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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Da war ich also, vierzehn Jahre alt. Wir waren fünf Mädels. Meine Schwester Liz und Kate und Jen und die beiden Marys. Sie hatten die Katze in die Matte gesetzt, als sie fertig war. Und wissen Sie was, die Katze kommt geradewegs auf mich zu und springt mir auf den Schoß. Und es klingt vielleicht merkwürdig, aber ich war die nächste, die heiratete. Liz starb vor dem Sommer an Tbc. Kate hat nie geheiratet. Mary Genge ging mit ihren Leuten nach Boston, und von der andern Mary weiß ich nichts. Aber ich hab’ Thomas Munn geheiratet. An meinem fünfzehnten Geburtstag. Ist 1957 auf See verschollen. Ein schöner Mann. Das schwarze Haar. Wenn er ins Zimmer kam, ist einem sofort die Hitze ausgebrochen. Ich verzehrte mich vor Heulen. Ich war auf achtzig Pfund runter. Sie dachten, ich würd’s nich’ überleben. Aber irgendwie hab’ ich’s geschafft. Und hab’ Desmond Bangs geheiratet. Bis er bei dem Flugzeugabsturz von mir ging. Oben in Labrador. Ich sag’: ›Ich heirat’ nie wieder, denn den Kummer halt’ ich nicht aus.‹ Nicht wie manche and’re, die ihrem Mann den Kopf abschneidet und ihn in einen Ranzen steckt.«
    Noch fünf, und sie wäre fertig für die Woche. Sie wollte erst einmal alles annehmen, alles, nur um von hier fortzukommen. Um nicht mehr Mavis Bangs zu hören. Um etwas anderes als Fischerboote, Felsen und Wasser zu sehen!
    Ich möchte mich nach der Stelle eines Dekorateurs erkundigen. Ich bin zwar im Schiffahrtswesen und Polstern ausgebildet, aber auch bereit zu lernen ...
    »Wissen Sie, wir Mädchen waren alle gut im Handarbeiten. Liz natürlich, die die Matten flocht, sie war eine bekannte Mattenflechterin. Unsere Mam hielt Schafe wegen der Wolle. Ich seh’ sie noch, wie sie nach dem Abendessen Wolle spinnt oder strickt. Strickte nach dem Essen immer. Ich seh’ sie noch, wie sie dasitzt und ein paar Fäustlinge strickt und ihre hölzernen Nadeln klappern. Sagte, die Wolle würde abends besser rutschen, wär’ locker, weil die Schafe sich hinlegen würden, verstehen Sie. Zum Schlafen. Das alte Spinnrad hab’ ich geerbt. Is’ ein Vermögen wert. Ich hab’s immer draußen auf dem Rasen gehabt. Des hat’s rot und gelb gestrichen, ein schönes Muster. Aber nachts mußten wir’s reinholen, hatten Angst, ein Tourist könnt’ es stehlen. Das tun die, wissen Sie. Die nehmen sich ein Spinnrad mitten aus Ihrem Hof. Ich kenn’ eine Frau, der das passiert ist. Mrs. Trevor Higgend, geht in meine Kirche. Was halten Sie von dem Neffen, Dawn? Einen Mann, der findet, was er gefunden hat, würden Sie nich’ wollen, was? Aus einem Quoyle is’ noch nie was Gutes geworden.«
    »Nie.« Die Tasten ratterten. Der letzte für diese Woche. Schon jetzt konnten in ihrem Briefkasten Antworten liegen.
    Ich möchte mich nach der Stelle als Bauzeichner erkundigen. Ich habe zwar eine Ausbildung im Schiffahrtswesen, bin aber bereit, umzuschulen und Bauzeichner zu lernen ...
     
    Quoyle und Wavey Seite an Seite, einander sympathisch; Herry, der ihnen in den Nacken atmete. Das Auto quälte sich durch den Regen den Hügel hinauf, von der Schule weg. Sie kamen über die Kuppe. Auf Quoyles Seite das Meer, ein krankes Grau im angestrengten, feuchten Licht.
    Spritzten durch gelben Regen. Eine Reihe Briefkästen, einige in Gestalt von Häusern mit aufgemalten Fenstern. Vier Enten watschelten die schlammigen Furchen entlang. Quoyle fuhr im Schneckentempo hinter ihnen her, bis sie in den Straßengraben auswichen. Am Büro des Gammy Bird vorbei, am Haus der Buggits vorbei und weiter. Die quadratischen Häuser mit wunderbaren Streifen bemalt, tapfer vor den Felsen.
    Waveys Häuschen war im Erdgeschoß Minzgrün, dann ein roter Streifen. Der scharlachrote Schlafanzug des Jungen an der Wäscheleine, leuchtend wie Chilischoten. Ein Stapel spitzer Scheite, ein Sägebock in einem Haufen aus Spänen und Rinde, abgesplitterte Holzstücke, zum Stapeln bereit.
    Neben der Straße zwei Fischer, schlank und hart wie Flintenrohre, flickten bei Regen ihre Netze, auf ihren Pullovern perlte die Nässe. Scharfe irische Nasen, lange irische Hälse und gekräuselte Haare unter Schirmmützen. Einer schaute auf, sein Blick sprang von Wavey zu Quoyle, musterte sein Gesicht, erkannte ihn. Filetnadel in der Hand.
    »Dort ist Onkel Kenney« , sagte Wavey mit ihrer leisen, tragenden Stimme zu dem Jungen.
    »Und«, rief das Kind.
    In Archie Sparks Hof stand ein neuer Hund, ein blauer Pudel zwischen den Sperrholzschwänen.
    »Und.«
    »Ja, ein neuer

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