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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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und legte ihre Hand an den Bauch. Wie sollte sie sich um ein Kind kümmern, wenn sie sich nicht einmal um sich selbst kümmern konnte? Sie liebte Jeremy, vergötterte alles an ihm, aber Faith hatte achtzehn Jahre gewartet, bis ihr Leben anfing, und jetzt standen ihr noch einmal achtzehn Jahre Wartezeit bevor. Sie wäre dann über fünfzig und hätte beinahe schon Anspruch auf einen Seniorenpass.
    Wollte sie das? Würde sie es tatsächlich schaffen? Faith konnte ihre Mutter nicht noch einmal bitten, ihr zu helfen. Evelyn liebte Jeremy, und sie hatte sich nie beschwert, wenn sie sich um ihren Enkel kümmern musste – nicht, als Faith auf der Polizeiakademie war oder wenn sie Doppelschichten arbeiten musste, um über die Runden zu kommen –, aber Faith konnte von ihrer Mutter unmöglich erwarten, dass sie ihr noch einmal auf die gleiche Art half.
    Aber wen hatte sie denn sonst noch?
    Mit Sicherheit nicht den Vater des Babys. Victor Martinez war groß, dunkel, attraktiv … und völlig unfähig, sich um sich selbst zu kümmern. Er war ein Dekan an der Georgia Tech, verantwortlich für beinahe zwanzigtausend Studenten, aber er schaffte es nicht, seine Wäsche in Ordnung zu halten. Sechs Monate waren sie miteinander gegangen, bevor er in Faiths Haus gezogen war, was ihr romantisch und leidenschaftlich vorgekommen war, bis die Realität begann. Schon nach kaum einer Woche wusch Faith Victors Wäsche, holte seine Anzüge von der Reinigung ab, kochte für ihn, räumte hinter ihm her. Es war, als würde sie Jeremy noch einmal aufziehen, außer dass sie Victor nicht wie ihren Sohn für seine Faulheit bestrafen konnte. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte, war der Abend gewesen, als Faith eben die Spüle geputzt und Victor ein Messer voller Erdnussbutter einfach aufs Abtropfblech geworfen hatte. Wenn Faith damals ihre Waffe getragen hätte, hätte sie ihn erschossen.
    Am nächsten Morgen zog er aus.
    Trotz alledem konnte Faith nicht anders, sie dachte mit Rührung an Victor, als sie die Kordel des Müllsacks in die Hand nahm. Das war der eine, gute Unterschied zwischen ihrem Sohn und ihrem Exgeliebten: Victor hatte man nie sechsmal sagen müssen, den Müll rauszubringen. Das war eine der Arbeiten, die Faith am meisten hasste, und – lächerlicherweise – spürte sie Tränen in ihren Augen, als sie daran dachte, dass sie den Sack hochheben, die Treppen hinunter und nach draußen zur Tonne schleppen musste.
    Es klopfte an der Tür, drei scharfe Schläge, gefolgt vom Klingeln der Glocke.
    Im Gang wischte Faith sich die Augen ab, ihre Wangen waren so nass, dass sie ihren Ärmel benutzen musste. Sie hatte noch immer die Waffe an der Hüfte, deshalb schaute sie erst gar nicht durch das Guckloch.
    » Das ist doch mal was anderes«, sagte Sam Lawson zu ihr. » Normalerweise weinen Frauen, wenn ich gehe, nicht wenn ich komme.«
    » Was willst du, Sam? Es ist spät.«
    » Bittest du mich hinein?« Er wackelte mit den Augenbrauen. » Du weißt, dass du es willst.«
    Faith war zu müde zum Streiten, deshalb drehte sie sich um und ging ihm voraus in die Küche. Sam Lawson war ein Juckreiz, den sie eigentlich seit Jahren kratzen müsste, aber jetzt konnte sie sich nicht mehr erinnern, warum sie sich überhaupt mit ihm eingelassen hatte. Er trank zu viel. Er war verheiratet. Er mochte Kinder nicht. Er kam ab und zu gerade recht, und er wusste, wie man einen Abgang machte, was für Faith bedeutete, dass er ging, kurz nachdem er seinen Zweck erfüllt hatte.
    Okay, jetzt wusste sie wieder, warum sie sich mit ihm eingelassen hatte.
    Sam nahm einen Kaugummi aus dem Mund und warf ihn in den Müllsack. » Gut, dass ich dich heute gesehen habe. Ich muss dir etwas sagen.«
    Faith machte sich auf schlechte Nachrichten gefasst. » Okay.«
    » Ich bin inzwischen clean. Fast ein Jahr.«
    » Bist du hier, um Abbitte zu leisten?«
    Er lachte. » O Mann, Faith! Du bist so ziemlich der einzige Mensch in meinem Leben, den ich nicht beschissen habe.«
    » Nur, weil ich dich rausgeworfen habe, bevor du es tun konntest.« Faith zog die Kordel des Sacks zusammen und band sie zu.
    » Der Sack wird reißen.«
    Das Plastik platzte in dem Augenblick, als er es sagte.
    » Scheiße«, murmelte sie.
    » Soll ich …«
    » Ich schaff das schon.«
    Sam lehnte sich an die Anrichte. » Ich liebe es, einer Frau bei manueller Arbeit zuzusehen.«
    Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
    Er grinste. » Ich habe gehört, du hast heute in Rockdale

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