Schattenjagd
hüllen, durch mich kann dein Leben eine Fülle an Freuden sein, Kleines. Ich kann so großzügig sein, wenn du mich nur ließest. Wenn du nur eine Winzigkeit einlenken und zulassen würdest, dass ich dir einen Stoß in die richtige Richtung gebe, nur ein Stückchen. Gar nicht viel. Du bist so kurz, so unglaublich kurz davor.“
Ich habe mich schon so weit gewandelt, wie ich je könnte. Ich schnappte nach Luft, hörte ein gequältes Stöhnen. Wie eine Frau in den Qualen der Leidenschaft. Oder im Todeskampf. Nur so viel zu deiner neuen Vorgehensweise, Perry – sie ist scheiße. Ich bin mit fünfzehn schon besser gevögelt worden.
Ich schämte mich abgrundtief, als ich mich selbst stöhnen hörte. Das war meine Stimme. Meine eigene Stimme. Ich begann, mich gegen die Sinnesflut, die von der Narbe, diesem kleinen fransigen Lippenabdruck, ausströmte, zu wehren.
„Du … kannst mich mal“, keuchte ich. „Ich hasse dich!“ Dann versagte mir die Stimme und ich rang nach Luft.
„Oh, Kiss. Meine arme, arme Kismet“, hauchte er, und ekelig ölige Feuchtigkeit benetzte meine Haut. Die Narbe pulsierte heftiger, und die Finsternis hinter meinen Augenlidern wurde von einem Feuerwerk zerrissen, während das zerfetzte Leder meines Mantels über den Teppich wetzte. „Warum nur zwingst du mich, so grausam mit dir umzuspringen?“ Kräftige Hände legten sich auf die Vorderseite meines Mantels. Mein Kopf fiel zurück, und der Rubin an meinem Hals spuckte zischend einen blutroten Funken. Perry erwiderte das Zischen im formlosen Getöse von Helletöng. „Soll ich dir zeigen, was dir bisher entgangen ist?“
Noch während er mich hochhob, legten sich meine Finger um den Messerknauf, der Silberring auf meiner Haut wurde glühend heiß. Es war schwer, trotz der überwältigenden Begierde und der aufwallenden Hitze einen klaren Gedanken zu fassen, als wie zufällig Luft über die Narbe streifte. Abermals durchfuhr es mich, und meine Hüfte kippte vor, mein Körper krampfte vor giftigem Verlangen. Ich packte zu, geöltes Metall fuhr aus seiner Scheide, und mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, holte ich aus. Fühlte, wie die Schneide durch das Fleisch glitt wie durch Butter.
Ich fiel. Mein Kopf schlug auf – ein Bettpfosten. Er hatte mich geworfen, als wöge ich nichts. Dann der schmerzhafte Aufprall. Einen Moment lang dröhnte mir der Kopf, bis ich wieder zu mir kam und mich aufrappelte. Meine Hose war warm im Schritt, zu warm, der durchnässte Stoff meines Höschens rieb gegen empfindliches Gewebe und ich verkniff mir einen Fluch. Geil wie die Hure, die ich offensichtlich war …
Falsch. Wie die Hure, die ich einmal gewesen war. Wenn ich heutzutage mit jemandem ins Bett steige, dann, weil es mir was bedeutet. Ich hatte den alten Job an den Nagel gehängt.
Und da wird er bleiben. Für alle Ewigkeit.
Mit dem alten Leben hatte ich abgeschlossen, an jenem Tag, als ich den Mann erschossen hatte, der mich ausgebeutet hatte. Und an jenem anderen Tag, als ich hinab zur Hölle gefahren war und von dem ersten Mann wieder zurückgeholt worden war, der mich je beschützt hatte. Dem einen, der vor meinem Todesaltar gekniet hatte, den Rubin, durchtränkt von unser beider Blut, fest umklammert. Dem einen, der mich zurück ins Licht gezogen hatte. Der Erste und Einzige, der nicht nur Titten und Arsch gesehen, sondern meine Wut, mein Talent, meine Stärke und meine Reflexe erkannt hatte.
Meine Fähigkeit, eine Jägerin zu werden.
Röchelnd sammelte ich mich wieder. Und hoffte inständig, dass Michail zur Hölle noch mal recht behalten würde und ich bei dieser Sache hier im Vorteil war.
Denn es fühlte sich verflucht noch mal nicht danach an.
Perry hob seine blutigen Finger an den Mund und leckte sie genüsslich ab, seine rot glühende Zunge schleckte über zähe schwarze Flüssigkeit. Auf seinem Bauch verlief ein tiefer Schnitt. Gar nicht übel, mein Treffer. „Noch so eine reizende Liebenswürdigkeit von dir.“
Ich hob das Messer. Jetzt klappte es wieder mit dem Gleichgewicht, auch wenn mein Herz dröhnte. „Versuch das noch mal, du Arschloch, und ich bring dich um.“
„Wenn du das tust, wird deine Kraft auf der Stelle um einige Größenordnungen schrumpfen.“ Wieder berührte er die Wunde nahe seinem Becken. Dünner werdendes, flüssiges Schwarz rann sein Hosenbein hinunter. Da hatte ich schon wieder einen Anzug samt dem feinen Hemd zerstört. „Ich bin immerhin der Teufel, wie du ja weißt. Du solltest mich besser
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