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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Woroschenin kannte. Gewiss war Haverford manipulativ genug – er würde nicht mal mit der Wimper zucken. Aber Nikolai bezweifelte, dass er es wusste – eigentlich war das unmöglich. Nein, dachte Nikolai, seine Wahl ist aus anderen Gründen auf mich gefallen.
    »Außerdem«, sagte er, »brauchen Sie einen Mann, der verzweifelt genug ist, einen Auftrag anzunehmen, der nur minimale Erfolgschancen verspricht und nach abgeschlossener Mission kaum Hoffnung auf eine geglückte Flucht erlaubt. Ist es nicht so?«
    »Nur zum Teil«, antwortete Haverford. »Wir werden ein Fluchthelferteam schicken, das Sie da rausholt. Aber die Chancen stehen durchaus schlecht, so dass wir einen Mann brauchen, der nicht viel zu verlieren hat.«
    Na gut, dachte Nikolai, das bin dann wohl ich.
    Oder »Michel Guibert«.
    Dessen Identität würde es Nikolai ermöglichen, nach Peking zu reisen. Als Russe hätte die »Tarnung« nicht funktioniert, denn man hätte ihn sofort als Betrüger entlarvt. Den Chinesen nahm man ihm aus naheliegenden Gründen nicht ab. Auch eine amerikanische oder britische Identität kam nicht infrage.
    Die Guiberts aber waren schon seit der Zeit der schnurrbärtigen anarchistischen Bombenwerfer besondere Lieblinge der internationalen Linken, und Papa Guibert hatte den französischen Kommunisten in Vichy während des Kriegs besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Guiberts waren also genau die Sorte von Kapitalisten, die von den Kommunisten toleriert wurden.
    Und gerade jetzt konnten die Chinesen den Sohn ganz besonders gut gebrauchen, erklärte Haverford.
    »Es geht um Vietnam«, sagte er.
    »Genauer?«
    Sowohl China wie auch Russland unterstützten Ho Chi Minh und seinen Aufstand gegen das französische Kolonialregime in Vietnam. Hos Viet Minh brauchten Waffen – vorzugsweise amerikanische, da die Vereinigten Staaten die Franzosen belieferten und die Viet Minh beschlagnahmte Munition verwenden konnten. China verfügte über ein riesiges Lager an amerikanischen Waffen, die man einerseits in Korea beschlagnahmt und andererseits der unterlegenen Kuomintang, die ebenfalls von den Amerikanern großzügig mit Waffen versorgt worden war, abgenommen hatte.
    »Warum schicken die Chinesen den Viet Minh nicht einfach die Waffen?«, fragte Nikolai.
    Zwischen Vietnam und China gab es eine gemeinsame Grenze, und die Viet Minh kontrollierten das unwegsame Grenzgebiet. Eigentlich müsste es ein Leichtes sein, die Waffen durch die abgelegenen Berge zu den Festungen der Viet Minh zu bringen.
    »Das tun sie«, entgegnete Haverford. »Aber es ist eine Frage des Geldes.«
    Natürlich, dachte Nikolai.
    »Die Chinesen sind nicht flüssig«, erklärte Haverford. »Sie würden mit dem Deal gerne etwas Kohle scheffeln – am liebsten Devisen. Andererseits soll aber auch niemand mitbekommen, dass sie auf dem Rücken ihrer asiatischen Revolutionsgenossen Profit machen. Michel Guibert dient ihnen also als willkommene Ausrede. ›Wir hätten euch die Waffen gerne geschenkt, wenn die schmierigen Guiberts sie sich nicht unter den Nagel gerissen hätten. Aber wir können dafür sorgen, dass sie euch einen fairen Preis machen.‹«
    Das war der Plan. Nikolai sollte als »Michel Guibert« nach Peking eingeschleust werden und einen Deal mit den Chinesen abschließen, um die Waffen dann an die Viet Minh weiterzuverkaufen.
    »So komme ich nach Peking«, sagte Nikolai, »aber wie gelange ich, sagen wir, in ›handlungsfähige Nähe‹ zu Woroschenin?«
    Haverford zuckte mit den Schultern. »Sie sind der Go-Meister.«

13
    A ls John Singleton die Nachricht vom gescheiterten Attentat auf den Spion Nikolai Hel erhielt, reagierte er wenig überrascht, dafür aber einigermaßen zufrieden.
    Hätte Hel sich so ohne weiteres ausschalten lassen, wäre er wohl kaum der richtige Mann für den Job gewesen – Juri Woroschenin war kein leichtes Opfer. Dass Hel sich offensichtlich ohne größere Probleme der auf ihn angesetzten Killer entledigen konnte, ließ auf eine erfolgreiche Mission hoffen.
    Aber Diamond, dachte Singleton und verschob einen weißen Stein auf ein anderes Feld, ist so schrecklich leicht zu durchschauen. Da hatte er etwas anderes erwartet. In Verbindung mit Diamonds augenscheinlichem Mangel an Kreativität war dies ein Grund, an seiner Eignung für den Posten in Indochina zu zweifeln.
    Doch die alte Go-Maxime enthielt viel Wahres: »Schlage eine gerade Linie mit einem Kreis, einen Kreis mit einer geraden Linie«. Diamond war trotz seiner

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