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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Korsen waren es gewohnt, sich zu arrangieren. Es war ein nationaler Charakterzug, ein angeborenes Talent.
    Doch jetzt drängten die Amerikaner die Franzosen aus dem Land, und das war eine ganz andere Geschichte. Les amerloques , die »irren Amerikaner«, waren unpraktisch, verklemmt und übertrieben sittenstreng. Sie würden versuchen, Bao Dai loszuwerden und einen eigenen Mann zu installieren, würden ordentlich aufräumen.
    Und jetzt war dieser junge Guibert aufgetaucht, und es ging das Gerücht, er habe eine Ladung gestohlener amerikanischer Waffen an Bay Vien verkauft. »Wir sollten mehr über diesen Guibert in Erfahrung bringen. Frag den belgischen Zwerg, mir fällt sein Name nicht ein …«
    »De Lhandes«, sagte Mancini. »Komischer kleiner Kerl. Aber irgendwie kriegt er immer alles raus.«
    »Brauchbar.«
    »Sehr brauchbar.«
    Vielleicht war Guibert genau der, der er zu sein vorgab, Erbe einer Familie von Waffenhändlern. Andererseits aber ist er vielleicht auch ein Agent des Geheimdienstes. Des Deuxième Bureau, des SDECE oder vielleicht der Sûreté. Oder arbeitete er für die Amerikaner, wie heutzutage so viele? Vielleicht war er auch nur ein gewinnsüchtiger junger Mann. Falls dem so wäre, könnten sie gemeinsam Geld machen.
    »Hab ich schon«, erwiderte Mancini. »Schon bevor er überhaupt eingetroffen ist. Der Zwerg sagt, er scheint tatsächlich der zu sein, den er vorgibt. Bay Viens Leute sagen dasselbe. Ich habe sein Zimmer durchsuchen lassen, als wir beim pastaga saßen.«
    Wir werden sehen, dachte Antonucci. Er sah Mancini an und sagte die althergebrachten Worte: »Per tu amicu.«
    »Per tu amicu« , erwiderte Mancini, wie es die Tradition vorsah.
    Für deine Freundschaft.

106
    Jemand hatte sein Zimmer gefilzt.
    Sorgfältig und professionell, aber gründlich durchsucht. Bevor er das Zimmer verlassen hatte, hatte er sich ein Haar ausgerissen und es über zwei Schubladen an seinem Schreibtisch gelegt. Jetzt war das Haar weg.
    Es war egal – sie würden nichts finden, was sie nicht finden sollten.
    Hatte Mancini die Aktion angeordnet? Wahrscheinlich, obwohl es auch die Franzosen gewesen sein konnten, die in Saigon über ein beachtliches Aufgebot an Polizei und Geheimdienstmitarbeitern verfügten und bekannt dafür waren, dass sie anderer Leute Privatsphäre nicht mit übertrieben großem Respekt begegneten.
    Und heute Abend erwartet mich die korsische Mafia im Croix du Sud. Wozu? Um mich auszuhorchen, zu verführen, zu beobachten, zu bedrohen oder am Ende gar zu ermorden? Auch das spielte keine Rolle – um seinen Teil der Vereinbarung zu erfüllen, würde er Geschäfte in Saigon machen müssen, und die Korsen hatten keinen Zweifel daran gelassen, dass er in Saigon keine Geschäfte würde machen können, ohne zuvor mit ihnen handelseinig zu werden.
    Heb dir das für später auf, sagte er sich. Du hast jetzt anderes zu tun.
    Er warf sich ein bisschen Wasser ins Gesicht, um den Schweiß abzuwaschen und die leicht schwindelerregende Wirkung des Pastis zu lindern, dann ging er hinunter und hinaus auf die Straße.
    Als die Straßenlaternen angingen, lag die Rue Catinat golden im Licht des Sonnenuntergangs. Nikolai brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Am einen Ende des Boulevards lag der Hafen, am anderen sah man die unverkennbaren Kirchtürme der Cathédrale de Notre Dame.
    Ein kurzer Spaziergang führte ihn zu einem Laden namens International Philately. Der Mann hinter der Ladentheke war ein Sikh mit Turban. In der dreistöckigen Auslage befanden sich Briefmarken im kleinen Rahmen, die meisten davon selten, einige davon teuer.
    »Wie kann ich Ihnen helfen, Sir?«
    »Ich hatte gehofft«, sagte Nikolai und erinnerte sich an den Code, den ihm Yu für die Kontaktaufnahme mit den Viet Minh gegeben hatte, »hier vielleicht eine ›Mythen‹ von 1914 zu finden.«
    »Blau oder grün, Sir?«
    »Grün.«
    »Grün« bedeutete, dass er sich nicht unmittelbar in Gefahr befand und man risikolos würde fortfahren können.
    »Ich muss nachsehen, bitte.«
    »Danke.«
    Der Mann war noch keine Minute verschwunden, als er mit einem Umschlag aus dünnem Glassin-Papier zurückkehrte. Sorgsam öffnete er ihn und zeigte Nikolai ein Briefmarkenheftchen. Nikolai hielt es ins Licht der Schreibtischlampe, um es besser in Augenschein nehmen zu können und sagte: »Ja, die nehme ich.«
    »Fünfhundertundvierzig Piaster, bitte.«
    Nikolai bezahlte.
    Der Sikh steckte die Briefmarke wieder in den Glassin-Umschlag,

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