Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
war das der Grund dafür, dass sie den Bodyguard so attraktiv fand. Er war erwachsen. »Weißt du, du könntest doch zu uns kommen. Wenn Mom zu Hause ist. Wir könnten für die Schule lernen oder fernsehen.«
»Zusammen mit diesem Bodyguard? Klingt verlockend«, spottete er und schüttelte eine Zigarette aus dem Päckchen auf dem Armaturenbrett. Er ließ sein Feuerzeug aufflammen, zündete die Zigarette an und konzentrierte sich wieder aufs Fahren und auf die Musik. Cassie schnippte ihre Kippe zum Fenster hinaus. Joshs Nähe machte sie nervös. Er hielt vor einem Minimart, kaufte eine Cola für Cassie und sich selbst und fuhr weiter durch die vereisten Straßen. Hier und da winkte er Freunden zu, gab mit seinem aufgemotzten Pick-up an und tat sonst eigentlich nichts.
Cassie langweilte sich zu Tode.
»Wenn du zu uns kommen würdest, könntest du immerhin meine Mom sehen«, bemerkte sie und zog eine Augenbraue hoch.
»Was soll das denn heißen?«
»Was immer du denkst.«
»Herrgott, Cass, nicht diese Leier schon wieder. Ich sag dir, ich bin nicht scharf auf deine Mom.«
»Schön zu wissen«, sagte sie leise.
»Meine Alten sind nicht zu Hause.« Er schenkte ihr ein etwas freundlicheres Lächeln. »Wir könnten zu mir fahren, da haben wir sturmfreie Bude.«
Als würde mit Sex alles wieder gut. Plötzlich fühlte sie sich müde. Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Ich kann nicht. Jake holt mich gleich nach dem letzten Klingeln ab.«
»Jake?«, wiederholte er.
»Der Bodyguard.«
»Ich dachte, der passt auf deine Mom auf.«
»Auf mich und meine Schwester auch. Er und Mom haben ein regelrechtes Programm ausgearbeitet. Am Tag fährt er uns zur Schule und zurück und so weiter, und nachts bewacht er das Grundstück. Ich muss an der Schule sein, wenn er kommt.« Sie nahm einen großen Schluck Cola und sah, wie sich Joshs Miene verdüsterte, als dämmerte ihm jetzt erst allmählich, dass sie anderes zu tun hatte – dass sie vielleicht andere Dinge unternehmen wollte, als nur mit ihm abzuhängen.
»Komm schon, Cass …«
»Wirklich, Josh. Ich darf mich nicht noch tiefer reinreiten. Mom war echt stinksauer, als ich das letzte Mal nachts abgehauen bin zum Catwalk Point und die Bullen kamen.«
»Scheiße.« Er drängte sie nicht weiter, setzte nur sein bestes Schlechte-Laune-Gesicht auf und fuhr wie ein Verrückter zurück zur Schule. Dort setzte er sie ab, ohne ihr auch nur einen Kuss zu geben, und raste unter dröhnender Musik vom Parkplatz. Seine schlechte Laune umgab ihn wie der Gestank nach verbranntem Reifengummi.
Ach, werd doch endlich erwachsen! , dachte sie und wunderte sich über ihre veränderte Einstellung. Seit sie am Fundort der Leiche erwischt worden waren, kam es ihr vor, als sähe sie Josh mit anderen Augen. Er behauptete, sie zu lieben, aber sie glaubte ihm nach wie vor nicht. Er war nichts weiter als ein Junge vom Land, der Spaß haben wollte und sich nicht um die Folgen scherte, der lieber als alles auf der Welt Autorennen fuhr oder auf die Jagd ging, Softpornos ansah und Bier trank. Josh Sykes würde es trotz seines aufgemotzten alten Pick-ups mit höher gelegter Fahrerkabine und extra breiten Reifen mit Alufelgen nicht weit bringen.
Was für ein Getue.
Cassie hatte Besseres zu tun.
Viel Besseres.
Carter ging BJs Liste wohl zum zwanzigsten Mal durch. Den ganzen Tag über, wann immer er zwischen seinen anderen Aufgaben etwas Zeit erübrigen konnte, las er die Namen der Leute, die er fast sein Leben lang kannte, doch die eine Person, die ihm nicht aus dem Kopf gehen wollte, war Scott Dalinsky. Rindas Junge. Ein komischer Vogel, aber bestimmt harmlos. Oder? Oder war er in seinem Urteil befangen, weil er Scotts Pate war? Und was war mit Harrison Brennan, diesem Nachbarn, der anscheinend glaubte, Besitzrechte an Jenna zu haben?
Shane trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch und ging wieder einmal die Liste durch, wobei sein Blick nicht zum ersten Mal an Wes Allens Namen hängen blieb. Sein ehemaliger Freund. Carter wusste aus persönlicher Erfahrung, dass ihm nicht zu trauen war, doch er ließ nicht zu, dass ihn das, was zwischen Wes und Carolyn gewesen war, in seinem Urteil beeinflusste.
Er zwang sich, andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Was war mit Ron Falletti, Jennas Personal Trainer, oder mit Lester Hatchell? Les hatte lange vor dem Verschwinden seiner Frau zwei von Jennas Filmen gekauft. Und er war bei weitem nicht der Einzige. Nahezu jeder in der Behörde,
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