Saturn
Gratulanten
aus seinem Apartment scheuchte. Er hatte seinen Triumph auf
der Veranstaltung genossen. Und in der Verehrung der Menge
gebadet. Sie hatten ihn auf Schultern getragen! Einen solchen
Moment hatte Eberly noch nie zuvor erlebt.
Wo es nun auf Mitternacht zuging, schob Kananga die letzte
verzückte junge Frau unsanft in den Korridor hinaus und
schloss die Eingangstür des Apartments. Morgenthau saß auf
dem Sofa und räumte die Kanapees auf einem der Tabletts ab,
die im Raum abgestellt waren.
Vyborg saß vor einer dreidimensionalen Übertragung der
Nachrichten-Sendung, die bereits eine Aufzeichnung von
Eberlys kurzer Debatte mit der rothaarigen Wissenschaftlerin
brachte.
»Sie haben die Leute auf Ihrer Seite«, sagte Vyborg. »Sie
wollen alle reich werden. Jedenfalls die meisten von ihnen.«
»Das war ein brillantes Manöver«, pflichtete Morgenthau
ihm bei.
»Stellt das Ding ab«, sagte Kananga schroff, der noch immer
an der Tür lehnte. »Wir haben sie gefunden.«
Eine plötzliche Aufwallung von Furcht dämpfte das
Hochgefühl, das Eberly verspürt hatte. »Sie gefunden? Holly?«
»Ja«, sagte Kananga mit einem finsteren Lächeln. »Sie hat
versucht, sich in Professor Wilmots Unterkunft zu schleichen.
Wollte ihn wohl um Hilfe bitten.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Immer noch dort. Meine Leute haben das Apartment
abgesperrt. Ich sagte ihnen, dass sie Wilmots Telefon stilllegen
sollten.«
»Was haben Sie mit ihr vor?«, fragte Morgenthau.
Die Euphorie wich aus Eberly wie Wasser, das gurgelnd im
Abfluss verschwand. Morgenthau hatte Kananga gefragt, nicht
ihn.
»Wir werden sie eliminieren müssen.«
»Das ist aber nicht so einfach«, sagte Vyborg. »Wenn sie bei
Wilmot ist, könnt ihr nicht einfach so reinspazieren und ihr
das Genick brechen.«
»Sie kann aber auf der Flucht umkommen«, sagte Kananga.
»Und wie sollte sie fliehen?«
Kananga dachte für einen Moment nach. »Vielleicht
entkommt sie den Wachen und erreicht eine Luftschleuse«,
sagte er dann. »Sie zieht einen Raumanzug an und will nach
draußen, um sich vor uns zu verstecken. Doch der Anzug ist
schadhaft, oder vielleicht hat sie ihn auch nicht richtig
geschlossen.«
Morgenthau nickte.
»Armes Mädchen«, sagte Kananga und breitete die Hände in
einer Geste des fait accompli aus. »Sie gerät in Panik und
verunglückt tödlich.«
»Sie war schließlich psychisch gestört«, sagte Vyborg mit
einem fiesen Keckem.
Die drei wandten sich Eberly zu. Die Sache gerät außer
Kontrolle, sagte er sich. Sie wollen mich zum Komplizen bei
ihren Morden machen. Sie wollen mich zwingen, mit ihnen
gemeinsame Sache zu machen. Damit sie mich für alle Zeit in
der Hand haben.
Und wenn ich ab morgen der gewählte Regierungschef bin,
werden sie nach wie vor Macht über mich haben. Ich werde
eine Galionsfigur sein, eine Marionette, die an ihren Fäden
tanzt. Sie werden die Macht ausüben, nicht ich.
Kananga öffnete die Tür. Eberly sah, dass der Korridor nun
leer war. Es war auch schon spät. Alle seine Verehrer waren
nach Hause gegangen.
»Sollen wir sie holen?«, fragte Kananga.
»Ich werde gehen«, sagte Eberly und versuchte fester und
beherrschter zu klingen, als er sich eigentlich fühlte. »Und
zwar allein.«
Kanangas Augen verengten sich. »Allein?«
»Allein. Es wäre doch glaubhafter, wenn sie mir entkommt
anstatt zweien Ihrer Killer, nicht wahr?«
»Er hat Recht«, sagte Vyborg, bevor Kananga etwas erwidern
konnte. »Wir müssen dafür sorgen, dass die Geschichte so
plausibel wie möglich ist.«
Morgenthau musterte Eberly gründlich. »Diese junge Frau ist
eine definitive Bedrohung für uns alle. Ob wir sie mögen oder
nicht ‒ sie muss eliminiert werden. Für einen höheren Zweck.«
»Ich verstehe«, sagte Eberly.
»Gut«, erwiderte Morgenthau.
Kananga wirkte indes nicht so zufrieden. Er wollte die Sache
offensichtlich selbst in die Hand nehmen. Eberly richtete sich
zu seiner vollen Größe auf und ging zur Tür. Er musste
aufschauen, um Kananga in die Augen zu sehen. Der Ruander
versuchte seinem Blick standzuhalten, aber nach ein paar
Sekunden gab er die Tür frei. Eberly ging an ihm vorbei und
trat auf den Gang hinaus. Er wagte es nicht, zurückzuschauen
und ging den Gang entlang zur Eingangstür.
Kananga stand im Eingang des Apartments und schaute ihm
nach. »Glaubt ihr, ob er die Power hat, die Sache
durchzuziehen?«, murmelte er.
Morgenthau wuchtete sich vom Sofa hoch.
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