Sahnehäubchen: Roman
noch eine weitere Sache möchte ich Ihnen an diesem schönen Abend verraten, die Sie sicherlich freuen wird.« Er macht eine bedeutungsvolle Pause. »Es gibt einen zweiten Teil von Ich kann sie alle haben. Ich habe ihn schon fast fertiggeschrieben. Ich freue mich also, im nächsten Jahr wieder eine erfolgreiche Lesereise mit Unterstützung unserer tollen Agentur Maximal-PR und der noch tolleren Projektleiterin Nina Seefeld absolvieren zu können.«
Seine Lektorin lässt ein begeistertes »Ohhh!« hören, Salchow stehen bereits die Dollarzeichen in den Augen, und selbst Weidner sieht so aus, als hätte er das Messer wieder weggesteckt. Das ist für ihn natürlich eine ausgesprochen gute Nachricht, ich möchte nicht wissen, was der Verlag schon an Dwaines erstem Buch verdient hat. Auch Susanne ist wieder deutlich entspannter: »Darauf sollten wir trinken – und natürlich geht die nächste Flasche Champagner auf mich!«
Ich beschließe, es für heute gut sein zu lassen, und bestelle mir nun einen Espresso.
24. Kapitel
M öglicherweise liegt es an dem vielen Champagner, den ich heute schon getrunken habe, oder daran, dass es nach dem offiziellen Teil des Abends einfach herrlich ist, allein mit Nils im 439 zu sitzen und auf den ganzen Schampus noch einen schönen Gin Tonic zu schütten. Auf alle Fälle bin ich blendend gelaunt – und bereit, mein Projekt Stunde der Wahrheit auch bei Nils fortzusetzen.
»Hand aufs Herz: Fred Frauenversteher, das bist doch du, oder?« Ich lasse Nils, der nun sein Glas auf den Tresen stellt, keine Sekunde aus den Augen.
»Leugnen hat wohl keinen Sinn, oder?«
»Nee.« Ich schüttle den Kopf. »Aber ich habe auch nicht das Gefühl, dass es dir wichtig war, nicht von mir enttarnt zu werden: Gerade dein letzter Beitrag war doch zu offensichtlich. Alles, was eine kränkelnde Frau braucht: Taschentücher und Gala . «
»Okay, du hast recht. Und ja – ich wollte, dass du es merkst, denn ich hatte dieses … dieses Versteckspiel satt.« Er greift nach seinem Glas und nimmt noch einen großen Schluck. »Bist du jetzt böse?«, will er dann wissen.
»Nein, eigentlich nicht. Ich verstehe es bloß nicht. Warum hast du überhaupt damit angefangen? Das ist doch völlig schizophren.«
»Ja, das ist es wahrscheinlich.« Er schweigt einen Moment. »Aber nach ein paar Veranstaltungen als Dwaine F. Bosworth stand ich vor der Wahl, entweder jeden Abend drei Flaschen Weißwein zu trinken oder mir ein anderes Ventil zu suchen. Ich habe mich im Sinne meiner Leber entschieden.« Es mag an dem ganzen Alkohol liegen, den ich schon intus habe, aber das verstehe ich nicht ganz.
»Was meinst du denn mit Ventil? «
»Na ja, dass man als Arschloch so einen Erfolg haben kann, war für mich schön und frustrierend zugleich. Dwaine ist so ziemlich das Gegenteil von dem, wie ich mich selbst als Mann sehe. Das musste ich dann irgendwie mal loswerden. Und als ich dann den ganzen Müll las, den Dwaines Fans auf Facebook vom Stapel ließen – da konnte ich nicht anders. Zuerst hatte ich auch noch ein ganz schlechtes Gewissen, aber als du dann sagtest, dass das der Seite eigentlich ganz guttun würde, habe ich einfach immer weitergemacht.« Jetzt wird mir so einiges klar. Ich muss lachen.
»Das ist schon wunderbar – Tom schreibt auf Facebook als Dwaine, und Nils, der eigentlich Dwaine ist, gibt sich als Fred Frauenversteher aus, also sozusagen als sein eigener ärgster Feind.« Dass sich nach diesem Satz mein Kopf dezent dreht, hat nichts mit dem Gin Tonic zu tun, ehrlich! »Da hast du uns ganz schön ausgetrickst. Wenn das Herr Weidner wüsste, er würde dir wahrscheinlich sofort die Rechnung vom Fischereihafenrestaurant in die Hand drücken.« Bei dem Gedanken an den alten Weidner verlässt mich meine gute Laune allerdings für einen Moment. »Tom hat tatsächlich ziemlich viel Ärger wegen der ganzen Geschichte bekommen.«
»Ich weiß«, gibt Nils zu und schaut ziemlich betreten aus seinen schicken Klamotten. »Und das tut mir auch sehr leid. Am liebsten würde ich mit ihm darüber sprechen, aber das geht natürlich nicht. Ich kann ihm unmöglich die ganze Wahrheit erzählen.« Ich seufze.
»Tja, eine Lüge zieht immer gleich die nächste nach sich. Wie soll es denn mit Dwaine weitergehen?«
»Das habe ich doch heute Abend schon erzählt: Ich habe noch ein Buch geschrieben. Und darin sage ich die Wahrheit.«
Mir bleibt einen Moment lang der Mund offen stehen. Will Nils das wirklich tun?
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