Saturn
Licht
bestrahlen, und schon wären sie deaktiviert.«
»Ich weiß wohl, dass das für Sie so einfach ist«, sagte
Morgenthau geduldig. »Doch für den Rest von uns stellen
Nano-Maschinen eine gefährliche Bedrohung dar, die alles
Leben in diesem Habitat auslöschen könnten. Folglich müssen
wir äußerst vorsichtig im Umgang mit ihnen sein.«
Cardenas kochte vor Wut. »Aber begreifen Sie denn nicht,
dass …«, hob sie an.
»Es tut mir Leid«, sagte Morgenthau ungerührt. »Das Thema
ist erledigt. Ihr Labor bleibt solange geschlossen, bis Holly
Lane in Gewahrsam ist.«
Drei Tage, sechs Stunden und 17 Minuten bis zur
Ankunft
Gaeta sah, dass Cardenas außer sich war vor Zorn. Sogar
Tavalera, der normalerweise einen passiven und düsteren
Eindruck machte, schaute finster auf die Stelle, wo
Morgenthaus Abbildung sich befunden hatte.
»Holly ist nicht verrückt«, murmelte Tavalera.
»Ich glaube das auch nicht«, sagte Cardenas.
»Morgenthau glaubt es aber«, sagte Gaeta dezidiert. »Und
Eberly und wohl auch der Rest der Führungsriege.«
Cardenas schüttelte zornig den Kopf. »Und Wilmot rührt
keinen Finger in dieser Sache.«
»Die Sache ist ernst, Kris«, sagte Gaeta. »Holly soll angeblich
jemanden umgebracht haben.«
»Wen denn?«, fragte Tavalera.
»Die einzige Person, die kürzlich gestorben ist, war Diego
Romero«, sagte Cardenas auf dem Weg in die Küche. »Er ist
ertrunken.«
»Und Holly soll das getan haben?«, sagte Tavalera.
Cardenas antwortete nicht. Sie ging um die Arbeitsplatte der
Küche und holte Päckchen aus dem Gefrierschrank.
Gaeta sah, dass die Nachrichtenlampe des Telefons auf
ihrem Schreibtisch blinkte. »Ein Anruf für dich, Kris.«
»Würdest du ihn bitte für mich entgegennehmen?«
Es war Hollys Dossier. Es wurde an die Wand des
Wohnzimmers projiziert, und die drei studierten es.
»Sie hat eine bipolare Depression und ist manisch
depressiv«, sagte Gaeta.
»Aber das bedeutet noch lang nicht, dass sie gewalttätig ist«,
sagte Cardenas.
Tavalera schaute säuerlich. »Das glaube ich nicht. Das sieht
ihr gar nicht ähnlich.«
Cardenas schaute ihn für einen Moment an und sagte dann:
»Ich glaube es auch nicht.«
»Wäre es möglich, dass jemand ihr Dossier gefälscht hat«,
fragte Gaeta. »Um sie zu verladen.«
»Es gäbe eine Möglichkeit, das herauszufinden«, sagte
Cardenas. Sie wies das Telefon an, Hollys Dossier in den
Akten des Hauptquartiers der Neuen Moralität in Atlanta
ausfindig zu machen.
»Das wird mindestens eine Stunde dauern«, sagte Gaeta.
»Dann sollten wir etwas essen, während wir warten«, schlug
Cardenas vor.
»Wollen wir zur Versammlung gehen?«, fragte Gaeta.
»Erst wenn wir Hollys Dossier von der Erde erhalten haben«,
erwiderte Cardenas.
Während Holly auf die Abendnachrichten wartete, nahm sie
ein Abendessen zu sich. Es bestand aus frischem Obst aus dem
Garten und einer Packung Gebäck aus dem unterirdischen
Lagerhaus, in dem die Delikatessen lagerten, die von der Erde
geliefert wurden.
Sie saß im Schneidersitz auf dem Boden des Versorgungs-
Tunnels, der unter dem Garten verlief. Sie hatte vor, später
zum Habitat-Ende zu gehen und im Freien unter den Bäumen
zu schlafen ‒ im Schutz der blühenden Sträucher, die dort
üppig wuchsen. Don Diego hätte diesen Bereich mit seiner
unorganisierten Rauheit geliebt, sagte sie sich: ein Flecken
Wildnis in dieser durchgestylten Ökologie.
Der Telefonmonitor an der gegenüberliegenden Wand zeigte
ein Unterrichtsvideo, das von der Erde übertragen wurde: Es
handelte von Dinosauriern und den von Kometen
importierten Mikroben, die sie ausgerottet hatten. Holly sagte
sich, dass sie kein Risiko einging, wenn sie sich das Programm
anschaute. Nur wenn sie einen Anruf tätigte, wäre man der
Lage, sie zu lokalisieren.
Sie futterte gerade die Plätzchen, als das Programm zu Ende
vor. Ein Dreiklang kündigte die Abendnachrichten an.
Holly machte große Augen, als der Nachrichtensprecher
meldete, dass sie nicht nur eine Flüchtige sei, sondern auch
eine gemeingefährliche Irre, die in Verbindung mit dem
Ertrinken von Don Diego gesucht wurde und die vielleicht
versuchen würde, eine Nano-Pest im Habitat auszulösen.
»Ihr Bastarde!«, rief Holly und sprang auf.
Dann brachten die Nachrichten ein aufgezeichnetes
Interview mit Malcolm Eberly, der als stellvertretender
Direktor des Habitats vorgestellt wurde. Mit überzeugend
gespielter Besorgnis sagte
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