Saga von Dray Prescot 31 - Pandahem-Zyklus 05 - Die Masken von Scorpio
Eisentüren knallten hohl zu, dröhnten in unseren betäubten Gehirnen. Bei Krun! Wir hatten uns wie gehirnlose Milbys fangen lassen. Was waren wir doch für tolle kregische Paktuns!
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»Also«, sagte ich und hoffte, daß mein Tonfall einigermaßen vernünftig klang, »eigentlich kann man den Leuten keinen Vorwurf machen. Morgen früh lernen wir die hiesigen Würdenträger kennen und erklären alles. Dann können wir ins Landesinnere weiterziehen.«
»Du bist ein Fambly, Jak!« schäumte Pompino. Er marschierte in der Steinzelle auf und ab, und die Liegenden zogen die Beine an, damit er ihnen nicht auf die Füße trat. »Onker! Wir hätten mit gezogenen Schwertern in die Stadt eindringen müssen!«
»Hätten wir das getan«, sagte Dayra mit der gewohnten Sachlichkeit, »wären wir jetzt alle tot.«
In solchen Situationen zeigten die Menschen ihre eigenen seltsamen Charakterzüge. Murkizon war unbedingt dafür, dem erstbesten Wächter eins über den Kopf zu geben und auszubrechen. Natürlich hatte man uns die Waffen genommen, doch war uns klar, daß wir sie – oder andere – im nächsten Wachzimmer finden würden.
Rondas der Kühne, dessen geierhafte Züge grimmig wirkten, unterstützte Murkizons Vorschlag. Auch Nath Kemchung war durchaus gewillt, Hiebe auszuteilen, um die Freiheit zu erringen.
Quendur der Reißer und Lisa die Empoin schlugen sich überraschenderweise auf meine Seite und rieten zur Vorsicht. Auch sie gingen davon aus, daß der begangene Irrtum sich in einem zivilisierten Land schnell aufklären würde.
»Irrtum!« rief Larghos der Pfeil und preßte Dame Nalfi an sich. »Irrtum! Der einzige Fehler, den wir gemacht haben, besteht darin, daß wir Pompinos und Käpt'n Murkizons Vorschläge nicht befolgten.«
Die Möglichkeit, daß wir uns streiten würden, kam mir ganz natürlich vor. Aber weiterhelfen konnte uns das nicht.
Dayra hatte Überraschung bekundet, daß Dame Nalfi sich dazu entschlossen hatte, uns zu begleiten. Sie war bei uns und hockte eingesperrt hinter feuchten Steinmauern und schweren Gittern.
Die anderen Angehörigen unserer Gruppe äußerten ihre Ansichten. Naghan und seine Wächter waren für den Kampf. Ich begab mich in eine entlegene Ecke zu Dayra, setzte mich und kam zu dem Schluß, daß es keinen Sinn hatte, sich über hypothetische Unternehmungen zu streiten. Am nächsten Morgen würden wir mehr wissen.
»Dann«, sagte Dayra, die ich Ros Delphor nennen mußte, »dann ziehen wir los und machen sie nieder.« Sie sprach mit Nachdruck. Man hatte ihr den Lederbeutel weggenommen, in dem sie ihre Klaue beförderte. Offensichtlich machte sie sich um die Waffe wenig Sorgen.
»Aye«, sagte ich, »wenn die Leute sich nicht einsichtig zeigen.«
Sie lachte. Ja, meine Tochter Dayra hockte in dem übelriechenden Verlies und lachte.
»Seit wann nimmst du Rücksicht auf Vernunftgründe, wenn es darum geht zu tun, was du willst?«
»Du wärst überrascht.«
»Das möchte ich bezweifeln.«
Wir mischten uns nicht in die allgemeine hitzige Diskussion, die auf kregische Art lange dauern würde und für die Beteiligten sehr interessant zu werden versprach. Eine Fackel verbreitete ein zuckendes schimmelgrünes Licht.
Nach einer Weile sagte Dayra: »Du warst immer nur fort, sagte Mutter, immer irgendwo unterwegs.«
»Das stimmt.«
Sie legte den Kopf schief und musterte mich von der Seite.
»Ich muß zugeben, es hat mich überrascht, dich hier in Pandahem zu sehen. Sehr überrascht. Ich dachte, du seist in Vallia und würdest dich um das Reich kümmern.«
»Das erledigt dein Bruder Drak.«
»Das behauptest du. Ich muß wohl annehmen ...« Sie suchte sich eine bequemere Stellung an der Wand. »Ich darf wohl annehmen, daß deine häufige Abwesenheit genau den Angelegenheiten diente, die wir gerade tun.«
»Ja.«
»Ich kenne Geschichten über einen Teufel in rotem Lendenschurz, der mit einem großen Schwert umherspringt ...«
»Das sind nur Geschichten.«
»Die Leute schauen nervös über die Schulter, wenn sie diese Geschichten erzählen.«
»Außerdem ist der Lendenschurz scharlachrot.«
»Ach?«
Wieder schwiegen wir und hingen Gedanken nach, die der andere vermutlich nur erraten konnte. Wasser tropfte in die ungemütliche Zelle, kleine Ungeheuer huschten über den Boden. Zu essen und zu trinken gab es nichts. Uns knurrte der Magen, die Kehle war rauh – das können Sie mir glauben. Aber die Zeit verging, und wir fielen immer wieder in einen unruhigen
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