Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
Betten. Er ist nicht hier. Der Rauch wird dichter, meine Augen tränen. Ich krieche über den Flur und stoße mir an einer Wand den Kopf. Ich taste mich an der Fußleiste entlang bis zum Badezimmer.
Dort finde ich das Waschbecken, drehe den Wasserhahn auf und wasche mir die Augen aus. Ich schaffe es, das Fenster ein paar Zentimeter aufzustoßen, halte den Kopf in die Lücke und sauge frische Luft ein. Als ich mich umdrehe, fällt mir ein dunkler Umriss zu meiner Rechten auf. Augie sitzt in der Badewanne, die Arme um die Knie geschlungen.
Ich packe seinen Arm und brülle. »Wir müssen hier raus.«
Er sieht mich an. Tränen strömen über seine Wangen.
»Komm mit mir.«
Er stößt meine Hand weg.
»Du kannst nicht hierbleiben. Wir müssen gehen.«
»Ich kann nicht«, sagt er und zeigt auf seine Fußfessel. »Der Richter hat gesagt, ich darf das Haus nicht verlassen.«
»Aber das ist etwas anderes. In so einem Fall darfst du es.«
»Draußen bringen sie mich um.«
Von unten hört man das Zischen der Flammen, die sich an der Decke des Eingangsflurs ausbreiten. Holz fängt knackend Feuer. Das Fenster lässt sich nicht weit genug öffnen, um herauszuklettern. Ich kann Augie nicht tragen, und er weigert sich, mit mir zu kommen. Er hat zu viel Angst.
Ich kann ihn nicht hierlassen, und ich kann nicht bleiben.
Ich drehe den Wasserhahn auf, befeuchte ein Handtuch und breite es über seinen Kopf.
»Bleib hier, ich hol Hilfe.«
Er antwortet nicht.
Ich mache ein zweites Handtuch nass und lege es über meinen eigenen Kopf. Auf allen vieren erreiche ich den Treppenabsatz. Den Kopf voran rutsche ich die Stufen hinunter, verliere den Halt, lande auf meiner Schulter und rolle weiter. Die brennende Deckenverkleidung wellt sich und tropft herunter.
Ich atme mehr Rauch als Sauerstoff ein. Blind versuche ich die Küche zu erreichen, doch alles hat sich verlangsamt. Ich stoße mir dauernd den Kopf an der Wand. Ich kann die Tür nicht finden. Es ist dunkel. Giftig. Heiß.
Ich rolle mich auf dem Boden zusammen und presse die Lippen auf den Teppich. Wenn ich nur einmal tief einatmen könnte, schaffe ich es vielleicht weiterzukriechen. Ich spüre die Hitze auf der Rückseite meiner Beine.
Holz splittert, und der Luftdruck verändert sich. Das Feuer nährt sich von dem frischen Sauerstoff und bricht durch die Tür des Wohnzimmers. Kräftige Hände packen mich, ziehen mich hoch und schleppen mich durch den Flur. Ich versuche einen Schritt zu machen, doch ich kann mein eigenes Körpergewicht nicht tragen.
Meine Beine stolpern die Stufen hinunter, dann spüre ich weichen Boden unter meinen Füßen. Frische Luft. Ich werde durch den Garten geschleift und auf den Rücken gedreht. Ich huste, sauge Luft in meine Lunge. Ich kann die Augen nicht öffnen, doch ich erkenne Ruiz’ Stimme.
»Ist noch jemand drinnen?«
Ich nicke, bringe jedoch kein Wort heraus. Eine andere Stimme stellt mir eine andere Frage. Grievous. Ich zeige nach oben. Jedes Fenster im ersten Stock steht in Flammen. Feuerwehrmänner ziehen Schläuche durch das Tor. »Es ist noch jemand drinnen. Im ersten Stock«, ruft der Detective Constable ihnen zu.
Der Feuerwehrmann nickt und spricht in sein Funkgerät. Flammen quellen aus den Fenstern und lodern bis zum Dachgesims. Ruiz hilft mir auf. Ich strecke die Hand zu Grievous aus und will ihm danken, doch er ist schon weg, gibt Befehle, gewinnt an Statur.
Ruiz führt mich die Straße hinunter, vorbei an Feuerwehrautos und Polizeiwagen. Ich kann keinen Rauch sehen, doch ein orangefarbener Glanz lässt die Umrisse der Dächer deutlicher hervortreten, und auf der heißen Luft schweben Funken wie aufgeblähte Glühwürmchen.
Die Menge ist verstummt. Keiner wirft mehr Gegenstände. Die Leute stehen wie Kinder um ein Lagerfeuer und starren auf das brennende Haus. Ihre Wangen leuchten, Lichter tanzen in ihren Augen, und ihre Energie verpufft.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lungert eine Gruppe junger Männer herum und trinkt Bier aus Dosen. Zwei von ihnen erkenne ich: Toby Kroger und Craig Gould. Kroger sieht mich und hebt grinsend seine Dose. Ein weiterer Schaulustiger ist Nelson Stokes. Er starrt auf das Feuer, als hätte er etwas Imposanteres erwartet, als hätte es sich eigentlich nicht gelohnt hierherzukommen.
Ruiz ist immer noch neben mir.
»Woher wusstest du es?«, frage ich.
»Ich hab deine Nachricht gehört. Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Deine Freundin hat mir erzählt, dass du noch im
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