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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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sehen waren. Die anderen drei Seiten bestanden aus Betonwänden, in die Pritschen aus Beton eingelassen waren, drei Reihen übereinander, sodass sie bis unter die Decke reichten. Justus musste den Arm recken, um an die oberste Pritsche zu langen; sie lag gute zwei Meter hoch. Die einzige sanitäre Einrichtung war ein Loch im Boden, umgeben von gerissenen Kacheln, die die Spuren von Fäkalien früherer Generationen trugen. Es gab ein Standrohr, aus dem unaufhörlich Wasser tropfte, egal ob man den Hahn weiter aufdrehte oder schloss. Von der Decke hing eine Glühbirne in einem Drahtgehäuse, die Licht spendete, zumindest theoretisch. Denn das tat sie nur sporadisch, und die Gefangenen hatten darauf keinen Einfluss.
    In diese heiße, unbelüftete, stinkende Zelle waren vierunddreißig Männer gesperrt. Darunter auch Canaan. Als Justus seinen Sohn dort vorfand, fielen sie sich in die Arme, erleichtert über das Wiedersehen und tief traurig über Nyashas Tod. Zugleich durchlebten sie die wütende Verzweiflung von Menschen, die wissen, dass ihre Tage gezählt sind.
    »Bist du unverletzt?«, fragte Justus und trat zurück, um seinem Sohn in die Augen zu sehen.
    Canaan nickte. »Ja, Vater.«
    Justus schaute ringsum in die Gesichter, die sie beobachteten und auf die geringste Bedrohung lauerten.
    »Bist du gut behandelt worden?«, fragte er.
    Der Sohn nickte wieder. Diesmal sagte er nichts, sondern leckte sich nervös über die Oberlippe. Seine fürstliche Haltung war gänzlich verschwunden, und Justus spürte genau, dass der Junge etwas verbarg, hielt es aber für zwecklos, in ihn zu dringen. Wenn ihn jemand misshandelt hatte, würde schon die Erwähnung weiteren Ärger provozieren.
    »Weißt du, was mit Farayi geschehen ist?«, fragte Justus. »Geht es ihr gut? Hast du sie gesehen oder mit ihr gesprochen?«
    Canaan schüttelte langsam den Kopf. »Sie ist hier irgendwo in einer Frauenzelle. Mehr weiß ich nicht.«
    Justus nickte und gab sich Mühe, ruhig zu bleiben. Er war ihr Vater. Er hätte sie beschützen sollen. Stattdessen war er selbst eingesperrt und konnte für sein kleines Mädchen nichts tun. Er seufzte, rang sich ein Lächeln ab und setzte einen heiteren Ton auf, als er fragte: »Na, was hast du denn zu essen bekommen? Wie ist die Speisekarte in diesem Lokal?«
    Canaan zuckte die Achseln und schwieg.
    »Die Wärter müssen doch Essen ausgeteilt haben. Bestimmt ist es grässlich, aber –«
    »Es gibt kein Essen, Vater.«
    »Kein Essen? Sei nicht albern! Es muss etwas geben.«
    »Der Junge hat recht. Es gibt keins.«
    Unter einer der Betonliegen kam ein Mann hervor und verzog das Gesicht, als er die Füße auf den Boden setzte. Er war ausgemergelt, seine Haare grau und verfilzt.
    »Ich sehe, du bist mit den Methoden unserer Gefängnisse nicht vertraut«, sagte er und fuhr ohne auf Antwort zu warten fort: »Die Regeln sind ganz einfach. Sein Essen bekommt der Gefangene von Freunden oder von seiner Familie. Damit es von der Vordertür in die Zelle gelangt, müssen die Wärter bestochen werden. Manchmal mit Geld, manchmal mit Essen. Die haben schließlich auch Hunger.«
    »Aber wir haben keine Familie«, sagte Justus. »Es ist keiner übrig, der uns Essen bringen könnte.«
    »Wenn das so ist«, sagte der Mann, »machen Sie sich darauf gefasst zu verhungern.«

47
    Am frühen Montagmorgen flog Carver nach England zurück. Bevor er Genf verließ, stand er an seiner Kücheninsel und griff in das Weinregal, das an einer Seite eingebaut war. In der zweiten Reihe von oben, im dritten Fach befand sich ein versteckter Schalter. Den drückte er und wartete, während sich die Mitte der Granitarbeitsplatte langsam hob und ein Metallgestell mit sechs unterschiedlich hohen Schubladen herausfuhr.
    Carver überging die unterste, die seine Schusswaffen enthielt. Da er bis zur Erledigung des Gushungo-Auftrags ein paar Mal würde fliegen müssen, hatte es keinen Zweck, sie mitzunehmen. Er hatte sowieso nicht vor, auf jemanden zu schießen. Er zog eine der flacheren Schubladen auf und nahm eine scheinbar zusammenhanglose Auswahl von Dingen heraus: ein Stück Holz mit einigen Löchern darin, einen Satz AA-Batterien, diverse Muttern, Schrauben, Unterlegscheiben und Drähte mit Krokodilklemmen.
    Von der Küche ging er zu seinem Schlafzimmerschrank, holte einen Koffer aus dem obersten Fach und nahm zwei Dinge an sich, die er für nützlich hielt: eine Hornbrille mit Fensterglas und eine kurze graue Perücke. Aus seiner Zeit beim Special

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