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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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umgebenden Gärten und Parks säumten, fiel ein gleißendes, festliches Licht.
    »Eine feine Gegend hat Diane sich ausgesucht, Chapeau!« Helene pfiff voller Anerkennung leise durch die Zähne.
    »Ja, die Gegend schon. Aber wart’s ab, in einer Villa wohnt sie nicht.«
    »Woher weißt du denn das?«
    »Das hat sie erzählt. Sie spricht immer nur von ihrem Häuschen.« Jan fand diese Ausdrucksweise offensichtlich ganz reizend.
    »Außerdem habe ich sie schon ein paar Mal nach Hause gefahren, wenn es im Büro wieder sehr spät geworden war.«
    Prompt lagen Helene noch einige Fragen auf der Zunge, doch da sie an ihrem Ziel angelangt waren, bestand dazu keine Gelegenheit mehr.
     
    Neben einem imposanten Tor aus Schmiedeeisen, das von einem Wappen geziert wurde, auf dem ein hoch aufgerichteter Bär mit erhobenen Tatzen zu sehen war, vor dem ein Einhorn flüchtete, öffnete Jan eine kleine Pforte. Sie betraten einen weitläufigen Park, der dicht von Kiefern, durchmischt mit Birken bestanden war, hinter denen man die Umrisse einer hochherrschaftlichen Villa erahnte, die sich dort vor allzu aufdringlichen Blicken verbarg. Doch sie folgten nicht dem Hauptweg, sondern bogen unter einem durch eine Hecke geformten Torbogen links in einen schmalen Pfad ein. Obwohl der frisch gefallene Schnee viele Einzelheiten versteckte, wirkte der dahinter liegende, niedliche Garten mit dem winzigen Fachwerkhaus darin, unter dessen spitzem Giebel aus zwei Fenstern im Erdgeschoß ein warmer Lichtschein fiel, wie der Schauplatz eines Andersenmärchens.
    Jan betätigte den neben der Tür angebrachten, altmodischen Klingelzug und man konnte vernehmen, wie im Innern des Hauses mehrere Glöckchen ein helles Bimmeln von sich gaben. Einen Augenblick später öffnete ihnen eine Frau, deren Alter Helene auf Mitte 50 schätzte und die sie mit unverkennbar amerikanischem Akzent begrüßte.
    »Hello! Ich bin June.« Beifall heischend schaute sie Helene und Jan mit einem strahlenden Lächeln ins Gesicht und reichte ihnen die Hand zur Begrüßung. Musste man sie kennen, fragte sich Helene ratlos und sah sich Junes Erscheinung etwas genauer an – grauweißes, langes, offenes Haar, sackförmige und ebenso farbige Gewänder, über- und untereinander gezogen, sodass das wahre Ausmaß der darunter verborgenen Person ein absolutes Rätsel blieb, nackte Füße in Birkenstocks, kein Make-up, kein Schmuck. Nein, kenn ich nicht.
    Sie stellten sich beide artig mit ihren Vornamen vor, was June sogleich in Begeisterung versetzte, und pellten sich auf ihr Geheiß in dem engen Flur aus den Mänteln. Dann öffnete June eine von zwei Türen, die vom Flur abgingen, und verkündete in den Raum hinein triumphierend ihre Ankunft, als ob sie zwei uralte Freunde zu präsentieren hätte.
    Diane, die heute ihre beeindruckende, in Mahagoni leuchtende Haarfülle, offen trug, war in einen elfenbeinfarbenen Kaftan gehüllt, die bloßen Füße steckten in diesen komischen Lederlatschen, die nur durch einen Riemen am großen Zeh gehalten werden. Sie löste sich aus der Gruppe, mit der sie plaudernd in einer Ecke gestanden hatte und kam mit ausgestreckten Armen auf Jan und Helene zu.
    »Wie schön, euch in meinem Heim begrüßen zu können! Auch dich Helene! Oh, Entschuldigung, das war ein Vorgriff! Ich wollte nämlich vorschlagen, dass wir dieses förmliche »Sie« beiseite lassen, und da ich die Ältere von uns beiden bin, darf ich ja ohne unhöflich zu sein, dieses Angebot machen, oder?« Komplizenhaftes Augenzwinkern, und mit beiden Händen fasste sie nach Helenes Hand, schaute sie fragend an, und wartete auf eine Reaktion. Helene fühlte sich überrumpelt. Hinter der Distanz der dritten Person war es relativ leicht gewesen, ihre Gedanken und Gefühle gegenüber dieser Frau zu verbergen, das direkte »Du« würde ihr sehr viel mehr an Schauspielkunst abfordern. Aber schließlich war sie mittlerweile beim Theater gelandet, und dieses herzliche Angebot abzulehnen, kam sowieso nicht in Frage, da ein selig lächelnder Jan zwischen ihnen stand, dem sie an der Nasenspitze ansah, wie sehr ihn Dianes Vorschlag freute. Also versuchte sie ein Strahlelächeln zustande zu bringen, indem sie heftig mit den Lidern klimperte, die Augen weit aufriss und ganz professionell improvisierte.
    »Doch, das ist wirklich eine sehr gute Idee! Ich finde das auch viel besser.« Helene fühlte Dianes forschenden Blick auf sich geheftet, als suche diese zu ergründen, wie viel Aufrichtigkeit hinter dieser

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