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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Boden wiederfand. Entgegen der gängigen Mode, Betten eher in einem Winkel des Schlafzimmers zu verstecken, hatte Vivien ihr Bett prominent auf ein Podest in der Mitte des Raums gestellt. An der Wand ihm gegenüber hing ein Portrait in Öl der Hausherrin, auf das Grant jetzt wie gebannt starrte. Es war ein Akt im Halbprofil, und der Betrachter sah entzückt Viviens nackten schönen Rücken und ihren perfekt geformten Hintern.
    Auf dem Bild blickte Vivien über ihre weiße, sanft geschwungene Schulter auf den Betrachter. Man konnte gerade noch eine Andeutung ihres Busens ahnen.
    Es war zweifellos ein idealisiertes Bild. Auf dem Gemälde wirkte Vivien etwas üppiger, als sie in Wirklichkeit war, auch schien der Künstler ihr etwas längere Gliedmaßen und noch röteres Haar verliehen zu haben. Ihre Locken waren flammend rot. Grant fragte sich, ob der Maler Vivien während einer der Sitzungen für das Portrait geliebt haben mochte. Nur Sex, stellte er sich vor, brachte ihre Wangen so zum Glühen, ließen den Blick dieser blauen Augen so zufrieden aussehen, ihre köstlichen Lippen so gelöst lächeln.
    Und während er das Bild betrachtete, überkam Grant dieses Gefühl, das er fast immer hatte, wenn er an Vivien dachte: eine fast schmerzhafte Begierde verbunden mit kühler Vorsicht. Er wollte sie das war keine Frage. Er wollte sie nicht nur besitzen, er wollte sie auch zähmen und gefügig machen. Grant würde Vivien zu seiner eigenen Befriedigung benutzen, so wie sie so lange die Männer zu ihrer benutzt hatte. Es wurde Zeit dass Vivien Duvall für ihren Lebenswandel die Quittung erhielt.
    Er blieb vor einem Frisiertisch aus Rosenholz stehen und nahm einen Parfumflakon aus Kristall in die Hand. Als er den Deckel löste, stieg ihm der schwere Duft von Rosen und Sandelholz in die Nase. So hatte Vivien auf dem Wentworth-Ball geduftet erinnerte sich Grant sofort. Diesen Duft auf ihrer warmen Haut hatte er seither nicht mehr vergessen können.
    Nachdem er den Flakon wieder auf seinen Platz gestellt hatte, untersuchte Grant die Schubladen des Tisches. Darin lagen Haarbürsten, Haarspangen aus Schildpatt Silber und Elfenbein, Tiegel mit pastellfarbenen Cremes und ganz unten ein kleines, in rotes Leder gebundenes Buch.
    Grant nahm das Buch aus der Schublade und blätterte es zunächst nur flüchtig durch, bis er an einer Stelle hängen blieb und eingehender darin las: Er fand Listen mit Männernamen und hinter diesen Namen waren genaue Angaben über Zeiten, Treffpunkte und jeweils angewendete Sexualpraktiken verzeichnet. Ein in höchstem Maß intimer Arbeitsnachweis. Und vor allem ein ideales Mittel der Erpressung. Einige der Namen in dem Buch waren Grant durchaus bekannt darunter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die einen Ruf als treue Eheund Ehrenmänner zu verlieren hatten. Wahrscheinlich würden diese Gentlemen keine Kosten und Mühen scheuen, um sich Viviens Stillschweigen zu erkaufen, denn ein Sexualskandal bedeutete den sicheren gesellschaftlichen Tod. Statt diesem wäre Viviens Tod dem einen oder anderen Gentlemen vielleicht sogar noch lieber.
    »Wirklich eine vielbeschäftigte Frau«, murmelte Grant. Er klappte das rote Büchlein zu, steckte es in seine Rocktasche und schob heftig die Schublade wieder zu.
    Mit zusammengebissenen Zähnen machte er sich daran, wahllos einige Kleidungsstücke in einen Lederkoffer zu stopfen, den er in einer Ecke des Zimmers gefunden hatte. Dabei ging er mit den Kleidern, Strümpfen und Schuhen nicht besonders sorgsam um. Nur mit Mühe konnte er schließlich den übervollen Koffer schließen, dann packte er ihn mit der Linken, nahm mit der Rechten die Lampe, zog mit dem Fuß die Schlafzimmertür unsanft ins Schloss und verließ das Haus. Morgen würde er für eine gründlichere Durchsuchung wiederkommen, aber jetzt war es an der Zeit sich um seinen Gast zu kümmern. Grant war sehr neugierig auf das bevorstehende Gespräch.
    Grant hatte sich eine Droschke genommen. Als diese vor seinem Haus in der King Street hielt öffnete Mrs. Buttons bereits die Tür, um ihren Herrn einzulassen. Der kalte Wind, der mit Grant ins Haus kam, ließ sie schaudern. Mrs. Buttons nahm Grant den Mantel ab und legte ihn sich sorgfältig über den Arm. »Guten Tag, Sir. Bleiben Sie heute zum Mittagessen?«
    »Ich habe weder Hunger noch Zeit.« Er drängte in Richtung Treppe. »Wie geht es unserem Gast heute?«
    »Sichtlich besser, Sir. Sie hat ein anregendes heißes Bad genommen, und dabei hat Mary mir

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