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Sakramentisch (German Edition)

Sakramentisch (German Edition)

Titel: Sakramentisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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sie
mir eher wie Hobby-Musikanten vor.«
    »Ja, so wollen sie auch nach außen erscheinen. Jetzt aber zum Kern
der Sache, deretwegen ich Sie hergebeten habe. Mir scheint, wir haben es mit
Polizei-Insidern zu tun. Sie wussten offenbar, dass die Polizei Faserreste
analysieren kann. Dem sind sie begegnet, indem sie den Trachtenjanker in einem
Secondhandshop in Innsbruck gekauft haben. Dieses Täuschungsmodell wurde im
›Münchener Polizei Forum‹ erläutert, das nur intern verteilt wird. Der Einfall,
die Glasscherbe im Auto auszulegen, beruht ebenfalls auf einem solchen Artikel.
Und das Dritte, was mich gleich stutzig gemacht hat, ist die Gschicht mit dem
Brandsatz und der Zündung. Praktisch wörtlich dem Fachblatt entnommen.«
    Rico hielt inne, faltete die Hände wie zum Gebet und sah Ottakring
erwartungsvoll an. Eine Pause entstand.
    Chili machte große Augen.
    »Ich gehe davon aus«, meinte der Kriminalrat, »dass Sie Tankstellen
abgeklappert und erkundet haben, wer in letzter Zeit Motorenöl und einen vollen
Benzinkanister gekauft hat. Einen Brandsatz nämlich.«
    »Klaro«, sagte Chili unnötig laut. »Selbstverständlich. Auch auf
Schrottplätzen haben wir uns nach Altölkäufern erkundigt. Aber genauso gut
kannst du im Rotlichtmilieu ein Alibi überprüfen.«
    Ottakring erhob sich und sah vom Fenster auf den Kfz-Hof.
    »Wenn wir davon ausgehen, dass Ihre Spürnase Sie nicht trügt, kommt
ein aktiver Polizist, der die Tat im Dienst begeht, nicht in Frage. Demnach –
wie gesagt, wenn Sie recht haben –«
    Chili schlug beide Hände vor den Mund. »Mein Gott!«, rief sie aus.
»Wieso sind wir da nicht selber draufgekommen? Es ist ja so einfach. Herr
Ottakring hat recht. Wir müssen alle Pensionierten, die noch Zugang zu
Fachliteratur haben, nach ihrem Alibi überprüfen.«
    Rico deutete ein Händeklatschen an. Danach trat eine Stille von
einer halben Minute ein.
    »Sie sehen, wir brauchen Ihre Erfahrungen«, sagte er und machte
dabei ein kluges Gesicht. »Erfahrungen sind die Jahresringe des Menschen.«
    Ottakring grinste ihn an. »Ach was«, sagte er. »Warum so
kompliziert? Erfahrungen sind nichts als Einsichten, gewonnen aus den
Dummheiten, die man in der Vergangenheit begangen hat.«
    Damit warf er den Kopf in den Nacken, stülpte sich die Baseballmütze
umständlich über die Frisur und ging aufrecht durch die Tür.

NEUNZEHN
    Eine knappe Woche nach seinem Klinikaufenthalt war von
Arturs Krankheit nichts mehr zu merken. Nie hatten Hadi und Werner einen besser
gelaunten und zuversichtlicheren Komplizen gehabt. Er sprühte vor Lebens- und
Unternehmenslust.
    »Na klar bin ich dabei«, rief er, als sie sich wieder in Werners
Gartenhaus trafen. »Einmal ziehen wir so ein Ding noch durch. Jetzt, wo wir’s
können.«
    Kein Wunder. Er, Artur Josef Huber, frühpensionierter Pförtner des
Polizeipräsidiums Süd in Rosenheim, hatte die Idee gehabt.
    »Wie wär’s«, hatte er in der Nachbesprechung zu ihrem Maxlrainer
Unternehmen phantasiert, »wenn wir uns einmal um den Salon Kitty kümmern
würden?«
    In tiefstem Oberbayerisch hatte er gesprochen, richtig Hochdeutsch
war so gar nicht seine Sach. Es klang dann windig und guttural, wie das
Geräusch, das aus dem U-Bahn-Schacht kommt, bevor die Bahn einfährt.
    Er schilderte, was er über den Salon Kitty herausbekommen hatte.
Nicht, dass er je als Kunde dort gewesen sei, oh nein. Er war ihm lediglich
dienstlich bekannt und weil er sich ein bisserl im Internet umgeschaut hatte.
Danach war es gar nicht mehr nötig gewesen, sich um die ausgeschriebene
Reinemachestelle zu bewerben, was er ursprünglich vorgehabt hatte.
    Zehn oder zwölf Mädels zwischen achtzehn und fünfundzwanzig, zu
allem bereit, die Hälfte aus Osteuropa, zwei von den Philippinen oder aus
Thailand, so genau wusste er das nicht, eine, das war sicher, aus Osttimor, und
eine dralle Schwarze aus Woher-auch-immer. Ach ja, nicht zu vergessen eine
Bayerin aus der Nähe von Mühldorf oder Altötting oder Waldkirchen. Oder so. Es
könnt auch eine Fränkin sein.
    »Aber des is ja eh wurscht. Jedenfalls haben die dort einen
Mordsbetrieb und jede Menge Knete.«
    In der Ecke neben dem Grill räkelte sich Hadi Yohl auf einer
hellblauen Strandliege, die Werner vor Jahren auf einem Flohmarkt auf Kreta
erstanden hatte.
    »Ich komm mir vor wie in einem Wildwest-Saloon«, erklärte er, die
Augen zuerst zur Decke und dann auf Artur gerichtet. »Hab ich schon immer
gesagt. Der Schmarren, den du erzählst, der passt zur

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