Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
seiner Frau, als würde ihm erst jetzt bewusst, dass sie mit ihm wachte und vielleicht Hunger haben könnte, und sagte: » Ja, hier, doch nichts für mich. Ich verspüre keinen Hunger. Doch du, meine Liebe, musst etwas essen.« Dann sank er wieder in sich zusammen.
Die Magd vollführte einen halben Knicks und zog sich unter unbeholfenen Ehrbezeugungen zurück. Kurz entschlossen stand Shahila auf und folgte ihr. Vor der Hallentür nahm sie die Magd zur Seite. » Du bist recht fleißig, wie mir scheint, und du bist früh auf den Beinen, wofür ich dir danken sollte, Mädchen.«
» Danke, Herrin«, stammelte die Magd und vollführte einen weiteren ungeschickten Knicks.
» Auch scheinst du etwas verständiger zu sein als die anderen Mägde, mit denen ich gesprochen habe, was übrigens auch meinem Mann, dem zukünftigen Herzog, nicht entgangen ist.«
Die Magd lief rot an.
» Du kannst es weit bringen, Mädchen, wenn du weiter klug bleibst. Ein Zeichen von Klugheit wäre nun, mir eine Frage zu beantworten. Willst du das tun?«
Die Magd nickte stumm. Sie schien sich in Shahilas Gegenwart unwohl zu fühlen.
» Ich habe das Gefühl, dass mir die Dienerschaft aus dem Wege geht und viel lieber den Befehlen meines Mannes als den meinen folgt, obwohl ich für ihn spreche. Kannst du mir das erklären?«
Die Magd schüttelte den Kopf.
» Aber es gab doch vor mir schon andere Frauen, Herzoginnen, die in dieser Burg etwas zu sagen hatten, die Befehle erteilten. Und denen hat man doch sicher gehorcht. Ist es nicht so?«
Die Bedienstete starrte verlegen zu Boden und murmelte eine Bejahung.
» Also? Was ist der Grund für dieses beleidigende Verhalten? Ist es, weil ich eine Fremde aus dem Süden bin, eine Oramari?«
» Ich weiß keinen Grund, Herrin. Verzeiht, ich habe zu tun!« Und mit diesen Worten drehte sie sich um und hastete davon.
Shahila starrte ihr hinterher. Sie hatte verlegene Entschuldigungen erwartet, Ausflüchte, ein Leugnen der Tatsachen – aber Flucht? Das hieß, es gab vielleicht einen anderen, tieferen Grund für das bockige, beinahe feindselige Benehmen der Dienstboten. Sollten sie etwa ahnen, dass sie den Herzog …? Nein, das war undenkbar. Viele Zeugen hatten ihren Bruder Sahif in der Kammer des Herzogs gesehen. Jeder wusste, dass er ein Schatten war, und er war geflohen, was doch einem Schuldeingeständnis gleichkam. Und die Beweise, die sie so sorgfältig gefälscht hatte, ließen Meister Quent als den Drahtzieher der Verschwörung erscheinen. Nein, das merkwürdige Verhalten dieser Magd musste einen anderen Grund haben.
» Ah, die gnädige Herrin!«, rief eine Stimme. » Wie günstig, dass ich Euch außerhalb der Halle antreffe, denn es wäre mir doch sehr unangenehm, die Totenwache zu stören.« Es war Anotan Ordeg, der Verwalter der Kanzlei.
» Was gibt es?«, fragte Shahila unwillig. Sie mochte es nicht, aus ihren Gedanken gerissen zu werden.
» Ärger, gnädige Herrin, Ärger. Die Klageweiber. Sie wollen ihren Dienst nicht versehen, wenn sie nicht die Hälfte des Totengeldes im Voraus bekommen.«
Shahila runzelte die Stirn. » Ist das üblich?«
» Nein, Herrin, durchaus nicht. Aber es scheint, als habe sich bereits in der ganzen Stadt herumgesprochen, dass unsere Schatzkammer ausgeraubt wurde, und nun will niemand mehr irgendetwas tun, wenn er nicht im Voraus ein wenig Geld sieht.«
» Nun, dann gebt diesen Krähen doch, was sie wollen, Ordeg.«
» Leider kann ich das nicht, gnädige Herrin, denn unsere Kasse ist völlig leer, seit der Adlatus, ich meine, Kanzler Hamoch, das letzte Silber für wichtige Forschungen in Anspruch genommen hat.«
» Bahut Hamoch?«
» Er ist jetzt doch auch Kanzler, gnädige Herrin.«
Das wurde ja immer besser. Am liebsten wäre sie sofort in die Katakomben hinabgestürmt, um Hamoch zur Rede zu stellen. Der Zauberer schien vergessen zu haben, welche Verantwortung er seit dem Tod seines Meisters trug. Sie atmete tief durch. Diese Wut, die sie in sich fühlte – sie wusste, es war ein Erbteil ihrer Familie, ihres Vaters, den man den Großen Skorpion nannte. Sie wollte sich nicht davon beherrschen lassen. Mit Hamoch würde sie nach der Beisetzung sprechen.
» Hat Hamoch denn wenigstens alles für die Zeremonie vorbereitet?«
» Das hat er mir übertragen, Herrin. Die Ehrenwache und die Kutsche stehen bereit, und wenn ich nur die Klageweiber bezahlen könnte, wäre ein würdevoller Zug durch die Stadt zu erwarten, Herrin.«
» Es sollte sich noch ein
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