Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
Erzählerin dies verneint. Aber sie schweigt und sieht mich einfach an. Dann erhebt sie sich, nimmt ihren Stock und lässt mich allein zurück.
An diesem Abend bringt mir nicht Cedric sondern ein völlig fremder Ilyea mein Essen. Ich rühre es nicht an.
Zu meiner Überraschung ist es Enya, die mich am nächsten Tag besucht und aus deren türkisfarbenen Augen Mitleid spricht.
Wortlos setzt sie sich neben mich und hält meine Hand bis ich sie dankbar anlächle.
Zögerlich hebt sie ebenfalls ihre Mundwinkel, lässt sie jedoch kurz darauf wieder fallen und seufzt.
„Warum wolltest du die Schmuckstücke? Um sie deinem Dämonenfreund zu bringen?“
Plötzlich funkelt Wut und Misstrauen in ihren Augen. Als sie mein verletztes Gesicht sieht, murmelt sie eine leise Entschuldigung.
„Schon in Ordnung.“
Zu meinem Leidwesen muss ich zugeben, dass ich Enyas Misstrauen durchaus verstehen und nachvollziehen kann.
„Ich bin hin und hergerissen. Einerseits hast du mein vollstes Mitgefühl, denn ich verstehe deine schwere Situation. Andererseits ist nun sicher, dass du mit einem Dämon im Bund stehst. Zudem trägst du das gefährlichste Wesen in dir, das jemals das Licht Firyons erblicken könnte.“
Sie macht eine kurze Pause und sieht mich fragend an, als könnte ich ihr die Entscheidung abnehmen. Aber das kann ich nicht.
„Wenn ich die Macht dazu hätte, würde ich mich umbringen“, sage ich nur und begegne ihrem überraschten Blick ohne zu blinzeln.
„Das Kind ist gefährlich und hätte nie entstehen dürfen. Die Schmuckstücke möchte ich allerdings wirklich vor den Dämonen in Sicherheit bringen und sie nutzen, um sie für immer von diesem Planeten zu tilgen.“
Als mich ein Krampf schüttelt, stöhne ich auf und krümme mich zusammen.
„Das geht?“
In Enyas Augen funkeln Ungläubigkeit und Hoffnung um die Wette.
„Meinen Informationen zufolge“, antworte ich wahrheitsgemäß. Sie nickt bedächtig.
„Ciyan hat sich dazu entschlossen, dir das Armband zu geben, wenn du die Heilerin das Kind entfernen lässt.“
Schützend verschränke ich meine Arme über dem Bauch.
„Das... Darüber muss ich nachdenken“, stoße ich schließlich hervor, „ist das nicht gefährlich?“
Enya kaut unbehaglich auf ihrer Unterlippe herum und nickt schließlich.
„Wenn du wirklich recht hast, und man mit den Schmuckstücken die Dämonen vernichten kann, würden wir das Kind zudem benötigen, um den Plan durchzuführen, oder?“
Mit weit aufgerissenen Augen starre ich Enya an.
„Nun, also...“
„Wir wissen beide, dass es äußerst gefährlich für dich wäre, das Kind zu entfernen. Wenn nicht sogar tödlich.“
„Warum bist du auf einmal so nett zu mir?“
Von meiner Frage überrascht runzelt sie die Stirn.
„Es ist etwas an dir, was mich fasziniert“, antwortet sie schließlich wahrheitsgemäß. Einen kurzen Moment sehen wir uns einfach nur an, bis sie schließlich aufsteht und das Zimmer verlässt.
Im Türrahmen dreht sie sich noch einmal um.
„Ich werde Ciyan davon überzeugen, dass wir das Kind benötigen, um Firyon von Dämonen zu säubern.“
Mein leises „Danke“ hört sie vermutlich nicht mehr.
Die Gedanken rauschen in wilden Fetzen an ihr vorbei, ihre Ohren rauschen. Ja, wieso will sie diesem Mischblut helfen? Enya weiß selbst keine Antwort auf diese Frage.
Doch als Cedric ihr von dieser Neuigkeit berichtete, war bei ihr plötzlich kalter Angstschweiß ausgebrochen. Sie will nicht, dass Niamh stirbt oder leiden muss. Etwas in ihr sagt ihr, dass sie dieses sonderbare Mädchen beschützen muss.
Sie kommt ihr so vertraut vor, als würden sie sich schon ihr ganzes Leben kennen. Der anfängliche Hass und das Misstrauen sind verflogen und haben beinahe liebevollen Gefühlen Platz gemacht.
Es ist die Art, wie sie ihre moosgrünen Haare hinter die Ohren streift und der vorurteilsfreie Blick, die Enya zu schaffen machen. So bekannt.
Enya blinzelt, als sie erkennt, wohin ihre Schritte sie getragen haben. Zaghaft klopft sie gegen den Stein, der kurz daraufhin verschwindet, um sie einzulassen.
„Und, was hat sie gesagt?“
Ciyan sieht sie gespannt an.
„Nichts.“
Enttäuscht lässt der Dorfälteste die Schultern hängen.
„Wir sollten das Kind nicht vernichten. Wenn ich Niamhs Worten Glauben schenken kann, so haben die vier Schmuckstücke die Macht, die Dämonen für immer zu vernichten. Und ich weiß nicht, wieso sie uns anlügen sollte.“
„Ist das nicht offensichtlich?“,
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