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Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan

Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan

Titel: Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Liew
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entweder den fertig entwickelten Käfer oder man ersteht die Larven und hofft auf eine erfolgreiche Kinderstube. Stadtbewohner kaufen Käfer, die Kinder auf dem Land suchen sich ihre Tierchen selbst. In den Wäldern halten sie Ausschau nach Hornkäfern. Finden sich keine, tun es auch Riesenameisen oder Regenwürmer. Mit großen Schmetterlingsnetzen streifen sie durch die Reisfelder und fangen Libellen. Eigentlich braucht man dafür nur den Zeigefinger in die Luft zu recken, Libellen landen gerne darauf.
    In Japans schwül-heißem Sommer herrscht kein Mangel an Insektennachwuchs, schon seit Jahrhunderten ist das Halten von Krabbeltieren eine beliebte Beschäftigung im ostasiatischen Raum. Der kindliche Thronerbe in Bernado Bertoluccis China-Film „Der letzte Kaiser“ spielt mit einer Grille in einem winzigen Kästchen, als ihn die Nachricht vom Tod der mächtigen Kaiserinwitwe Cixi ereilt. In Japan halten sich Jungen ihre Grillen im heimischen Hausflur gleich auf dem Schuhschrank. Andere hüten dort ihre Goldfische, die sie auf einem Matsuri, einem Schreinfest, gewonnen haben. Für den Heimweg kommen die Fischlein in eine kleine Plastiktüte. Allzu oft überstehen sie die Strapazen nicht. Zudem haben einige von ihnen die unangenehme Angewohnheit, in Kamikaze-Manier immer wieder aus dem Wasserbecken zu springen. Auch das empfindet kaum jemand als besonders tragisch. Stirbt ein Goldfisch, besagt ein Sprichwort, hat er das Unglück der Familie auf sich geladen und so seine Aufgabe auf Erden erfüllt.
    Dem großen Bruder des Goldfisches, dem edlen Brokatkarpfen, ergeht es da weitaus besser. Als Statussymbol im Wert von mehreren Tausend Euro wird er gewöhnlich professionell gehegt und gepflegt. Der Koi braucht einen Teich, der wiederum Teil einer Gartenanlage ist. Und den haben in ausreichender Größe nun mal nur die sehr viel Besserverdienenden. Hat man dazu nicht das Geld, lassen die Leute die Finger von den beliebten Zierkarpfen und füttern sie lieber mit Begeisterung in den Gewässern der öffentlichen Parks.
    Galten lange Zeit Zierfische, Insekten oder auch mal eine Katze als die klassischen Haustiere Japans, muss es nun unbedingt ein Hund sein. „Soll ich dir mal unser Geheimnis zeigen?“, fragt mich das kleine Nachbarsmädchen und öffnet stolz ihre Tasche. Darin sitzt ein kleiner Papillon, ein Zwergspaniel, und guckt mich mit großen Augen an. „Mama hat gesagt, wir dürfen nicht sagen, dass wir jetzt einen Hund haben. Das ist doch verboten!“ Die große Schwester macht resolut die Tasche wieder zu und schimpft die Kleine für das Verplappern aus. Doch dann siegt auch bei ihr die Erzähllust. „In der Wohnung dürfen wir doch keine Hunde halten. So schmuggeln wir Mimi jeden Tag in den Park. Sie ist doch so süß!“
    Seit knapp 15 Jahren befindet Japan sich in einer Art Hunderausch. Nach dem Platzen der Wirtschaftsblase besann man sich wieder mehr auf Heim und Herd. Und dazu gehört, so suggerierte damals schon kräftig die Werbung, natürlich auch ein Hund. Innerhalb von drei Jahren stieg die Anzahl der Hundehalter von 1,5 auf 11,3 Millionen. Heute gilt der Hund als Japans beliebtestes Haustier, nur welche Rasse gerade besonders populär ist, wechselt regelmäßig. Wesenszüge oder gar Ansprüche des Hundes zählen dabei kaum. Einzig wichtig ist das Image, das der Hund zu vermitteln hat. Zum Auftakt des Hypes waren große Rassen wie der Golden Retriever und Siberian Husky gefragt, denkbar ungeeignet für Japans enge Wohnverhältnisse und seine Tropentemperaturen. Mit dem Disneyfilm „101 Dalmatiner“ folgten die gepunkteten Vierbeiner, mit Paris Hilton kam der Chihuahua. Sein runder Apfelkopf und die großen Augen erinnern in ihrer Form stark an niedliche Babygesichter und so wird der kleine Schnapper besonders von den japanischen Frauen heiß geliebt, die noch keine Lust auf eine eigene Familie haben, aber gleichzeitig das Gefühl vermissen, gebraucht zu werden. Ein vierbeiniger Liebling ist der ideale Lückenfüller. Er wird gebadet und angekleidet, mit Leckerlis aus garantiert kontrolliertem Anbau verwöhnt und beinahe ständig auf dem Arm getragen. So ein kleiner Hund passt auch ausgewachsen in praktisch jede Handtasche, und was gibt es nicht alles an entzückendem Zubehör zu kaufen! Ganz wie Frauchen trägt Lucky, Cherry oder Moko mal einen Kimono oder einen Rüschenrock, für die Jungs gibt's eine Jacke im Militarylook. Da legt man gerne 100 Euro und mehr hin, hat doch schon die Leine von Louis

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