Saturn
vorbei,
gesellte sich zu den anderen und verschränkte die kräftigen
Arme vor der Brust.
»Wieso sollten Sie Vorschriften befolgen«, sagte Eberly
gerade, »die Hunderte Millionen Kilometer entfernt erlassen
und von alten Männern verfasst wurden, die nichts von den
Bedingungen wissen, mit denen Sie konfrontiert werden? Was
wissen sie denn schon von den Problemen, die Sie jeden Tag
bewältigen müssen? Das kümmert sie doch gar nicht. Es wird
Zeit, dass Sie Ihre eigene Regierung bilden und Ihre eigenen
Anführer wählen.«
Jemand klatschte. Die anderen Leute schlossen sich ihm an,
applaudierten und stießen Jubelrufe aus. Holly klatschte auch
Beifall und bemerkte zugleich, dass der Neuankömmling die
Arme weiter verschränkt hielt.
Bald hatte Eberly sie so weit, dass sie ihm fast bei jedem Satz,
den er sprach, tosenden Applaus spendeten. Die Menge
verschmolz zu einem einzigen Lebewesen: Zu einem Tier mit
vielen Köpfen und Händen und Leibern, aber nur mit einem
Bewusstsein ‒ und dieses Bewusstsein war ausschließlich auf
Eberlys Botschaft fokussiert.
»Es liegt nur an euch, diese neue Welt zu erschaffen«, sagte
er ihnen. »Ihr werdet die Führer von morgen sein.«
Sie applaudierten, stampften mit den Füßen auf und pfiffen.
Holly glaubte schon, dass sie die Plattform stürmen und
Eberly auf den Schultern davontragen würden.
Der Neuankömmling drehte sich zu ihr um. »Er weiß, wie er
sie zu nehmen hat, nicht wahr?«, schrie er durch den
stürmischen Beifall.
»Er ist einfach wundervoll«, schrie Holly zurück und
klatschte aus Leibeskräften in die Hände.
Eberly lächelte strahlend und bedankte sich beim Publikum.
Schließlich trat er von der Plattform herunter und wurde
sofort von begeisterten Leuten umringt. Der Rest der Menge
löste sich langsam auf und verließ das Gebäude.
»Bin ich schon zu spät dran, oder gibt es noch etwas zu
essen?«, fragte der Neuankömmling Holly.
»Die Cafeteria macht erst morgen wieder auf«, sagte Holly.
»Aber Sie können sich etwas aus den Automaten holen«, fügte
sie hinzu und zeigte auf die Verkaufsautomaten.
Er rümpfte die Stupsnase. »Labbrige Sandwiches und Rülps-
Cola.«
Holly kicherte. »Oder sie gehen in ein Restaurant. Ich bin mir
ziemlich sicher, dass sie bis Mitternacht geöffnet haben.«
»Ja«, sagte er, »dann werde ich das wohl tun.«
Die letzten Leute gingen ‒ in Grüppchen von zwei oder drei
Leuten, die sich über Eberlys Ansprache unterhielten.
Kris Cardenas blieb neben Holly stehen. »Ich gehe auf einen
Imbiss ins Bistro 'rüber. Wollt ihr beiden mich nicht
begleiten?«
»Wieso begleitet ihr beiden mich nicht?«, fragte der
Neuankömmling.
Holly schaute auf Cardenas. Sie kannte den Mann vom
Sehen, aber sie erinnerte sich weder an seinen Namen noch an
seinen Beruf.
Er spürte ihre Irritation und sagte: »Mein Name ist Manuel
Gaeta. Ich gehöre nicht zur regulären Besatzung, sondern ich
bin…«
»Sie sind der Stuntman«, platzte Holly heraus. Nun erinnerte
sie sich wieder.
Gaeta lächelte fast scheu. »Meine PR-Berater sagen, ich sei
ein Abenteuer-Spezialist.«
»Sie sind doch derjenige, der auf die Oberfläche von Titan
hinabsteigen will.«
Er nickte. »Falls Professor Wilmot mich überhaupt gehen
lässt.«
»Wieso, um alles in der Welt, sollte jemand die Oberfläche
von Titan betreten wollen?«, fragte Cardenas.
Gaeta grinste sie an. »Weil sie nun einmal da ist. Und weil
noch niemand es getan hat.«
Sprach's, nahm die beiden Frauen am Arm ‒ je eine an einer
Seite ‒ und brach zum Bistro auf, das mitten im Dorf gelegen
war.
Professor Wilmots Labor
James Coleraine Wilmot folgte fast jeden Abend einer lieb
gewonnenen Routine. Der eingefleischte Junggeselle aß
normalerweise früh mit Freunden und Kollegen zu Abend
und zog sich dann in sein Quartier zurück, wo er sich für ein
paar Stunden bei einem guten Glas Whisky Geschichts-Videos
anschaute.
Er hatte gewusst, dass Eberly an diesem Abend irgendeine
Rede halten wollte, aber er hatte sich durch dieses Wissen
nicht von seiner allabendlichen Routine abbringen lassen.
Eberly führte die Human-Resources-Abteilung ordentlich,
sagte Wilmot sich ‒ das folgerte er zumindest daraus, dass
niemand ihm Beschwerden über die Abteilung zur Kenntnis
brachte. Er hatte zwar seine Befugnisse überschritten, indem er
es dieser Nanotech-Frau erlaubte, sich ohne Wilmots
Genehmigung der Gemeinschaft anzuschließen, aber das
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