Schattenspiel
dir recht ist?«
Mir ist es ganz und gar nicht recht, hätte Gina am liebsten geantwortet. Ihre erste instinktive Reaktion war Abwehr. Ich will dich nicht, David. Du gehörst in ein anderes Leben, und außerdem habe ich dich nie gemocht. Du bist einer, der über Leichen geht, und du scherst dich einen Dreck um andere Menschen. Du hast Steve in einen Scheißschlamassel hineingeritten, du bist in gewisser Weise auch an Marys Schicksal schuld, und was Nat betrifft, so kannst du niemals gutmachen, was ihr angetan wurde. Ich sollte dich zum Teufel jagen!
Sie wußte nicht, war es Höflichkeit, war es eine gewisse Neugier – jedenfalls entgegnete sie: »Natürlich, David. Wenn du in Los Angeles bist, solltest du vorbeikommen.«
»Dann bis gleich«, sagte er und hängte ein. Fluchend räumte
sie ihre Papiere beiseite, rauchte drei Zigaretten gegen die Nervosität und ging im Zimmer auf und ab, während sie wartete.
»Weißt du, wie viele Millionen Dollar das Bredow Imperium bewegt?« fragte David. Er sah sehr gut aus, die Haare kürzer als früher, weiße Jeans, weißes Hemd, eine Rolex am Handgelenk. Er gab sich um noch ein paar Grade selbstsicherer als früher.
Was Geld ausmacht, dachte Gina, es verändert wirklich den Menschen.
»Andreas besitzt ein Riesenvermögen. Und mich macht er wirklich zu seinem Erben. Ich denke immer noch, ich träume!«
»Was genau macht denn Andreas Bredow?«
»Alles, was Geld bringt. Hotels, Kaufhäuser, Anteile an Verlagen, an Fernsehsendern, an Fluggesellschaften...Ich versuche gerade mühsam, mir einen ungefähren Überblick zu verschaffen. Im Augenblick bin ich Andreas’ Bote, den er quer durch die Welt hetzt, damit er überall einmal die Nase hineinsteckt. Ich nehme an, das ist eine Art Test.« Er lachte nervös. »Kann ich noch eine Zigarette rauchen?«
Gina schob ihm die Schachtel über den Tisch. Sie saßen auf der Veranda, im Schatten des großen Limonenbaums. Kate, das Hausmädchen, hatte David einen Wodka Martini und Gina einen Orangensaft gebracht. Es herrschte eine drückende Hitze.
»Und was tust du nun in Los Angeles?« fragte Gina.
»Ich bin nur bis heute abend hier, dann fliege ich schon wieder nach New York. Andreas plant, hier ein Ferienzentrum am Meer zu bauen. Ich soll an den entsprechenden Konferenzen teilnehmen und ihm dann berichten. Heute nachmittag findet die letzte statt, Gott sei Dank. Mir schwirrt schon der Kopf!« Er lachte wieder. »Da werden Gelder über den Tisch hin- und hergeschoben, das ist der reinste Wahnsinn!«
»An diesen Wahnsinn wirst du dich gewöhnen müssen. Wenn du das alles tatsächlich erbst, wirst du nur noch im Privatjet durch die Welt fliegen und dein Vermögen kontrollieren.«
»Weißt du, ich hatte tatsächlich Angst davor, ich dachte, so ein Leben würde mich völlig überfordern. Aber Natalie meinte auch...« Er brach ab und biß sich auf die Lippen.
Gina zog die Augenbrauen hoch. »Jetzt bist du auf Glatteis geraten, wie?«
»Bist du mir böse?«
»Hätte ich Grund?«
»Ich weiß nicht... ja, wahrscheinlich schon. Ich habe Natalie damals vor einem Jahr nicht absichtlich im Stich gelassen, aber...«
»Du warst immer ein Feigling«, sagte Gina erbarmungslos. David zuckte zusammen. »Wenn du jetzt auf die Sache mit Steve anspielst...«
»Auf die Sache mit Steve. Auf die Sache mit Mary. Und vor allem auf die Sache mit Natalie. Da kommt schon eine Menge zusammen. Bald hast du alle durch, genaugenommen fehle nur noch ich. Weißt du, was ich vorhin dachte, als du anriefst?« Sie sah ihn aus funkelnden Augen an. »Ich dachte: Ich sollte ihn zum Teufel jagen! Woher wußtest du, daß ich in L. A. lebe?«
»Von Mary. Sie läßt sich wenigstens nicht am Telefon verleugnen, wenn ich anrufe. Im Gegensatz zu euch anderen beantwortet sie sogar meine Briefe.«
»Was erwartest du? Steve ist im Gefängnis die Lust am Briefeschreiben wahrscheinlich vergangen, und Natalie hat, soviel ich weiß, ihren Job verloren und rennt von einem Nervenarzt zum anderen.«
»Und du?«
»Und ich?« Sie nahm einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette. »Ich bin nach alldem nicht scharf darauf, noch viel mit dir zu tun zu haben, David Bellino, um es ehrlich zu sagen.«
Wenn sie David damit getroffen hatte, so zeigte er es nicht. »Deine Ehrlichkeit war immer deine starke Seite, Gina. Aber ich hielt uns für Freunde.«
Sie lachte ihr ironisches Lachen, mit dem sie Menschen mehr weh tun konnte als mit bösen Worten. »Wir waren nie Freunde, David, wir beide
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