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Schlag weiter, Herz

Schlag weiter, Herz

Titel: Schlag weiter, Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Davic Pfeifer
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einzuschlafen. Wenn Stefan jemanden im Rücken haben wollte, ging Mert mit. Er stellte sich hinter Stefan auf, sprach nicht und versuchte so auszusehen, als könne er Handgranaten zerdrücken, bevor sie explodierten.
    Felix und Angelika hatten Nadja überredet, sie zu einer Party zu begleiten. Um Nadja vor die Tür zu bekommen, war Felix jeder Anlass recht. Sein ehemaliger Studiengang feierte, Angelika bot Argumente auf. »Da sind neunzig Prozent Männer«, erklärte sie Nadja, »es sind viele nette dabei, und sie verdienen alle gut.«
    Nadja wusste nicht, wie sie den beiden begreiflich machen sollte, warum sie sich nicht dafür interessierte, mit Dutzenden von Männern auf einer Party schlechte Musik zu hören und langweilige Anbahnungsgespräche zu führen. Der Gedanke allein versetzte sie in einen Erschöpfungszustand.
    »Und wenn du keinen findest, dann kannst du dich wenigstens anschwärmen lassen, du bist doch so eine schöne Frau!«, führte Angelika aus. Nadja war einfach zu niedergeschlagen, um sich Gegenargumente einfallen zu lassen, und es war ja auch nett gemeint.
    Felix und Nadja waren beide keine Partytypen, also standen sie etwas abseits und beobachteten die anderen. Angelika hatte mehrfach erfolglos versucht, Felix zum Tanzen zu bewegen, und sich dann zwangsweise in Konversationen mit seinen ehemaligen Studienkollegen geflüchtet. Immer wieder setzte sie einen von Felix’ Exkommilitonen auf Nadja an, einer nach dem anderen holte sich einen Korb. Aus den Lautsprechern dröhnte »It’s raining men«.
    Nadja blickte sich um und trank Wein aus einem Plastikbecher. Felix betrachtete seine Schwester von der Seite. Schließlich wurde der Druck, ein Gespräch mit ihr zu führen, so übermächtig, dass er sich in das einzige Thema flüchtete, das ihm gerade deshalb einfiel, weil er es vermeiden wollte.
    »Mert hat letzte Woche gewonnen.«
    »Wieso erzählst du mir das?«
    »Ich dachte, es interessiert dich vielleicht.«
    »Ja, es interessiert mich. Aber ich will es eigentlich nicht wissen.«
    Nadja sah weiter nach vorne, Felix konnte keine Reaktion in ihrem Gesicht ablesen. »Wie schön für ihn«, sagte sie schließlich.
    »Warum beschäftigt dich das eigentlich noch?«, fragte Felix.
    »Du hast doch damit angefangen«, sagte Nadja.
    Eine Mischung aus Eifersucht und Beschützerinstinkt trieb Felix dazu, die Sätze schärfer zu formulieren, als er es eigentlich wollte.
    »Der wird in seinem Leben kein guter Boxer mehr«, sagte er.
    »Er hat doch gewonnen.«
    »Das war aber mehr Zufall.«
    »Wieso Zufall?«
    »Entweder er verliert nach Punkten, oder er haut die Gegner um. Das ist nicht gerade die feine Schule.«
    »Hast du eigentlich Angst vor Mert?«
    »Bestimmt nicht.« Felix drehte sich weg, er war offensichtlich gekränkt.
    »Ich wollte dich nicht ärgern«, sagte Nadja, »ich frage mich nur, wie es ist, mit ihm im Ring zu stehen.«
    »Unangenehm«, sagte Felix spontan. Dann dachte er noch ein bisschen nach. »Sehr unangenehm. Er bewegt sich komisch, geht oft falsch herum.«
    »Wieso falsch?«
    »In die Schlaghand, ein guter Boxer geht weg von der Schlaghand, deswegen irritiert mich das.«
    »Aber dann ist es vielleicht genau richtig.«
    »Man lernt es aber immer anders.«
    »Dann ist es doch gut, dass er es nicht so macht wie alle. Es führt ja oft zum Erfolg.«
    »Der weiß doch selbst nicht, was er tut.« Felix wirkte verärgert.
    »Das stimmt allerdings«, sagte Nadja.
    Angelika kam auf die beiden zu, einen jungen Mann mit weitem Jackett und Schnauzbart im Schlepptau. »Lixi, wenn du jetzt nicht wenigstens einmal mit mir tanzt, reiche ich die Scheidung ein«, sagte sie und lachte, als müsste sie den Witz eines Vorgesetzten lustig finden. »Nadja, das ist Richard, einer der nettesten Freunde deines Bruders.«
    Felix konnte sich nicht erinnern, Richard schon einmal gesehen zu haben.
    Richard war schüchtern und versuchte nicht, die Situation durch Geplapper zu entschärfen. Er gab Nadja die Hand und stellte sich dann neben sie, um mit ihr gemeinsam zu beobachten, wie Felix und Angelika tanzten.
    »Möchtest du etwas trinken?«, fragte Richard nach zwei Minuten.
    Nadja hatte keine Lust auf gar nichts, rang sich aber dennoch zu einer Antwort durch. »Einen Weißwein.«
    Als Richard wenig später mit einem Bier und einem Wein im Plastikbecher zurückkam, betrachtete Nadja ihn beim Gehen. Er wäre vielleicht gut aussehend gewesen, wenn er den Schnäuzer abrasiert hätte. Er war groß, breitschultrig, aber

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