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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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ziemlich alles.
    Nikolai klappte die Akte zu.

16
    Solange lag wach, als Nikolai ins Schlafzimmer kam.
    »Morgen früh gehe ich fort«, sagte er.
    »Ich weiß«, sagte Solange. »Ich habe es gespürt.«
    Er legte sich neben sie. Sie drehte sich um, schob ihren Kopf auf seine Brust, und er schlang den Arm um sie. »Ich komme zu dir zurück.«
    »Ich hoffe es.«
    »Das werde ich.«
    Als er am Morgen zur Tür hinaustrat, hatte sie nur ein Wort für ihn.
    Survive .
    Draußen löste sich ein Ahornblatt vom Ast, glänzte wunderschön im Sonnenlicht und fiel herab.

Zweiter Teil
    Peking, Januar 1952

17
    In Peking war es eisig kalt.
    Der Nordwind fegte von der Mandschurischen Ebene herunter und umhüllte die Weiden, deren Äste sich bereits unter der Last des Schnees bogen, mit einer dünnen, silbrig glänzenden Frostschicht. Die Sonne war blassgelb, eine schmale Scheibe an einem perlmuttfarbenen Himmel.
    Nikolai trat aus dem Bahnhofsgebäude und atmete die eisige Luft ein, die ihm in die Lunge stach, als wollte sie ihn verbrennen. Er stellte den Kragen seines russischen Mantels auf und band sich den Schal enger um den Hals.
    Auf der Straße herrschte kaum Verkehr, abgesehen von einigen wenigen Militärfahrzeugen – sowjetischen Lastern und amerikanischen Jeeps, die man der Kuomintang abgenommen hatte. Die meisten Menschen gingen zu Fuß, die wenigen, die besser dran waren, hatten Mühe, auf ihren Fahrrädern im Schnee das Gleichgewicht zu halten, und beugten sich tief über die Lenker, um dem Wind zu entgehen. Ein paar Rikschafahrer nahmen ankommende Passagiere auf und radelten mit ihnen davon. Ihre Hinterreifen rutschten im Schnee hin und her.
    Dann tauchte plötzlich eine lange schwarze Limousine auf, die vorderen Kotflügel mit kleinen roten Flaggen geschmückt, und fuhr am Bordstein vor. Ein untersetzter Chinese in einem gut gefütterten Wollmantel und einer Kappe der Volksbefreiungsarmee mit rotem Stern stieg aus und trat auf Nikolai zu.
    »Genosse Guibert?«
    »Ja.«
    »Ich bin Genosse Chen«, sagte der Mann. »Willkommen in Peking. Lang lebe die Volksrepublik.«
    »Wan swei.«
    »Ja, man hat uns gesagt, dass Sie fließend Kantonesisch sprechen.« Chen lächelte. Die Betonung lag fast unmerklich auf »Kantonesisch«, nur um Nikolai spüren zu lassen, dass der Dialekt im Vergleich zu dem von der Regierung bevorzugten Mandarin geringer geschätzt wurde. »Sie haben in Kanton gelebt, nicht wahr?«
    »Hongkong.«
    »Ah ja.«
    Alberne Spielchen, dachte Nikolai.
    Endlose, alberne Spielchen.
    »Ich werde hier in Peking Ihr Begleiter sein«, sagte Chen.
    ›Begleiter‹, dachte Nikolai, das bedeutete ›Spion‹, ›Wachhund‹ und ›Informant‹.
    »Ich weiß das zu schätzen.«
    »Wollen wir der Kälte entfliehen?« Chen nickte kurz Richtung Wagen, der Fahrer stieg aus, nahm Nikolais Koffer und packte ihn in den Kofferraum. Chen hielt Nikolai die hintere Tür auf. »Bitte.«
    Nikolai setzte sich hinein, Chen ging um den Wagen herum und stieg auf der anderen Seite ein. Die Autoheizung kämpfte wacker, wenn auch vergebens gegen die ungeheure Kälte an, und Chen stampfte mit den Stiefeln auf den Fahrzeugboden. »Kalt.«
    »Grässlich.«
    »Stört es Sie, wenn ich rauche?«, fragte Nikolai, wobei er natürlich wusste, dass die Antwort »Nein« lauten und Chen sich seinerseits über eine Zigarette freuen würde. Er zog ein Päckchen Gauloises aus der Innentasche seines Mantels und hielt es ihm hin. »Bitte.«
    »Sehr freundlich.«
    Chen nahm die angebotene Zigarette, dann beugte sich Nikolai über den Sitz und bot auch dem Fahrer eine an. Er konnte Chens verärgerten Blick aus dem Augenwinkel sehen. Selbst in der »klassenlosen« Gesellschaft gab es noch Klassenunterschiede, dachte Nikolai.
    Der Fahrer nahm die Zigarette und grinste Chen hämisch im Rückspiegel an, was Nikolai zeigte, dass er ihm nicht allzu treu ergeben war. Ein Wachhund, der den Wachhund bewacht, dachte er. Er nahm sein französisches Feuerzeug aus der Tasche, gab beiden Männern Feuer und zündete sich anschließend selbst eine Zigarette an. Schon bald erfüllte blauer Dunst den Wagen.
    »Gut«, sagte Chen.
    »Behalten Sie das Päckchen.«
    »Das darf ich nicht annehmen.«
    »Ich hab noch mehr.«
    Chen nahm es.
    Keine fünf Minuten in der unbestechlichen Volksrepublik, dachte Nikolai, und schon habe ich den Ersten bestochen.
    Maos »Drei-Anti-Kampagne«, die unter anderem der Korruption unter den Parteifunktionären ein Ende machen sollte, lief auf

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