Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
zu entgehen. Danach wollte Munárriz auf keinen Fall länger im Baskenland bleiben und hatte seine Versetzung nach Barcelona beantragt.
Da er jetzt nicht erneut um eine Versetzung einkommen wollte, suchte er seinen Vorgesetzten mit der Absicht auf, ihn um einen längeren unbezahlten Urlaub zu bitten. Zwar reagierte dieser aufgebracht, weil Munárriz ihn nicht früher informiert hatte, so dass es nicht einfach sein würde, für Ersatz zu sorgen, doch gelang es ihm, diesen mit der Erklärung zu beruhigen, er selbst werde seinen Vertreter in die laufende Operation gegen eine Bande von Drogenhändlern und eine Aktion zur Überwachung einer Gruppe von Nigerianern einarbeiten, die Kreditkarten und Reiseschecks fälschten. Im Übrigen hatte er bereits alles Erforderliche in die Wege geleitet, damit die Telefone der Verdächtigen abgehört werden konnten. Als der Vorgesetzte merkte, dass alles bestens vorbereitet war, erklärte er sich einverstanden. Immerhin hatte Munárriz wochenlang hart gearbeitet und durfte daher mit Fug und Recht erwarten, dass man ihn für eine Weile gehen ließ, zumal er noch eine ganze Anzahl von Urlaubstagen gut hatte. Ganz davon abgesehen war Munárriz einer seiner besten Leute, und so konnte sein Vorgesetzter ihm den Gefallen kaum verweigern.
3
D as Gebäude von La Vanguardia in der Calle Pelai strömte die Atmosphäre eines uralten Pressehauses aus. Munárriz trat in den Vorraum und sagte zu dem Pförtner, dass er mit der Redakteurin Mabel Santamaría sprechen wolle. Der Mann forderte ihn auf, in einem Nebenraum zu warten.
»Nanu, was willst du denn hier?«, rief Mabel überrascht aus, unübersehbar glücklich, ihn zu sehen.
»Mein Urlaub ist genehmigt.«
»Wunderbar«, sagte sie begeistert. »Dann will ich gleich mal nachsehen, wann wir aufbrechen können.«
Er nahm sie am Arm und führte sie beiseite, denn gerade war eine Schulklasse eingetreten, der man zeigen wollte, wie eine Tageszeitung entsteht.
»Aus der Reise nach Elanchove wird vorerst nichts«, sagte Munárriz mit Betonung. »Ich habe beschlossen, stattdessen auf eigene Faust im Fall Begoña Ayllón zu ermitteln.«
»Ich hab mir gleich gedacht, dass du dir das nicht entgehen lassen würdest«, sagte Mabel mit einem Lächeln, »Du bist nun mal mit Leib und Seele Polizist.«
»Schon …« In seiner Stimme lag keine große Zuversicht. Dann fragte er: »Könntest du versuchen, für mich dies und jenes rauszubekommen?«
»Was immer du willst.«
»Euer Herausgeber, Rafael Vilaró, ist doch mit der Familie Ayllón befreundet, nicht wahr?«
»Sogar sehr eng«, bestätigte Mabel. »Carlos Ayllón und seine Frau wohnen seit einigen Tagen als Gäste bei ihm.«
»Dann sieh doch bitte mal zu, ob du über ihn feststellen kannst, mit wem Begoña befreundet war, ob sie regelmäßig mit jemandem ausgegangen ist«, bat er sie, »ob sie Feinde hatte, wo sie gewohnt hat … Ich muss sie so gut kennenlernen, als wäre sie meine Schwester. Aber alles ganz unauffällig. Ich möchte kein unzeitiges Aufsehen erregen.«
»Sei unbesorgt.«
Munárriz schloss auf und öffnete die Tür mit einem Ruck. Er riss Mabel an sich und ging mit ihr zum Bett. Sie tändelten eine Weile herum, während sie sich gegenseitig entkleideten. Dann schliefen sie miteinander, wie jeden Abend seit ihrer Versöhnung, um die verlorene Zeit ebenso aufzuholen wie die Liebkosungen, zu denen es zwischen ihnen so lange nicht gekommen war.
Nach einer Weile rollte sich Mabel seufzend beiseite und bat ihn, ihre Handtasche zu holen.
Er brachte sie ihr mit den Worten: »Hast du mir etwa ein Geschenk mitgebracht?«
»Was viel Besseres«, sagte sie und holte einen Schlüsselbund daraus hervor.
»Sind die für den Geldschrank?«, lachte er und legte sich erneut auf sie, um keinen Zweifel an seinen Absichten zu lassen.
»Nein. Es sind die Schlüssel zu Begoña Ayllóns Wohnung.«
»Wie hast du das geschafft?«
»Carlos Ayllón hat Rafael Vilaró gebeten, ihre Sachen zu holen und dafür zu sorgen, dass sie nach El Puerto de Santa María geschickt werden. Ich war gerade in seinem Büro, als Carlos Ayllón hereinkam und ihm die Schlüssel gab, ein zweiter Satz, den Begoña ihren Eltern ›für alle Fälle‹ überlassen hatte. Als Vilaró weg musste, hab ich sie an mich genommen, um sie rasch kopieren zu lassen, und dann zurückgelegt.«
»Gut gemacht«, lobte er sie begeistert. »Und was hast du in Erfahrung gebracht?« Er setzte sich auf und hörte ihr aufmerksam zu.
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