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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Dunst lastete über dem Tal, und sie begriff jetzt, dass es hier auch tagsüber nicht hell wurde. Noch war Fandur nicht zu sehen, so spähte sie aufmerksam umher, ob nicht irgendwo die Quelle dieser unheimlichen Stimme zu entdecken war. Doch weder unter der nebelgrauen Kuppel noch am Boden der Ebene rührte sich etwas. Starr reckten die Bäume ihre kahlen Äste, stumm ragten die Felsen, schweigend reihten sich in weiter Ferne schwarze Gipfel und Rücken zu einer Bergkette. Fast war sie erleichtert, als sich dort kleine, dunkle Pünktchen in die Luft erhoben, zu schmalen Doppellinien wurden und die Rabenschar in die Ebene hineinflog. Da erschien auch Fandur, der jetzt seine Verwandlung vollzogen hatte, er stieß unweit der Fensternische in den grauen Himmel auf, ein blauschwarzer Vogel, groß wie ein Mensch. Je weiter er sich entfernte, desto mehr schrumpfte sein Körper, und als er seine Genossen erreicht hatte, erschien er ihr nicht größer und nicht kleiner als die übrigen Raben auch.
    Was trieben sie eigentlich, diese Rabenkrieger? Sie kämpften, hatte er ihr erzählt. Erschienen sie überall dort, wo Kriege ausgebrochen waren, um dem Schwachen zu seinem Recht zu verhelfen, so wie Fandur es im Hügelland getan hatte? Das wäre eine edle, ritterliche Bestimmung, doch irgendwie konnte sie nicht so recht daran glauben. Viel eher schien ihr, dass diese Burschen einfach Spaß daran hatten, sich in einen Kampf zu stürzen und Beute zu machen, ganz gleich, ob sie dem Schwachen oder dem Starken beistanden. Möglicherweise standen sie sogar niemandem bei, sondern kämpften auf eigene Rechnung, wo die Gelegenheit sich bot? Woher hatte Fandur sonst all diese Schätze?
    In dem Rabenschwarm schien es Streit zu geben, es wurde heftig geflattert und aufeinander eingehackt, und das zornige Krächzen drang bis zu ihr hinüber. Hatte Fandur Ärger bekommen? Sollte sie vielleicht deshalb die Burg nicht verlassen, weil er Sorge hatte, einer seiner Rabenkollegen könne sie erspähen und entführen? Der Schwarm entfernte sich jetzt immer weiter aus ihrem Blickfeld, strebte wieder hinüber zu der dunklen Bergkette, und bald wurden die schwarzgefiederten Krieger zu kleinen Tupfen, die sich im Grau des dunstigen Himmels verloren.
    Sie warf noch einen Blick hinunter in den Abgrund, erschauerte vor der steilen Wand und den zackigen Felsvorsprüngen, doch jetzt erkannte sie auch einen schmalen Pfad im Fels, der in weit gezogenen Kehren abwärts führte, an manchen Stellen nicht breiter als zwei Hände und von weißem Firn bedeckt. Ein Weg des Todes für den, der seine Füße nicht sicher zu setzen wusste. Langsam kroch sie rückwärts aus der Nische, kauerte sich vor dem Kamin zusammen und wärmte sich auf.
    Die Zwergin war ohne ein Geräusch in den Raum gekommen, um das Feuer im Kamin wieder in Gang zu bringen, und Alina fiel erst jetzt auf, dass dort schwarze Kohle und kein Holz brannte. Das Frühmahl stand genau wie am Tag zuvor für sie bereit, es waren die gleichen Schüsseln und auch der gleiche Inhalt, allzu viel Abwechslung war also nicht zu erwarten.
    »Ich habe Kleider gebracht«, wisperte Gora. »Schöne Kleider. Kleider für eine Fee.«
    Sie verschwand fast unter der Flut der Stoffe, denn sie hatte Unterkleid, Obergewand, Mantel und auch ein Paar zierliche Fellpantöffelchen herbeigeschleppt. Die Gewänder fanden Alinas Gefallen, denn sie schillerten in den Farbtönen, die der Wald im Frühling anlegt, junge Blättchen und dunkles Moos, hellbraune Triebe und knorrige Stämme, rostrote Knospen und zarte gelbe Blüten. Die Stoffe erschienen ihr fremd, denn sie hatten einen seltsam schönen Glanz, sie schmiegten sich weich an den Körper. Obgleich sie so zart gewebt waren, dass man kaum ein Fädchen sehen konnte, wärmten sie, als seien sie aus schwerer Wolle. Alina drehte und wendete sich, damit die Gewänder sich bauschten, und sie hatte das Gefühl, leicht wie der Wind und voller Leben zu sein.
    »Gora kennt Feengewänder«, piepste die Zwergin mit Stolz. »Zwerge bewahren sie auf. Geben sie nicht her. Nur für Etains Tochter zum Geschenk.«
    Alina hörte auf, sich zu drehen und blickte die Zwergin neugierig an.
    »Dann stammen diese Kleider gar nicht aus Fandurs Truhen!«
    »Nicht Geschenk des Rabenkriegers. Mein Geschenk. Aus den Kammern tief im Berg. Zwergenkammern. Morin hat sie geschlagen vor langer Zeit.«
    Es klang verheißungsvoll. Vielleicht gab es ja tatsächlich einen Gang, der durch den Berg hindurch zum gläsernen

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