Schicksal in zarter Hand
sie Franco.
„Man könnte auch sagen: verrückt und vollkommen blind …“, sagte er bitter.
„Franco, was ist los mit dir?“, erkundigte sie sich besorgt.
„Ich glaube, bei dem Sturz ist meinem verletzten Oberschenkel wieder was passiert“, meinte er ausweichend.
Sie musterte seine Beine, konnte aber zum Glück keine Blutspuren auf der hellen Hose entdecken. Vielleicht hatte er sich ja einen weiteren blauen Fleck geholt.
Lexi ließ seine Hände los und stand auf, froh, dass sie etwas unternehmen konnte, statt über die seltsame Spannung nachzudenken, die plötzlich zwischen ihnen knisterte.
„Na, dann lass mal sehen“, forderte sie betont forsch. „Dazu musst du natürlich die Hose ausziehen.“
„Willst du etwa Krankenschwester spielen? In dem Outfit? Die Oberschwester würde Zustände bekommen!“, scherzte er.
„Mich würde niemand als Krankenschwester nehmen. Ich habe nicht genug Geduld, wie du weißt.“ Sie versuchte, den leichten Ton beizubehalten, damit Franco bloß nicht wieder in Depressionen verfiel. „Und du hast mich schon mit weniger am Leib gesehen als einem kurzen Nachthemd, also meckere nicht!“
„Ich beklage mich doch gar nicht! Wie käme ich denn dazu? Ich habe nur eine Feststellung getroffen.“
„Na gut. Und wenn du jetzt aufstehst und die Hose ausziehst, sind wir in etwa auf Gleichstand, was die Bekleidungsfrage betrifft.“
Franco gab nach. Doch als sie sah, dass durch den Verband tatsächlich frisches Blut gesickert war, verging ihr die Lust am Scherzen.
„Und was jetzt?“, fragte Lexi unsicher.
„Ich sehe mir das mal genauer an, während du einen frischen Verband aus dem Bad holst“, antwortete er. „Aus dem Schränkchen über dem Waschbecken“, ergänzte er und begann, die Pflasterstreifen abzuziehen.
Sie eilte ins Bad, wusch sich gründlich die Hände und nahm dann ein Verbandspäckchen und ein Handtuch mit zurück ins Schlafzimmer.
„Wird dir flau beim Anblick von Blut?“, fragte Franco, als sie einen halben Meter vor ihm stehen blieb.
„Ich weiß nicht. Ich habe noch nie eine offene Wunde gesehen“, gestand sie.
„Die ist nicht mehr offen“, beruhigte er sie.
Und es stimmte. Nachdem der alte Verband entfernt war, sah sie nur einen kleinen Spalt in der Mitte der vernähten Wunde, aus der ein bisschen Blut lief.
Franco versorgte sich weitgehend selber, sie reichte ihm nur die gewünschten Dinge, und nach wenigen Minuten war alles überstanden.
„Lexi“, sagte er dann und strich verlegen immer wieder über die Pflasterstreifen, „ich möchte mich entschuldigen für alles, was wir dir zugemutet haben.“
Warum sagte er „wir“? Wen genau meinte er damit? Irgendwie klang die Entschuldigung eigenartig.
„Ich war ein leichtes Ziel“, meinte sie sachlich. „Die meiste Zeit habe ich mich dir gegenüber scheußlich benommen.“
„Zu Recht.“
„Na ja … wenn du meinst. Dann bringe ich das mal weg“, sagte sie und nahm den Verband, um ihn im Bad zu entsorgen.
„Und danach geh ins Bett.“
Sie blieb auf halbem Weg stehen, seltsam gekränkt durch seinen ausdruckslosen Ton.
„Danke für die Erlaubnis, Franco“, entgegnete sie spöttisch.
„Und morgen kannst du nach London zurück. Wenn du willst.“
Jetzt wusste sie, wie es sich anfühlte, einen Dolch in den Rücken gestoßen zu bekommen! Sie spürte, wie sie blass wurde, und drehte sich rasch um.
Franco saß auf dem Bett, den Kopf gesenkt. Tatsächlich hatte er sie nicht mehr richtig angesehen, seit sie ihm die Hände vom Gesicht gezogen und den unendlich traurigen Blick in seinen Augen entdeckt hatte.
„Du möchtest, dass ich abreise?“, fragte Lexi und war entsetzt, wie betroffen sie klang.
„Wir wissen doch beide, dass ich mir nichts antun werde“, meinte er grimmig. „Ich hätte … dich nicht emotional erpressen dürfen, um dich herzulotsen. Und dich hierzubehalten. Es wird Zeit, dass ich wieder fair spiele. Also sage ich dir, dass du nach Hause kannst.“
Das hätte sie nicht erwartet. Nicht nach dem, was sie sich in den vergangenen Tagen alles gegenseitig zugemutet hatten.
„Also waren all die Andeutungen, dass wir beide es noch mal versuchen könnten, nur leeres Gerede? Hast du mich nur als Ablenkung gebraucht, um nicht an Marco denken zu müssen?“
„Nein!“, rief er.
„Wozu dann?“, beharrte sie.
Er stand auf und kam auf sie zu, dann packte er sie bei den Schultern und zog sie an sich. „Du weißt nie, wann es besser wäre, nichts zu sagen, richtig?
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