Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
Vom Netzwerk:
Politik.«
    Farabi schaute ihn ungläubig an. »Wie du meinst«, sagte er
    leise.
    Timoschenko richtete die Aufmerksamkeit auf die
    leuchtenden Symbole, die über seine Konsole verteilt waren.
    Wieso können Menschen sich nicht so vorhersehbar verhalten
    wie Maschinen?, fragte er sich. Wieso machen die Leute nicht
    einfach ihre Arbeit und lassen mich in Ruhe?
    »Ich glaube schon«, sagte Farabi, der an der nächsten
    Konsole saß, »dass Eberly ein paar interessante Fragen gestellt
    hat. Wir sollten an der Verwaltung des Habitats beteiligt
    werden. Es ist schließlich unsere Heimat, nicht wahr?«
    Timoschenko wischte sich den Schweiß von der Stirn und
    unterdrückte die Antwort, die ihm auf der Zunge lag. Das ist
    keine Heimat, wollte er sagen, sondern ein Gefängnis. Egal,
    wie bequem es ist, es ist ein Gefängnis, und ich werde für den
    Rest meines Lebens darin eingesperrt sein, während du die
    Freiheit hast, zur Erde zurückzukehren, nachdem wir den
    Saturn erreicht haben.
    »Ich interessiere mich nicht für Politik«, sagte er stattdessen
    nur.
    »Vielleicht solltest du dich dafür interessieren.«
    »Politiker.« Er spie das Wort förmlich aus. »Sie sind doch alle
    gleich. Sie wollen nur den Chef spielen und dich nach ihrer
    Pfeife tanzen lassen. Ich will mit ihnen nichts zu tun haben.«
    Nadia Wunderly war einer der wenigen Menschen im Habitat,
    die Eberlys Empfehlung gefolgt waren und ihren Namen
    geändert hatten. Ihre Eltern, bodenständige Milchbauern aus
    New Hampshire, hatten sie auf den Namen Jane getauft, aber
    sie war immer der Ansicht gewesen, dass dieser biedere Name
    nicht zu der Abenteurerin passte, die sie im Geiste war.
    Während der ganzen Schulzeit hatte ihr das Etikett ›Biedere
    Jane‹ angehängt; sie hasste diesen Namen, obwohl sie beim
    Blick in den Spiegel schon zugeben musste, dass sie recht
    bieder wirkte. Sie hatte eine Neigung zur Dicklichkeit, der sie
    nur durch gnadenlosen Sport und asketisches Fasten
    entgegenzuwirken vermochte. Das Gesicht war auch rund,
    doch ihre großen grauen Augen hielt sie für attraktiv.
    Eulenaugen, sagte sie sich und erinnerte sich daran, dass die
    Göttin Athene auch Eulenaugen gehabt hatte.
    Wunderly experimentierte mit immer neuen Frisuren, um ihr
    dünnes, glattes Mäusehaar aufzupeppen. Als sie als Mitglied
    des Wissenschafts-Teams an Bord des Habitats kam, färbte sie
    sich das Haar sofort feuerrot und setzte sich das Ziel, bis zum
    Erreichen des Saturns zehn Kilo abzunehmen. Dann änderte
    sie noch ihren Namen in die rauchige, exotisch klingende
    Nadia.
    Während sie in den Morgennachrichten die Aufzeichnung
    von Eberlys Rede anschaute, fragte sie sich, was der Mann
    eigentlich vorhatte. Wir haben doch schon eine Regierung,
    oder?, fragte sie sich, während sie ihre Frühstücksflocken in
    Sojamilch löffelte. Und wir alle wissen doch, weshalb wir zum
    Saturn fliegen: um den Planeten und seine Monde zu
    studieren, die Lebensformen und die Ringe. Diese
    wunderschönen Ringe. Dies ist eine rein wissenschaftliche
    Mission. Begreift Eberly das denn nicht?
    Sie kleidete sich mit dem korrekten Gewand und der Hose
    und schnappte sich eins der Elektro-Fahrräder, die in den
    Ständern am Eingang des Wohngebäudes standen. Sie war
    spät dran, sagte sie sich und holte deshalb das Letzte aus dem
    lautlosen Elektromotor des Zweirads raus, während sie auf
    dem gewundenen Pfad zu den Wissenschafts-Büros auf dem
    Hügel fuhr. Auf dem Rückweg werde ich aber in die Pedale
    treten, sagte sie sich. Dadurch lade ich die Batterie auf und
    verbrenne gleichzeitig noch ein paar Kalorien.
    Nadia grüßte alle, während sie durch die Korridore zu ihrem
    Arbeitsplatz eilte. Dabei handelte es sich um eine Kammer, die
    kaum groß genug war, um einen Schreibtisch, Stuhl und ein
    paar Aktenregale darin unterzubringen. Sie sah Dr. Urbain
    vorbeieilen; er war zu schnell wieder weg, als dass sie mit ihm
    Blickkontakt herzustellen vermocht hätte. Später, sagte sie
    sich. Wenn ich das Konzept ausgearbeitet habe, werde ich es
    ihm zeigen.
    Sie begab sich an die Ausarbeitung des Projekts. Urbain
    verlangte von jedem Wissenschaftler seines Stabes einen
    umfassend dokumentierten Forschungsplan. Die anderen
    brannten darauf, Titan und die dort lebenden Organismen zu
    studieren. Sie wetteiferten miteinander wie graduierte
    Studenten, die eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu
    ergattern versuchten. Damit hatte Nadia kein Problem. Sie
    interessierte sich

Weitere Kostenlose Bücher