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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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noch unbekannte Wege vom Sinnlichen zum Übersinnlichen zeigen.«
    »Danke. Ich glaube, ich muss jetzt einmal ein paar Freunden guten Abend sagen.«
     
    Was für ein ekelhafter Typ! Das Angebot seines Instituts war Helene ein riesiges böhmisches Dorf, doch dass er sie auf ziemlich primitive Art anbaggern wollte, war auch ihr nicht entgangen. Sie wandte sich von ihm ab, und schlenderte in Richtung Jan und Kollegen.
    Der Raum, in dem man sich befand, schien das Wohnzimmer zu sein, wobei es wenig gemein hatte mit dem, was von Möbelhäusern unter diesem Begriff unter die Leute gebracht wird. Die niedrige Decke, der Teppich, die Vorhänge – alles war weiß oder zumindest elfenbeinfarben, die Wände waren in einem dezenten Pfirsichton lasiert. Die Dielen, Fensterrahmen und Türen hatten die warme Honigfarbe rohen, gewachsten Holzes. Die wenigen Möbelstücke, wahrscheinlich aus Pinienholz, waren von einer eigentümlich klobigen Formgebung und offensichtlich handgefertigt. Da gab es einen langen Esstisch mit sechs Stühlen, neben dem bullernden Kaminofen, und in einem kleinen Erker waren einige Sitzkissen um einen niedrigeren Tisch gruppiert.
    Überall verbreiteten Kerzen in allen Formen und Größen, die in bizarren, metallenen Leuchtern steckten, ihr warmes, lebendiges Licht. Auf den tiefen Fensterbrettern standen einige Kakteen, und statt Bildern zierte die Stirnwand eine Ansammlung wunderlicher Gegenstände, wie sie Weltenbummler im Laufe ihres Lebens zusammentragen: Speere, Masken, Trommeln und allerlei nicht auf den ersten Blick definierbare Gerätschaften oder Musikinstrumente.
    In dem zweiten Erker fand sich, wie vom Zufall dorthin gruppiert, ein Stillleben aus bizarren, zum Teil glitzernden oder glänzenden Steinen, die um einen jadegrünen Krug lagen, in dem, für die Jahreszeit ungewöhnlich, ein ganzer Arm voll blühender Mandelzweige steckte, und um den ein weißes Tuch in einem, wie von Schadow gemeißelten, Faltenwurf drapiert war. Außerdem stand dort ein Schälchen, von dem hin und wieder ein kleines Rauchwölkchen aufstieg, das die Quelle dieses eigenartigen Geruchs zu sein schien. Nein wirklich – Räucherstäbchen oder so was, wie damals, als alle Rockbands plötzlich nach Indien fuhren, ihren Yogi hatten und Sitar spielten. Helene fand das komisch.
    In einem Sideboard war, neben einigen Büchern, eine scheinbar recht teure Musikanlage verborgen, aus der unablässig die leisen Sphärenklänge fluteten. Das Zimmer strahlte eine strenge Harmonie aus, hier war nichts zu viel, alles Überflüssige weggelassen, und trotzdem wirkte es nicht kühl und unpersönlich, sondern klar und einladend. Helene, die eine Art handgewebt-plüschiges Rattanmöbelambiente mit Fußbodensitzkultur erwartet hatte, musste widerstrebend zugeben, dass der ungewohnte Einrichtungsstil von einem guten Geschmack und einem Gespür für dezente Eleganz zeugte.
    »Stöckl ist krank und Dorothea hat einen beruflichen Termin.« Zur Begrüßung musste Ulli erst einmal ihren Informationsvorsprung loswerden. Sie hatte heute ein Festzelt angelegt, erkennbar am edlen, schwarzen Samt und der überdimensionalen, silbern glänzenden Schleife. Offensichtlich hatte sie auch den asymmetrischen Kurzhaarschnitt, den sie selbst so originell fand, dass sie ihn seit Jahren nicht veränderte, von ihrem Starcoiffeur für horrendes Geld aufmöbeln lassen. Jammernd beklagte sie sich bei Helene, dass ihr die Füße schmerzten von den neuen Lacklederpumps, die sie extra für diesen Anlass angeschafft hatte.
    »Die Ausgabe hättest du dir sparen können. Schau dich hier mal um! Zieh sie doch einfach aus!«, riet ihr Helene mit Blick auf die zahlreichen Bequemschuhe um sie herum. Sie war froh, sich selbst für edle, aber bequeme Garderobe entschieden zu haben. Zu einem langen Wickelrock, aus kariertem, schottischem Wollstoff, trug sie einen flaschengrünen Cashmerepulli mit einem großzügig fallenden, weiten Rollkragen und ebenso grüne, flache Wildlederstiefel. Die gute Ulli in ihrem Festtagsgewand, die es sicher auch zu verantworten hatte, dass Bobby im dunklen Anzug mit Weste steckte, wirkte jedenfalls wie im falschen Film. Sich von ihren folternden Schühchen zu trennen, brachte sie aber auch nicht übers Herz, während Bobby, trotz ihrer strafenden Miene, bereits sein Jackett ablegte.
    Bis auf Jan, der die Räumlichkeiten ja wohl schon kannte, wie Helene innerlich grollte, warfen alle anderen aus dem Büro, während sie sich unterhielten, immer

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