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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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…“
    „Und Edward könnte nicht ohne dich leben, zumindest nicht in diesem Haus. Ein Heim würde ihn umbringen.“
    „Genau das habe ich mir auch gesagt. Ich wollte mit Lewis gehen und endlich mein Glück finden. Aber ich trennte mich von ihm und redete ihm sogar ein, er würde mir nichts bedeuten. Es war das Schwierigste, was ich je getan hatte. Und kein Leid in meinem künftigen Leben kann schlimmer sein als der Schmerz um diesen Verlust.“ Neue Tränen glänzten in ihren Augen, und die Barriere ihrer üblichen Zurückhaltung wurde von übermächtigen Gefühlen durchbrochen. „Ian – ich muss das Baby abtreiben lassen. Es gibt keine andere Möglichkeit. Ich will es nicht, weiß Gott, aber habe ich denn eine Wahl? Selbstverständlich dürfte ich dich nicht darum bitten – aber würdest du … Da du Arzt bist, kennst du sicher jemanden, der …“
    Zunächst fehlten ihm die Worte. So viel hatte sie schon ertragen. Und was sie jetzt beabsichtigte, von ihm verlangte … „Bist du verrückt?“, stieß er schließlich hervor. „Erstens ist eine Abtreibung illegal, zweitens müssen es viele Frauen mit dem Leben bezahlen, wenn sie zu irgendwelchen Pfuschern gehen. Die meisten dieser Schlächter sind nicht einmal ärztlich ausgebildet, und ich begreife nicht, warum sich so viele Frauen an solche Leute wenden.“
    „Weil ihnen nichts anderes übrig bleibt“, entgegnete Liz grimmig, „weil sie verzweifelt sind. Solange unsere Gesellschaft ledige Mütter und uneheliche Kinder ächtet und demütigt, wird es immer wieder Frauen geben, die sich irgendwelchen Hintertreppenpfuschern ausliefern. Auch ich bin dazu gezwungen. Edward hat bereits David als seinen Sohn akzeptiert, und ich kann nichterwarten …“
    Der Doktor unterbrach sie sanft: „Willst du dieses Kind?“
    Langsam nickte sie. „Mehr als alles auf der Welt. Es wäre das Einzige, was ich von seinem Vater hätte …“
    Das schlichte Geständnis krampfte sein Herz zusammen. „Soll ich mit Edward sprechen?“
    „Nein, er darf es nie erfahren. Er hat schon genug gelitten. Versprich mir, ihm nichts zu verraten.“
    Er gab ihr sein Wort, obwohl er wusste, dass er es brechen würde. Der Gedanke, Liz einer lebensbedrohlichen Abtreibung auszusetzen, war ihm unerträglich. Irgendwie musste er ihr helfen. „Unternimm nichts, bevor ich nachgedacht habe“, bat er. „Gib mir eine Woche Zeit. Ich werde Erkundigungen einziehen.“ Es bedrückte ihn, sie belügen und hintergehen zu müssen, doch er sah keine andere Möglichkeit.
    Ian verschwendete keine Zeit. Bei der erstbesten Gelegenheit sprach er mit Edward. Glücklicherweise war Liz vom Ministerium, das regionale Industrielle unterstützte, zu einem Empfang nach Bath eingeladen worden.
    Er traf Edward allein in der Bibliothek an. Obwohl der Patient körperlich wieder Kräfte sammelte, zeigte sein Gesicht die unnatürlich fahle Blässe eines Menschen, der sich viel zu selten an der frischen Luft aufhielt. Innerhalb kürzester Zeit war er drastisch gealtert.
    Ohne Umschweife kam Ian zum Thema und wartete dann, während Edward den ersten Schock überwand.
    Nach einem langen, drückenden Schweigen fragte der Invalide: „Hat Liz dich gebeten, mir das mitzuteilen?“
    „Im Gegenteil, sie nahm mir das Versprechen ab, dir nichts zu erzählen. Und mich weihte sie nur ein, um mir den Namen und die Adresse eines Abtreibungshelfers zu entlocken.“ Ian sah, wie Edward bei diesen Worten zusammenzuckte, und schöpfte Hoffnung. „Ich fragte sie nach dem Vater – und da versicherte sie mir, sie würde dich niemals verlassen, ihr Platz sei hier, bei dir und David.“ Dass Edward sie mit seiner Schwäche und Abhängigkeit an sich kettete, brauchte nicht eigens erwähnt zu werden. „Denk gut nach“, mahnte der Doktor. „Es ist eine große Zumutung für einen Mann, das Kind eines anderen als eigenes anzunehmen – eines anderen, der die Ehefrau geschwängert hat. Nur ein sehr tapferer Mann kann das schaffen. Liz würde dich niemals darum bitten. Mein hippokratischer Eid verbietet mir, ihr die Information zu geben, um die sie mich ersucht hat. Ein Arzt ist verpflichtet, Leben zu erhalten, deshalb muss ich mein Bestes tun, um die Abtreibung zu verhindern. Sollte Liz trotzdem Mittel und Wege finden und sich in die Hände eines Pfuschers begeben, könnte sie sterben. Aber ich würde jedem Mann abraten, das Kind eines anderen zu akzeptieren, wenn er unfähig wäre, es zu lieben – und die Mutter ebenso.“
    Liz – schwanger.

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