Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
herauszusuchen. Er wartete mit dem Hörer am Ohr und wiederholte nach wenigen Minuten die Nummer, die man ihm gesagt hatte. Mit bestätigendem Nicken legte er auf. Er stellte Munárriz einige nichtssagende Fragen, um die Wartezeit zu füllen, und nach einer Weile tauchte ein Bote auf und brachte die Akte.
»Die Dame ist im Besitz einer bis Oktober 2010 gültigen Lesekarte der Klasse zwei«, teilte ihm der Leiter der Sicherheitsabteilung mit. »Sie trägt die Nummer 115206.«
»Lässt sich feststellen, wann sie jeweils hier war?«, fragte Munárriz.
Erkennbar unwillig führte der Mann ein zweites Telefongespräch, las den Namen und die Nummer der Lesekarte vor und wartete. Nach einer Weile dankte er für die erhaltene Auskunft und legte mit befriedigtem Lächeln auf. In seinem Zuständigkeitsbereich wurde alles genauestens verzeichnet. Niemand kam einfach so in die Nationalbibliothek hinein. Seine Leute leisteten erstklassige Arbeit.
»Zuletzt war sie am Donnerstag und Freitag der vorigen Woche hier …«
»An beiden Tagen?«, unterbrach ihn Munárriz.
»Ja«, sagte der Mann mit Entschiedenheit. »Sie hat ihre Lesekarte an diesen beiden Tagen vorgelegt.«
Munárriz überdachte die Tragweite dieser Aussage. Offenbar war die Restauratorin am Mittwoch von Soria nach Madrid gefahren und hatte sich am Donnerstag und Freitag in der Nationalbibliothek aufgehalten. Dann war sie vermutlich am Samstag nach Barcelona zurückgekehrt. Was den zeitlichen Ablauf der vergangenen Woche anging, gab es keine Fragezeichen mehr – er wusste, wo sie sich an jedem der Tage aufgehalten hatte.
»Was hat sie hier getan?«, erkundigte er sich.
»Bücher gelesen«, gab der Mann in spöttischem Ton zurück.
Ohne eine Miene zu verziehen, setzte Munárriz nach: »Ich wüsste aber gern, was für Bücher das waren.«
Der Mann strich sich über die Haare, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schnaubte verdrießlich. Auch wenn es zu seinen Aufgaben gehörte, die Polizei bei ihrer Arbeit zu unterstützen, konnte er auf keinen Fall noch mehr Zeit mit einer so unerheblichen Sache vergeuden, die mit der inneren Sicherheit der Bibliothek augenscheinlich nicht das Geringste zu tun hatte. Da ihm Komplikationen zuwider waren, richtete er sich hinter seinem Schreibtisch auf und sagte, um sich die Sache vom Halse zu schaffen: »Da reden Sie am besten mit jemandem von der Bibliothek. Tut mir leid, Ihnen nicht selbst weiterhelfen zu können, aber ich habe wie gesagt viel zu tun.«
»Dafür habe ich Verständnis«, sagte Munárriz. »Mir geht es ebenso.«
Der Mann nahm ein kleines Funksprechgerät zur Hand, das neben dem Telefon auf seinem Tisch lag, und forderte einen seiner Wachmänner auf, sofort in sein Büro zu kommen, um einen Besucher zum Lesesaal zu führen. Während er mit abgehackten Worten einen Anrufer abfertigte, verabschiedete er Munárriz mit herrischer Gebärde. Der Wachmann trat ein und brachte ihn zum Lesesaal, an dessen Wänden zwei alte Uhren mit römischen Ziffern hingen, stellte ihn einem der Bibliothekare vor und verschwand wieder.
»Sie sind von der Polizei?«, erkundigte sich der Mann in zweifelndem Ton.
»Ja, Inspektor Munárriz von der Kriminalpolizei.«
»Andrés Blasco, sehr erfreut.« Er hielt ihm die Hand hin. »Ist hier bei uns etwas gestohlen worden?«
»Nein. Es geht um eine vertrauliche Ermittlung«, teilte ihm Munárriz mit, um weiteren Fragen vorzubeugen.
»Vor Jahren«, erläuterte Blasco, wohl um seine Neugier zu rechtfertigen, »haben Mitarbeiter unserer Institution eine ganze Reihe äußerst wertvoller Inkunabeln entwendet und an Antiquariatsbuchhändler verkauft. Zum Glück haben ihnen Ihre Kollegen von der Guardia Civil bald das Handwerk gelegt und einen Teil der Bücher wiederaufgefunden.«
»Ich möchte lediglich feststellen, welche Bücher eine bestimmte Person hier eingesehen hat«, beruhigte er ihn.
»Nichts einfacher als das!«, sagte Blasco mit einem Lächeln. »Können Sie mir die Nummer der Lesekarte und die Tage nennen, an denen die betreffende Person hier war?«
»Einhundertfünfzehntausendzweihundertsechs. Am Donnerstag und Freitag der vergangenen Woche.«
Der Mann bat eine Frau von der Lesesaalaufsicht, deren Aufgabe es war, die Lesekarten zu kontrollieren und den Benutzern einen Platz im Lesesaal zuzuweisen, um die Unterlagen für die beiden genannten Tage und ging sie langsam durch. Die Nummer der Lesekarte, die ihm Munárriz genannt hatte, tauchte nicht darin auf. Um sicher zu
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