Schicksal!
Ordnung ist?«
Ich nicke und lächele. »Mir geht’s blendend.«
Sara schiebt weiterhin die Hüften vor und zurück und betrachtet mich. Das reicht, um mich dazu zu bringen, ihr die Wahrheit zu sagen. Aber das wäre eine schlechte Idee. Na was? Kommt schon. Wenn ihr vermutet, dass jemand dazu auserkoren ist, den nächsten Messias zur Welt zu bringen – würdet ihr diejenigen sein wollen, die es ihr sagen?
»Wie war Kleopatra so?«, will Sara wissen.
»Wie? Was?«
»Im Bett, meine ich«, erklärt Sara. »War sie gut?«
Das ist noch so eine Gelegenheit, bei der die Wahrheit zu sagen eine blöde Idee wäre.
»Nicht so gut wie du«, antworte ich.
Lächelnd schließt Sara die Augen und beschleunigt ihren Rhythmus. »Tu so, als wäre ich Kleopatra.«
Nicht zum ersten Mal bittet Sara mich darum, mir vorzustellen, sie wäre eine der anderen sterblichen Frauen, mit denen ich geschlafen habe: Nofretete, Katharina die Große, Marilyn Monroe. Ich gebe nach, weil es sie glücklich macht. Es ist ja noch nicht schlimm genug, dass ich die Regeln gebrochen und Sara meine Identität enthüllt habe. Nein, jetzt spiele ich außerdem scharfe Rollenspiele beim Sex mit der zukünftigen Mutter des Messias.
Ich frage mich, wie sich das in meinem Lebenslauf machen wird.
39
I n Rockford, Illinois, gibt es ein altes Einkaufszentrum, das zu einer Kirche umfunktioniert wurde. Tatsächlich ist es eher ein religiöses Zentrum für Christen. Alle Konfessionen willkommen.
Methodisten. Mormonen. Lutheraner.
Baptisten. Protestanten. Katholiken.
Draußen vor der Kirchen-Mall verkündet eine riesengroße Leuchttafel:
KIRCHE
,
WANN IMMER DU WILLST
–
SIEBEN TAGE DIE WOCHE
!
Das Einkaufszentrum beherbergte einst mehr als ein Dutzend Geschäfte, inklusive eines Reisebüros, einer Chocolaterie, eines mexikanischen Restaurants und eines JCPenney-Marktes. Nun bietet es auf seinen zwanzigtausend Quadratmetern eine Heimat für die Religion.
Eine Mall des Glaubens.
Konsumdenken als Spiritualität.
Wenn man heute durch die Eingangstür tritt, begrüßt einen nicht mehr der Duft von Zimtröllchen oder Brezeln, sondern der Anblick von Tischen voller Donuts und Kaffeemaschinen aus Edelstahl. Auf den früheren Verkaufsflächen der weltlichen Geschäfte, Läden und Shops sind nun die christliche Buchhandlung Ichthus, der Geschenkshop Garten Eden und der Jesus-Christus-Supermarkt zu Hause.
Dort werden Bücher und Bibeln, Kruzifixe und Kreuze, Bilder und Heiligenbildchen verkauft.
Rosenkränze, Statuetten und Krippen.
Musik-CDs, Poster und Autoaufkleber.
Johannes-der-Täufer-Puppen mit Wackelkopf, Moses-Springbrunnen und Jesus-und-Maria-Schlüsselanhänger.
Schutzengel-Schirmmützen, ein Zwölferset Maiskolbenhalter in Form der Apostel und eine komplette Serie biblischer Actionfiguren.
Moses. Abraham. Noah.
Judas. Paulus. Johannes der Täufer.
Kain und Abel. Samson und Delila. David und Goliath.
Die meisten der Actionfiguren stammen aus dem Alten Testament, was bei genauerem Nachdenken durchaus sinnvoll ist. Die wirklich gute Action und das Gemetzel fanden schließlich statt, bevor Jerry zu einer gütigeren und sanfteren Gottheit wurde. Ich meine: Welcher vorpubertierende Kirchgänger spielt schon gern das letzte Abendmahl oder die vierzig Tage in der Wüste nach, wenn er auch die Auslöschung der Kanaaniter oder die zehn Plagen Ägyptens haben kann?
Mein persönlicher Favorit ist die Allmächtiger-Gott-Actionfigur mit dem Mantel der Unverwundbarkeit und dem Dein-Reich-komme-Sturmgewehr Marke AK - 47 . Oder die Jesus-im-Kampf-Actionfigur in der De-luxe-Ausgabe, mitsamt Ninja-Messias-Wurfsternen und einer Sieger-über-den-Tod-Pumpgun.
Sobald man die Hürde der religiösen Andenkenläden genommen hat, findet man sich im Innenhof der Kirchen-Mall wieder. Früher zierten Springbrunnen, Bänke und Pflanzenkübel diesen Ort – nun steht dort ein Quartett aus vier fünfzig Zoll großen Flatscreens, auf denen die gerade im Hauptvortragsraum stattfindende Predigt übertragen wird. Und durch die Hallen, die vom Eingang bis zum ehemaligen Warenhaus Bergner’s führen und durch die früher Kunden mit Tüten voller Schuhe, Kleidung und Wohnraumdeko schlenderten, wandern heute Kunden mit Tüten voller Jesuslatschen, Sommerkleidchen mit Turiner-Grabtuch-Print und Adam-und-Eva-Badetüchern.
Amüsant ist: Bis auf die religiösen Symbole aus Massenproduktion, die in den Läden angeboten werden, finden sich in der Kirchen-Mall keine Kreuze oder Ikonen
Weitere Kostenlose Bücher