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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Musik von Frank Sinatra. Sie sahen sich im Wintergarden Theatre am Broadway das Musical »Cats« an. Sie saßen in der Bar des Plaza, lauschten dem Pianisten und tranken etwas zuviel Wein. Sie waren Gäste von Donald Trump und bekamen ein phantastisches Mittagessen aus Kaviar, Hummer und Eissalat mit Mandelcreme, und der Champagner schmeckte so gut, daß Gina am liebsten vom Trump Tower hinuntergesprungen wäre, weil sie überzeugt war, fliegen zu können.
    Jeden Morgen brachte ihr der Briefträger ein Päckchen von John: Ein besticktes Tuch aus Seide befand sich darin, ein Schal aus weißem Mohair, eine goldene Uhr, Ohrringe mit kleinen, herzförmigen Rubinen. Weihnachten und Silvester mußte er bei seiner Familie in Kalifornien verbringen, und da er beide Feste nicht als geeignete Gelegenheit ansah, die neue Frau in seinem Leben vorzustellen, blieb Gina in New York. Sie hatte Angst gehabt,
sie werde sich einsam fühlen, aber dann kamen am Weihnachtsmorgen hundert rote Rosen von John, und an Silvester telefonierte er die halbe Nacht mit ihr. Um Mitternacht New Yorker Zeit tranken sie jeder an seinem Ende der Leitung ein Glas Champagner. »Schatz, du verpulverst ein Vermögen«, sagte Gina nach drei Stunden, aber John erwiderte: »Das interessiert mich nicht. Hör zu, Liebling, ich komme am 2. Januar abends in New York an, und dann möchte ich dich sofort sehen, ja?«
     
    Gina und John aßen an diesem ersten Abend nach ihrer Trennung im »Nirwana«, einem Restaurant am Central Park South, wo man in einer Glasveranda hoch über allen Dächern sitzt und einen herrlichen Blick über den Park und die Fifth Avenue hat. Die paar Tage, die sie nicht beieinander gewesen waren, hatten ihnen gezeigt, wie süchtig sie nacheinander waren und daß sie sich auf etwas Ernstes eingelassen hatten; vielleicht würde es nichts Ernsteres jemals wieder in ihrem Leben geben.
    Im verschneiten Central Park leuchteten Lampen, die Lichter in den Hochhäusern entlang der Fifth Avenue malten helle Flecken in die dunkle Nacht. Unablässig rauschte dort unten der Verkehr. John trug einen dunklen Anzug, und Gina entdeckte zum ersten Mal, daß sich seine Haare über der Stirn schon etwas grau färbten. Sie versank in seinem Gesicht, in seinen Augen, während er von Kalifornien erzählte, dem Märchenland, von dem sie niemals genug hören konnte. Sie trank sehr viel Wein und lauschte der leisen orientalischen Musik, die den Raum erfüllte.
    Vielleicht werde ich heute nacht mit dir schlafen, dachte sie.
    Sie kannten einander zwei Wochen und hatten viel unternommen in dieser Zeit, aber sie waren nicht miteinander im Bett gewesen. Beide hatten eine gewisse Scheu davor; John, weil er zwanzig Jahre älter war als Gina, und Gina, weil sie Angst hatte, einem so erfahrenen Mann wie ihm ihre eigene Unerfahrenheit zu präsentieren. Während der Zeit in Saint Clare hatte sie sich mit einer Menge Jungs oberflächlich vergnügt, aber mit keinem geschlafen. Sie wünschte, sie hätte es mit Charles Artany wenigstens
einmal ausprobiert, aber das hatte sie versäumt, und nun mußte es eben so gehen.
    John fuhr sie mit seinem Leihwagen nach Hause. Im Radio sang Barbra Streisand, Gina summte leise mit. Ihr war ein bißchen schwindelig. Als sie vor dem Haus in der 32. Straße hielten, fragte sie mit gleichmütiger Stimme: »Kommst du noch mit rauf?«
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals, aber sie hatte das Gefühl, als wirke sie sehr gelassen.
    John sah sie an. »Wirklich?«
    »Natürlich.« Sie stieg aus und schloß die Haustür auf, knipste das Licht an. Die nackte, elektrische Birne brannte hell und weiß von der mit Wasserflecken verzierten Decke. Während Gina die knarrende Treppe hinaufstieg und sich sehr bewußt war, daß John ihr folgte, fragte sie sich beklommen, wie er wohl auf die Armut, in der sie lebte, reagieren würde. Aus einer instinktiven Angst heraus hatte sie es bislang vermieden, ihn damit zu konfrontieren. Da sie noch genügend teure und elegante Kleider von früher besaß, war es nie ein Problem gewesen, mit ihm auszugehen und sich im Theater, in der Met oder in einem feinen Restaurant blicken zu lassen. John wußte, daß sie kaum Geld hatte, aber sie bezweifelte, daß er Armut je wirklich gesehen hatte. Hoffentlich ließ sich wenigstens keine dieser verfluchten Kakerlaken blicken. Zum Glück gingen Ed und Rosy immer schon um sechs Uhr schlafen, und taub wie sie waren, würden sie von dem nächtlichen Besucher bestimmt nichts merken. Sie atmete

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