder acht«. Es kann ihm nur lieb gewesen sein, daß Emilie von Berlepsch ihn drängte, die ins Auge gefaßte Reise nach Dresden in der Pfingstwoche anzutreten.
    Auch hier sollte sich zeigen, daß Jean Paul in seiner Welt zu feste Wurzeln geschlagen hatte, als daß neue und starke Eindrücke ihn noch zu ändern vermochten. Unter dem bunten Wechsel der Erscheinungen auf der Oberfläche hielt ihn während dieser ganzen Jahre die Welt des »Titan« gebannt. Hunderte von Menschen gingen an seinen Augen vorüber, ohne daß sie ihm ein wesentliches Erlebnis zu schenken vermocht hätten. Der Plauensche Grund, Tharand, keine der landschaftlichen Perlen in der Umgegend Dresdens machte besonderen Eindruck auf ihn. Am ehesten noch das unscheinbare Seifersdorfer Tal, weil es ihn am meisten an die Landschaft seiner Heimat erinnerte, die ihm nun für immer mit den Gestalten seiner Werke bevölkert war und von der er innerlich nicht mehr loskommen konnte. Und genau so ergebnislos war sein Besuch der berühmten Dresdener Galerie. Wie eine neue Welt, schrieb er an Otto, drängte sich der Saal mit den Abgüssen der Antike in ihn und suchte die alte, gewohnte Welt zu erdrücken. »So oft ich künftig über große oder schöne Gegenstände schreibe, werden diese Götter vor mich treten und mir die Gesetze der Schönheit geben. Jetzt kenne ich die Griechen und vergesse sie nie mehr.« Der Unterschied »zwischen der Schönheit eines Menschen und der Schönheit eines Gottes« war ihm an diesen Abgüssen offenbar geworden. Aber er wurzelte mit seinen Empfindungen zu stark auf der Erde, und die Schönheit des Menschen mußte ihm doch über die Schönheit eines Gottes gehen. Der augenblickliche Eindruck war stark, aber er überwältigte ihn nicht. Die alte gewohnte Welt blieb ihm lebendiger und näher. Unter den Göttergestalten sah er den Faun. »Leider hat sogar der gemilderte Faun Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit.« Der Faun bleibt ihm als Bestandteil auch der griechischen Götterwelt im Gedächtnis haften. Die »affektlosen schönen« Formen sinken zurück vor der Wirklichkeit, die auch hier noch waltet.
    »Ich habe die fürstliche heilige Familie nebst dem plattgedrückten Hoftroß in der katholischen Kirche an der Himmelfahrtstagfeier gesehen, wo zugleich das Kind einer Prinzessin hineingetragen wurde, das die Trompeten taub bliesen gegen künftige Bitten; ich habe dabei meine demokratischen Zähne zerknirscht, am meisten über das gekrümmte Schwarzenvolk in Dresden, das nicht schön, nicht edel, nicht lesbegierig, nicht kunstbegierig ist, sondern nur höflich.« Dennoch trat er auch hier gerade mit dem Adel in nähere Beziehungen. Der Geheime Rat von Broizem, der Minister von Wurm, Herr von Einsiedel aus Weimar, ein Freiherr von Manteuffel, der spätere preußische Präsident, luden ihn zu Tisch. Bei Manteuffel traf er mit

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