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Sakramentisch (German Edition)

Sakramentisch (German Edition)

Titel: Sakramentisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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geschworen, dass sie sich auch dort
aufhalten würde, wo sie ihm gesagt hatte, dass sie sei.
    »Natürlich weiß ich das«, log er.
    »Sind Sie sicher?«
    »Heraus mit der Sprache!«, sagte er bestimmt. »Was bringt Sie zu der
Annahme, ich sei es nicht?«
    »Ähäm. Mein Mann ist zur selben Zeit verreist. Verzeihen Sie, lieber
Herr, dass ich in Ihre Idylle einbreche und Sie mit lästigen Fragen störe. Aber
haben Sie sich nicht in letzter Zeit den Namen Dierk Weimar öfters anhören
müssen?«
    Fordernd sah sie ihn an.
    War das ein Silberblick?, fragte sich Ottakring. Er hatte den
Eindruck, dass Karins Augen beide innen zur Nase hin um ein halbes Grad
schielten.
    »Ja«, kam es zögernd aus seinem Mund. »Ja, doch. Der Name Dierk
Weimar ist mir geläufig. Ist das Ihr Mann?«
    Bingo! Blöde Frage.
    »Also bei mir war es so in den letzten Wochen, ja Monaten. Ich hab
den Namen Lola Ottakring öfter einsaugen müssen, als ich Spaghetti gekocht hab.
Dierk hat sie immer nur so nebenher erwähnt. Aber so auffallend beiläufig, dass
es offensichtlich war, dass etwas nicht stimmte.«
    Karin stand auf. Die Toilette war nicht weit. Sie schlug die
Richtung dorthin ein. Dann wandte sie sich abrupt um und setzte sich wieder
hin.
    Verwundert sah Ottakring sie an.
    Sie zitterte und war blass. Langsam hob sie die Hand, als wolle sie
eine Fliege fangen. Die Bewegung stoppte, verharrte kurz, die Hand schloss sich
zur Faust – und sauste wie ein Hammer auf die Tischplatte herunter.
    Schlagartig, wie in einem zu rasch abgespielten Video, schnellten
die Köpfe der Gäste herum.
    »Zefixhallelujagreizdeifenomoi! Verstehst du denn nicht, Ottakring,
dass deine Frau in diesem Augenblick mit meinem Mann unterwegs ist? Dass er
gerade seinen Arm um sie legt, sie ihm in die Augen schaut – dass sie sich
gerade küssen. Ja, wie blöd und verbohrt muss einer sein, dass er das nicht
merkt? Musste erst ich kommen, um dir die Augen zu öffnen?«
    Ottakring spürte, wie ihm das Blut aus dem Hals in den Kopf stieg.
Die Frau hatte jede Zurückhaltung verloren. Doch das und die starrenden Fratzen
ringsum traten jetzt in den Hintergrund. Die Zweifel, die schon längst in ihm
gebohrt hatten, brachen nun vollends auf wie lodernde Geysire. Sie waren der
Sarg seines Glaubens an Lola.
    Zum Abschied legte er eine Hand auf den Arm der Frau, die ihm
gegenübersaß, und nickte ihr zu.
    »Wir bleiben in Kontakt«, sagte er leise und entfernte sich.
    »Wo gehen Sie hin, Ottakring?«
    Ohne sich umzudrehen hob er die Hand zum Gruß. »Ich hab noch einiges
zu erledigen.«
    »Hallo? Ist dort das Hotel Sonne?«
    Joe Ottakring spürte den reißenden Schmerz in seiner Brust. Einmal
während seiner Münchener Zeit war er in die Situation geraten, einen
unberechenbaren, bewaffneten Mörder festnehmen zu müssen. Die Spannung war am
Siedepunkt gewesen, er hätte platzen können vor Ungewissheit, Angst und Gänsehaut.
Grad so fühlte er sich jetzt.
    »Ist Frau Lola Ottakring-Herrenhaus bei Ihnen? Ich bin ihr Ehemann.«
    Er wollte die Antwort gar nicht hören. Er kannte sie schon im
Voraus. Lola hatte ihm mit abenteuerlicher Leichtigkeit beteuert, dass sie in
der Sonne wohne, und er hatte es ihr selbstverständlich abgenommen, ohne
nachzudenken. Warum hätte er zweifeln sollen?
    »Nein? Sind Sie sicher? Sie muss ein
Zimmer bei Ihnen haben. Oder vielleicht eine Suite?«
    Ja, vielleicht eine Suite.
    »Wir haben keine Suiten. Wir haben nur Zimmer. Doppel- und
Einzelzimmer. Keine Suiten. Keine Frau dieses Namens.«
    Er nahm ein Einzelzimmer und mietete sich für einen Tag ein. Er
suchte nach Spuren und befragte Leute. Er fand keine Spuren, und die Leute
wussten von nichts. Lola Ottakring-Herrenhaus hatte nie hier gewohnt.
    Am Abend rief er sie auf ihrem Handy an. Abends hatten sie sich
täglich angerufen, wenn sie auf Reisen oder sonst wie getrennt waren.
    »Geht’s dir gut, Liebes? Wo bist du?«
    »Ich bin grad im Hotel und zieh mich für das Klassentreffen um. Etwa
Leichtes, Legeres, weißt du? Unsere Männer werden da alle wieder mit Krawatte
rumsitzen. Aber wir Mädels –«
    Das tat weh!
    »Im Hotel?«, unterbrach er. »In welchem?«
    Er war sicher, wenn sie jetzt die falsche Antwort gab, müsste er
sich übergeben. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
    »Hab ich dir doch gesagt«, sagte sie leichthin. »Im Hotel Sonne.«
    Er drückte die AUS -Taste. Das ging im
Handumdrehen. Dann setzte er sich in einen der herzförmigen Stoffsessel in
seinem Einzelzimmer im Hotel

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