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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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der Filiale in Wirklichkeit gar niemanden angesprochen , sondern nach jemandem gefragt .«
    »Sie meinen nach Malina?«
    Verhoeven nickte. »Angenommen, die Geiselnehmer sind auf der Suche nach einer bestimmten Person, von der sie wissen, dass sie Malina heißt oder so genannt wird und dass sie sich zum betreffenden Zeitpunkt in der Filiale aufhält.«
    »Woher sollten sie das wissen?«, unterbrach ihn Goldstein stirnrunzelnd.
    Verhoeven überlegte einen Augenblick. »Vielleicht haben sie einen entsprechenden Tipp bekommen.«
    »Einen Tipp? Von wem?«
    »Keine Ahnung. Aber mal angenommen, Malina ist tatsächlich so eine Art Deckname ...« Verhoeven fühlte, wie er sich langsam, aber sicher in seiner eigenen Theorie verhedderte. Um den erwartungsvoll-skeptischen Gesichtern seiner Kollegen wenigstens für ein paar Sekunden zu entkommen, sah er an seinem Vorgesetzten vorbei zur Terrassentür hinüber. Durch die bis zum Boden herabgelassenen Jalousien sickerte mildes Frühlingssonnen licht. Verhoeven dachte an die Zugvögel, die er gehört hatte, und daran, dass sie schon fast wieder auf dem Rückflug in ihre Winterquartiere sein würden, wenn das Baby auf die Welt kam. Das zweite Kind, das er sich so sehr gewünscht hatte. Dann zwang er sich, seine Aufmerksamkeit wieder auf das zu richten, was er eigentlich sagen wollte: »Wenn also Malina der Deckname einer Person ist, hinter der die Geiselnehmer aus welchem Grund auch immer her sind, dann ist es doch rein theoretisch möglich, dass Teja und seine Komplizen den Klarnamen der betreffenden Person gar nicht kennen.«
    Goldsteins Miene spiegelte noch immer tiefe Skepsis. »Sie meinen, diese Kerle wussten, dass sich der, den sie suchen, in dieser Filiale aufhält oder aufhalten sollte, aber eigentlich wissen sie gar nicht, wen sie suchen?«
    Die Formulierung des Unterhändlers erfüllte Verhoeven mit einem Gefühl tiefer Hilflosigkeit. »Ja«, antwortete er trotzdem. »So ähnlich.«
    »Also ich finde das alles nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick scheint«, erhielt er in diesem Moment völlig unerwartet Unterstützung durch seinen Vorgesetzten. »Berühmte Nazijäger hatten auch oft nicht viel mehr als einen falschen Namen oder den Hinweis auf eine Örtlichkeit in Händen, wenn sie sich auf die Suche nach einer ganz bestimmten Person gemacht haben.«
    »Zumindest steht einwandfrei fest, dass der Mann, der sich Teja nennt, ein Motiv hat, das über den rein pekuniären Nutzen hinausgeht«, meldete sich Monika Zierau über ihrem Collegeblock zu Wort.
    »Die Summe, die er verlangt, ist ein Witz«, pflichtete Goldstein ihr bei.
    Die Kohlenaugen der Psychologin verengten sich. »Eine Tatsache, die du ihm denn auch mit nimmermüder Penetranz auf sein Butterbrot schmieren musstest«, bemerkte sie spitz, doch die Kritik schien an Goldstein abzuprallen.
    Neben ihm griff Burkhard Hinnrichs nach der Schachtel Lightzigaretten, die vor ihm auf dem Tisch lag. »Also, wenn ich an Decknamen und Klarnamen denke«, sagte er, »fallen mir auf Anhieb vor allem zwei Gebiete ein.« Er machte eine kurze Pause, um sicherzugehen, dass er die volle Aufmerksamkeit der Anwesenden genoss, bevor er hinzufügte: »BND und Stasi.«
    »Stasi, hm?« Goldstein kritzelte unmotiviert auf seinem Aktendeckel herum. »Was, um Gottes willen, sollte die Stasi mit dieser Sache zu tun haben?«
    »Was weiß denn ich«, gab Hinnrichs zurück, wobei er sich um ein betont selbstbewusstes Auftreten bemühte. »Vielleicht hat da jemand noch eine Rechnung offen.«
    »Sie meinen, einer der Entführer?«
    Hinnrichs’ Antwort beschränkte sich auf ein abwehrendes Achselzucken.
    »Gibt es bei der Birthler-Behörde eigentlich so was wie eine Rückwärtssuche nach ehemaligen IMs?«, fragte Goldstein nach kurzem Überlegen.
    Luttmann schenkte ihm von seinem Laptop aus ein nachsichtiges Lächeln. »Du meinst, irgend so eine Suchmaske, in die du den Decknamen des betreffenden Spitzels eingibst, und der Computer spuckt dir anschließend dessen wahre Identität aus?«
    »Genau das«, nickte Goldstein, indem er blind in die Zigarettenschachtel griff, die Hinnrichs ihm hinhielt. »Also: Gibt’s so was?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Dann mach dich kundig. Um alles, was den BND angeht, kümmere ich mich selbst.«
    Verhoeven sah, wie Hinnrichs interessiert den Kopf hob, doch Goldstein dachte gar nicht daran, die Quellen, über die er offenbar verfügte, beim Namen zu nennen.
    »Wie weit seid ihr inzwischen mit Liesons

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