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Sakramentisch (German Edition)

Sakramentisch (German Edition)

Titel: Sakramentisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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vernehmlichem Zischen entwich die Luft wieder. Ihr Blick wandte sich
der Zimmerdecke zu.
    »Äußerst merkwürdig … finde ich … das Verhalten …« – sie nickte Rico
zu – »… des Fahrers …«
    »Wie ist Ihr Name?«, hatte Chili gefragt.
    »Ich heiße Karl Schmetterer. Ich bin angestellter Fahrer und habe am
Samstag acht Schmuckhändler zur inhorgenta nach München und zurück gefahren.
Ich bin verheiratet und habe zwei Söhne. Beide gehen aufs Ignaz-Günther-Gymnasium.
Nein, ich habe nichts Auffälliges bemerkt. Insbesondere habe ich keinen
Überfall registriert. Die Italiener waren betrunken und haben eine Gaudi
gemacht. Mit den Maskierungen und so. Mehr habe ich nicht bemerkt und auch
nicht zu sagen.«
    Chili war klar, dass ihr Chef bereits ein Kurzinterview mit dem
Fahrer geführt hatte. Seine Fragen sprudelten als Antworten aus Karl
Schmetterer heraus. Doch sie war überrascht. Denn dieser Karl Schmetterer
entpuppte sich als attraktiver Mann Mitte vierzig, dessen tief gebräunte Haut
zwischen Kinn und Hemdkragen etwas spannte. Er hätte auch als Architekt oder
Arzt durchgehen können. Vielleicht hatte er auch schon bessere Zeiten gesehen,
das war heutzutage nicht mehr selten.
    »Ja, Sie sind mir vielleicht ein Gscheiderle«, sagte sie. »Sie
wissen schon im Voraus, was ich fragen werde. Von einer Handgranate wollen Sie
auch nichts bemerkt haben? Das ist doch immerhin ein ziemlich auffälliges Teil,
wenn man nicht gerade im Schützengraben oder als Selbstmordattentäter unterwegs
ist.«
    Sie sprach zu ihm wie die Pflegerin in der Anstalt zu einem
Demenzkranken.
    Der Mann starrte sie an. Sein Atem ging schneller.
    Hopperla, dachte Chili. Was ist mit dem los? Bis sie bemerkte, dass
er ihr nicht in die blauen Augen schaute, sondern auf ihre Ohrringe.
    »Is was?«, fragte sie, nur um das Gespräch in Gang zu halten.
    »Nein. Is nix. Nur Ihre Ohrringe.«
    »Was ist mit ihnen?
    »Sie gefallen mir.«
    »Was? Meine Ohrringe? Billigkram.«
    »Nein. Sie. Sie gefallen mir. Tolle Kommissarin. Toller Arsch.«
    Uups. Einer von diesen Spannern, die vor nichts zurückschrecken. Wie
verhält man sich in solch einer Situation? Sie ratterte im Geist die
hundertzwanzig Polizeiseminare durch, die sie inzwischen besucht hatte. Keines
dabei, das darauf eine Antwort gab. Einfach ignorieren, war ihre selbst
gestrickte Lösung.
    »Und sonst haben Sie also nichts bemerkt? Keinerlei Besonderheiten?«
    »Doch. Die Brüste unter Ihrem Kleid. Auch ganz toll.«
    Chili konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie sprang auf und holte
mit der Hand aus.
    Karl Schmetterer duckte sich nicht weg. Er zeigte nicht die leiseste
Regung. »Und? Was ist?«, fragte er, als Chili die Hand sinken ließ.
    Ihre Lippen zitterten. Doch ihre Augen schossen Blitze. »Hören Sie
auf mit diesem Quatsch«, schrie sie schrill. »Antworten Sie lieber. Ich nehme
Ihnen nicht ab, dass Sie nichts gesehen haben wollen. Ich nehme es Ihnen
einfach nicht ab. Wen wollen Sie damit decken?«
    Chili fixierte ihn für einen Moment aus kalten Augen, wie eine
Schlange ihre Beute fixiert. Sie hatte schon zu viele Zeugen vernommen, um
nicht zu wissen, was in diesem vorging. Er war auf Provokation aus. Und die
besoffenen Italiener, die sich vor lauter Ausgelassenheit und Übermut an so gut
wie gar nichts erinnern konnten, waren sein Schutz.
    Natürlich wird eine Frau unseres Kulturkreises bei Anspielungen wie
die aus Schmetterers Mund zornig. Doch insgeheim, ohne dass sie es wirklich
realisierte, empfand sie seine Äußerungen als Kompliment. Eingestehen würde sie
es sich nicht.
    Schmetterer blieb stumm.
    »Sagen Sie mir wenigstens, wie der Bayer ausgesehen hat, bevor er
sich die Maske übergestülpt hat. Sie haben in Maxlrain und in München gesehen,
wie er eingestiegen ist. Sie haben ihn während der Fahrt beobachten können und
wahrscheinlich auch auf der inhorgenta selbst. Also, schießen Sie los.«
    »Also gut, Ihnen zuliebe. Obwohl’s die ganze Rückfahrt über dunkel
war.« Er schaute Chili unverhohlen in die Augen. Dann senkte sich sein Blick
weiter nach unten, südlich ihres Halses. »Wie ein echter Bayer hat er
ausgesehen. Jagerhuat, Lodenjanker, Lederhose, Haferlschuh. Eine ziemliche
Wampe hat er ghabt und einen Mehrtagesbart. Wie gesagt, ein Bayer, wie er im
Buch steht.«
    Damit war Brunis Frage an Rico Stahl zwar beantwortet. Doch es
mochte stimmen oder nicht. Chili konnte beim besten Willen nicht beurteilen, ob
der Mann die Wahrheit sprach. Wenn sie einen Mann mit

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