Schatten der Liebe
eventuelle Streitigkeiten unter den Männern auszuschalten, wer wo sitzen würde. Der einzige, der nicht verspannt wirkte, war Joe O'Hara, der die allgemeine Unsicherheit dadurch noch verstärkte, daß er grinsend »Guten Abend, Mrs. Farrell« sagte.
Zwei Flaschen Dom Perignon standen in silbernen Eiskübeln neben dem Getränkefach des Wagens. »Wie wär's mit einem Schluck Champagner? Ich würde ...«, begann Lisa, aber im selben Moment setzte sich die Limousine mit einem ungeheuren Vorwärtsruck in Bewegung, der sie in die Polster zurückwarf und nach Luft schnappen ließ.
»Jesus Maria!« rief Parker, den derselbe Ruck nach vom schleuderte, da er gegenüber den beiden Damen Platz genommen hatte. »Ihr verrückter Fahrer hat soeben vier Spuren auf einmal überquert und außerdem eine rote Ampel überfahren!«
»Er weiß genau, was er tut«, erwiderte Matt, der extrem laut sprechen mußte, um das dröhnende Hupen verärgerter Autofahrer zu übertönen. Keiner von ihnen bemerkte, daß ein alter Chevrolet ihnen mit gleichem Tempo folgte und in verzweifelter Eile immer dann die Spuren wechselte, wenn O'Hara es tat. Während sich die Limousine dem Expressway näherte, hob Matt eine Flasche Champagner aus dem Eisbehälter und ließ den Korken knallen. »Herzlichen Glückwunsch zu deinem dreißigsten Geburtstag«, sagte er und überreichte Meredith das erste Glas. »Ich bedaure wirklich, daß ich die letzten elf verpaßt habe ...«
Das Restaurant, das Matt ausgewählt hatte, war Meredith völlig unbekannt, aber es gefiel ihr auf den ersten Blick. Es hieß Manchester House und war nach Art eines englischen Pubs eingerichtet, hatte Butzenscheiben und eine dunkle Holztäfelung. Eine große Lounge erstreckte sich über die gesamte Breite des Hauses und war von den kleinen, gemütlichen Speisezimmern durch efeubewachsene Spaliere abgetrennt. In der Lounge waren eine Menge Leute versammelt, darunter eine Gruppe von etwa zwanzig Männern und Frauen, die hier ihre Weihnachtsfeier abhielten. Nach den Lachsalven zu schließen, die von ihrem Tisch und auch von der Bar herkamen, war die Stimmung vorzüglich.
»Das wäre der letzte Ort, den ich ausgesucht hätte, um Merediths Geburtstag zu feiern«, stichelte Parker und blickte Matt verächtlich an, während sie sich setzten.
Da Matt um Merediths willen keinen Streit haben wollte, nahm er sich zusammen und erwiderte nur kurz: »Ich könnte mir auch etwas Besseres denken, aber da wir in Ruhe essen wollen, mußte es ein relativ dunkles und abgelegenes Lokal sein.«
»Komm, Parker, es wird bestimmt lustig«, versprach Meredith, und es gefiel ihr wirklich - die englische Atmosphäre und die nicht zu laute Musik, für die eine Live-Band sorgte.
»Die Band ist nicht schlecht«, stimmte Lisa zu und lehnte sich vor, um die Musiker besser sehen zu können. Eine Sekunde später bekam sie große Augen, als Matts Chauffeur die Lounge betrat und an der Bar Platz nahm. »Matt«, lachte sie ungläubig, »ich glaube, Ihr Chauffeur hat soeben beschlossen, nicht länger draußen in der Kälte zu warten, sondern hier ein Bier zu trinken.«
Ohne den Kopf in seine Richtung zu wenden, sagte Matt: »Joe trinkt Cola, kein Bier, wenn er arbeitet.«
Ein Ober erschien, um ihre Getränkewünsche entgegenzunehmen, und Meredith sah keinen Grund, Lisa zu erzählen, daß Joe gleichzeitig als Leibwächter fungierte - zumal sie das selbst am liebsten vergessen hätte.
Nachdem er ihre Bestellung aufgenommen hatte, kehrte der Ober an die Bar zurück und wollte gerade seine Order an den Barkeeper weiterleiten, als ein kleingewachsener Mann mit einem ausgebeulten Trenchcoat neben ihn trat und sagte: »Willst du dir 'n leichten Hunderter verdienen, Mann?«
Der Ober fuhr herum. »Wie?«
»Laß mich einfach 'ne Weile hier hinter dem Spalier stehen.«
»Warum?«
»Weil an einem der Tische da ein paar wichtige Gäste sitzen und ich meine Kamera unter dem Mantel habe.« Er streckte ihm seine Hand entgegen, in der neben dem Presseausweis einer bekannten Boulevardzeitung eine säuberlich gefaltete Hundert-Dollar-Note lag.
»Passen Sie auf, daß Sie keiner sieht«, sagte der Ober und steckte das Geld ein.
Am Kassa-Pult griff der Besitzer des Restaurants zum Telefon und wählte die Privatnummer von Noel Jaffe, einem bekannten Restaurantkritiker. »Noel«, sagte er und drehte sich ein wenig zur Wand, damit die soeben neu ankommenden Gäste nicht mithören konnten, »hier ist Alex vom Manchester House. Sie erinnern
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