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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Leiche in fünf Teilen hineingeschoben wurde. Zerteilt wie ein Stück Kuchen.«
    Billy Pretty an seinem Computer, hämmerte Sätze heraus.
    VERMISSTE MÄNNERLEICHE GEFUNDEN SCHAURIGE ENTDECKUNG BEI ÖFEN
    »Ich weiß nicht, warum ich nie gute Geschichten bekomme«, sagte Nutbeem. »Nur die schmutzigen. Für Nutbeem bloß das dreckigste Zeug, übles Zeug, das sich nur in augenzwinkernden Andeutungen beschreiben läßt. Das Zeug wird mir wirklich nicht fehlen. Das schönste, was ich je hatte, war eine Liste von Vergehen, die dem Bürgermeister von Galliambic vorgehalten wurden. Er hat vor zwei Wochen in der Atlantik-Lotterie hunderttausend gewonnen und damit gefeiert, daß er in einer Woche vierzehn Studenten belästigt hat. Die Anklage lautet auf unzüchtige Handlungen, grobe Unzucht und Analverkehr. Da haben wir einen verdorbenen Neunundzwanzigjährigen, der im Goldenvale-Altersheim vorbeischaute und eine Einundsiebzigjährige überredete, mit ihm in seinem Laster zum Einkaufscenter von Misky Bay zu fahren. Fuhr geradewegs ins Gebüsch und vergewaltigte sie so schlimm, daß sie genäht werden mußte. Sie nahmen ihn in Gewahrsam, und wir wissen, was er dann tat, als er vor Gericht erschien.«
    »Riß sich sämtliche Kleider vom Leib«, dröhnten Quoyle, Billy Pretty und Tert Card im Chor.
    »Noch mehr Priester in Verbindung mit dem Waisenhaus. Schon neunzehn warten inzwischen auf ihren Prozeß. Da haben wir einen Arzt in der Klinik von No Name Cove, der wegen sexueller Belästigung von vierzehn Patientinnen angeklagt ist – ›provokantes Betasten von Brüsten und Genitalien‹ nennen sie es. Der Chorleiter in Misky Bay bekannte sich am Montag der sexuellen Belästigung und Nachstellung schuldig – bei über hundert Jungen im Lauf der letzten zwölf Jahre.
    Ebenfalls in Misky Bay wurde ein amerikanischer Tourist verhaftet, der im städtischen Schwimmbad an kleinen Jungen herumfummelte. ›Er hat mich immer wieder hinten und vorn betatscht‹, sagte ein zehnjähriges Opfer aus. Und hier in Killick-Claw steht ein liebender Vater unter der Anklage, sich an zweien seiner Söhne und seiner minderjährigen Tochter bei zahllosen Gelegenheiten zwischen 1962 und heute vergangen zu haben. Analverkehr, Unzucht und Vergewaltigung. Hier haben wir noch einen Familienfreund – ein großer, kräftiger fünfunddreißigjähriger Fischer verbringt seine Stunden an Land damit, seiner kleinen vierjährigen Tochter beizubringen, wie oraler Sex geht und wie sie ihn zu masturbieren hat.«
    »Du meine Güte«, sagte Quoyle erschrocken. »Das kann doch nicht alles in einer Woche passiert sein.«
    »In einer Woche?« sagte Nutbeem. »Ich hab’ noch eine Seite darüber.«
    »Damit verkauft sich die Zeitung«, sagte Tert Card. »Nicht mit Kolumnen und Tips für daheim. Nutbeems Sex-Geschichten mit Namen und Daten, wo möglich. Das war Jacks Genie, daß er wußte, wie sehr die Leute dieses Zeug wollen. Natürlich macht das jetzt jede Zeitung in Neufundland, aber der Gammy Bird hat als erster Namen und grausliche Details geliefert. «
    »Es wundert mich nicht, daß dich das deprimiert, Nutbeem. Ist es hier schlimmer als anderswo? Es scheint schlimmer zu sein.«
    Billy in seiner Ecke schrieb vor sich hin, den Stuhl abgewandt. Dieses Zeug.
    »Ich weiß nicht, ob es schlimmer ist oder einfach stärker an die Öffentlichkeit gelangt. Vielleicht ist die Priestergeschichte am schlimmsten. Es gibt in den kleinen Vorhäfen eine Menge Priester, die Mißbrauch treiben, wo ihnen naive Eltern trauen. Aber zynischerweise habe ich sagen hören, Kindsmißbrauch sei eine alte neufundländische Tradition.«
    »So was zu sagen ist häßlich«, sagte Ten Card. »Eine britische Tradition würde ich sagen.« Kratzte sich am Kopf, bis Schauer von Schuppen zwischen die Computertasten fielen.
    »Was passiert denn mit Kinderschändern hier? Gibt’s ein Resozialisierungsprogramm ? Oder schmoren sie einfach im Knast?«
    »Weiß ich nicht«, sagte Nutbeem.
    »Könnte ’ne gute Geschichte abgeben«, meinte Quoyle.
    »Ja«, sagte Nutbeem mit brummender Stimme, als würde seine Hauptfeder ausleiern. »Könnte. Wenn ich sie kriegen würde, bevor ich gehe. Aber das kann ich nicht mehr. Die Pluckerwank ist fast fertig, und ich muß vor dem Eis hier raus.« Ein starkes, knirschendes Gähnen. »Bin in der Hinsicht ohnehin ausgebrannt.«
    »Sag lieber Jack was davon«, plusterte Tert Card sich auf.
    »Ach, er weiß Bescheid.«
    »Was hast du, Quoyle, einen Autounfall oder

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