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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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die Bürgerinitiative engagierte. Im Grunde war sie eine Einzelgängerin, eine Individualistin, die ihr Privatleben wie einen kostbaren Schatz hütete. Ihre Mutter war die Menschenfreundin in der Familie, und Daniel hätte es nie für möglich gehalten, dass Sage so bereitwillig in Liz Danvers’ Fußstapfen treten würde. Ihre Handlungsweise bestürzte ihn. Aber warum sollte sie sich nicht verändert haben? Viele Menschen ändern sich im Lauf ihres Lebens. Auch ihm selbst war es so ergangen. Warum sollte sie nicht reifer geworden sein, ebenso wie er? Und wieso störte ihn der Gedanke an eine gereifte Sage? Anfangs hatte ihn diese Vorstellung nur ein bisschen irritiert, jetzt quälte sie ihn geradezu.
    Nach seinem grausamen Verhalten in jener Nacht hatte er seine Gewissensbisse nie ganz überwinden können, sich niemals verziehen, dass er unfähig gewesen war, die Situation etwas feinfühliger zu meistern. Er wünschte sich immer noch, die Dinge hätten sich anders entwickelt. Wäre er reifer gewesen, hätte er einen Weg durch das Dickicht emotionaler Dornen rings um Sages Herz gefunden, eine Möglichkeit, sie herauszuführen, zu befreien vom Trauma ihrer Liebe zu Scott und sie veranlasst, ihn wenigstens als Freund zu betrachten. Aber als sie ihren Hass und ihre Abscheu so deutlich zeigte, war er zu aufgewühlt, um klar zu denken, um sich zu fragen, warum sie ihm so heftige Gefühle entgegenbrachte, ob sie ihn vielleicht doch begehrte. Hatte sie voller Zorn – vielleicht unbewusst – ein unwillkommenes Verlangen bekämpft oder sich davor gefürchtet?
    Nun, die Zeit ließ sich nicht zurückdrehen, der Wunsch, er hätte damals anders gehandelt, war sinnlos. Und trotz seines logischen Verstandes bewog ihn sein keltisches Erbe zu glauben, dass gewisse Dinge vom Schicksal bestimmt wurden, dass menschliche Bemühungen nichts daran ändern konnten.
    Auf der Schnellstraße trat er das Gaspedal durch. Wenn es der Himmel und die Verkehrspolizei wollten, würde er Cottingdean doch noch pünktlich erreichen. Das war ihm plötzlich sehr wichtig.
    Halb neun. Allmählich geriet Sage in Panik. Es war ihr nicht anzumerken. Sie hatte längst gelernt, ihre Gefühle zu verbergen. Aber in ihrem Innern tobte ein Aufruhr. Verängstigte Schmetterlinge schienen in ihrem Magen umherzuflattern, ihre Muskeln verkrampften sich zusehends. Die Belastung der Tortur, die auf sie zukam, begann den Panzer ihrer Selbstkontrolle zu durchbrechen.
    Es half ihr nicht, sich immer wieder vorzusagen, sie habe diese Konfrontation mit Daniel selbst arrangiert. Ihre Hände wurden feucht. Wenn ihn ihre Drohungen nicht beeindruckten … Oder wenn er nachgab – was würde es nützen? Sollte seine Baufirma aus dem Projekt ausscheiden, mochte das der Regierung gewisse Schwierigkeiten bereiten. Aber sie würde bald ein anderes Unternehmen finden und die Straße doch noch bauen lassen.
    Nun, dachte Sage, falls es mir gelingt, Daniel zu erpressen, gewinne ich wenigstens Zeit. Genug Zeit, damit Mutter sich erholen und die Sache wieder in ihre eigene Hand nehmen kann …
    Und wenn die Mutter sich nicht erholte? Wenn …? Sage biss sich auf die Lippen. Liz musste am Leben bleiben. Immerhin bekundeten die Ärzte einen gewissen Optimismus. Sie sei eine starke Frau, meinten sie. Aber noch nicht stark genug, um sich der erforderlichen Operation zu unterziehen …
    Mit brutaler Offenheit hatte Alaric Ferguson die Überlebenschancen der Patientin dargelegt. Der Unfall hatte ein Blutgerinnsel verursacht. Der Versuch, es ohne Operation aufzulösen, war erfolglos gewesen. Nun musste man warten, bis die Mutter zu Kräften kam, bis sie nicht mehr mit Sedativa behandelt werden musste, die ihrem Körper über den Unfallschock hinweghalfen.
    Danach durfte man den Eingriff wagen. Alles sei eine Frage der Zeit, hatte man Sage erklärt. Der verantwortliche Chirurg würde bestimmen, wann die Operation durchgeführt werden könnte. Sein Urteil bedeutete für Liz Leben – oder Tod.
    Sage erschauerte und fragte sich, ob die Mutter irgendwie wusste, wie oft die Tochter an sie dachte, für sie betete, wie inständig sie die Genesung herbeisehnte – nicht nur von Schuldgefühlen oder Reue bewegt, sondern auch von Liebe.
    Es drängte Sage, noch mehr von dieser Frau zu erfahren, die sie infolge der Tagebücher schon so gut kennengelernt hatte. Sie wollte mit ihr reden, herausfinden, warum Liz ihr früher fremd gewesen war, ihr sagen, welch große Bewunderung sie ihr entgegenbrachte, wie sehr

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