Sambanächte mit dem Playboy
gebracht, sich zu verstecken. Sie musste sich dem Leben – und Ruiz – stellen.
„Ich weiß nicht, warum du hier immer noch rumstehst“, sagte ihr Chef ungehalten. „Solltest du nicht nach Hause fahren und packen? Laut Ticket musst du in vier Stunden einen Flug erwischen!“
10. KAPITEL
Ich hoffe, ich kann meine Notizen bei all den Turbulenzen später lesen – das muss der krakeligste Tagebucheintrag sein, den ich je gemacht habe.
Hatte ich eine andere Wahl als Ruiz’ Einladung anzunehmen? Nicht nur, dass er mein nicht-existentes Liebesleben völlig auf den Kopf gestellt hat – soll ich wegen ihm auch noch meinen Job verlieren? Außerdem muss ich mir folgende Frage stellen: Wenn ich es nicht schaffe, eine professionelle Herangehensweise an den Tag zu legen und einen Artikel über den Playboy zu schreiben, ohne in großes Gejammer auszubrechen, was für eine Art Journalistin bin ich dann?
Also habe ich jetzt vierzehn Stunden Flug hinter mir und laufe auf den großen Taxistand des Aeropuerto Ministro Pistarini zu, besser bekannt als Ezeiza – der Stadt in der Nähe von Buenos Aires, in der der Flughafen liegt. Habt Ihr das gehört? Buenos Aires! Wo das Wetter uns laut unserem hippen jungen Piloten mit bikini-freundlichen achtundzwanzig Grad verwöhnt. Doch ehe Ihr jetzt außer Rand und Band geratet – er hat diese Bemerkung nicht an mich gerichtet. Mit meinen roten Haaren und Sommersprossen fühlte ich mich neben all den spindeldünnen, glutäugigen Señoritas, die sich mit mir die Erste Klasse teilen, völlig fehl am Platze. Genau genommen komme ich mir wie ein dicker Kloß vor, was besagtem Piloten mit Sicherheit auch aufgefallen ist, als er kurz vor der Landung noch einmal eine schnelle Runde durch die Erste Klasse machte. Aber ich werde Weihnachten mit dem Playboy auf der umwerfenden, riesigen Estancia seiner Familie verbringen, und niemand sonst kann so etwas von sich behaupten. Ich denke, Ihr werdet mir zustimmen, dass diese Geschichte alles toppt, was vorher in der „WG mit einem Playboy“-Kolumne gelaufen ist. Schnallt Euch fest an, Freunde – irgendetwas sagt mir, dass eine holperige Fahrt vor uns liegt.
Das Erste, was Holly im Terminal-Gebäude sah, war ein großes Poster, das das Polospiel bewarb. Ruiz Acosta in zehnfacher Vergrößerung starrte auf sie hinab. Holly schluckte schwer. Egal wohin sie schaute – überall schien ein weiteres Poster der vier Acosta-Brüder zu hängen. Und mittendrin Ruiz. Eine weitere Erinnerung an den umwerfenden Sexappeal, dem sie selbst so schnell verfallen war. Selbst die Limousine, die Ruiz geschickt hatte, um sie abzuholen, trug einen Aufkleber der Brüder auf der Heckscheibe. Eine aufgeregte Menschenmenge hatte sich neugierig um den auffälligen Wagen versammelt, und als Holly endlich auf den weich gepolsterten Rücksitz sank, klopfte ihr das Herz bis zum Hals.
Das musste ganz sicher ein Traum sein …
Doch es war kein Traum, und als das Luxusgefährt zügig die Kilometer zwischen dem Flughafen und der Estancia zurücklegte, schnürte sich Holly immer mehr die Kehle zu. Ihre Angst wurde keineswegs kleiner, als sie zahlreiche, riesige Werbeplakate sah, die das Polospiel ankündigten. Ruiz schien eine Art Nationalheld zu sein. Aber wie konnte der gefährlich aussehende Mann mit dem glühenden Blick, dem Ohrring und den Tätowierungen derselbe Mann sein, der sie in den Armen gehalten und geliebt hatte …?
Vergiss das. Vergiss ihn. Du bist hier, um einen Job zu machen, das ist alles.
Dennoch konnte sie nur an Ruiz denken. Selbst dieses raue Land passte zu ihm. London mit seinen ordentlichen, belebten Straßen schien immer weiter wegzurücken, während der Fahrer sie tiefer ins Landesinnere fuhr. Sie hatte den Auftrag erhalten, einen Artikel zu schreiben, weiter nichts, ermahnte sie sich. „Weihnachten mit dem Playboy“. Außerdem würde sie die Gelegenheit bekommen, Ruiz beim Polospiel zuzuschauen. Seine kräftigen Schenkel um die Flanken eines stolzen Pferdes gelegt …
„Das Spiel wird schon begonnen haben, wenn wir ankommen“, teilte der Fahrer ihr mit. „Aber Sie werden immer noch eine Menge davon sehen“, versicherte er ihr in seinem Englisch mit starkem Akzent. „Das heißt natürlich, falls noch jemand lebend auf dem Platz steht, wenn wir dort ankommen.“
Er lachte. Sie nicht.
Ein weiteres riesiges Werbeplakat rückte näher. Es wirkte wie ein Ausrufezeichen in dieser endlosen, trockenen Buschlandschaft, die sich darüber
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