Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Titel: Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
Vom Netzwerk:
Geräusch bekannt vorkam – schließlich hatte er es selbst im Blut -, spürte, was als Nächstes kommen würde.
    Danny scherte hinter ein paar Büschen aus, die wie ein ineinander verschlungenes Liebespaar geschnitten waren, und lenkte den Charger zurück auf die Straße. Mit siebzig Meilen brausten sie auf einer gepflegten Straße an Millionenvillen entlang, die nach ein paar hundert Metern am Meer endete.
    Flynn hielt den Arm vor Emma Waltz, so wie Danny es immer bei ihm getan hatte, bevor er in die Bremsen stieg. Als Emma ihre Hand auf seine legte, wurde ihm schwindelig. Er schloss die Augen, stemmte die Füße gegen den Boden und knirschte mit den Zähnen gegen das abrupte, ruckelnde und holpernde Abstoppen des Wagens. Patricia schrie Dannys Namen.
    Vier Streifenwagen bildeten am Ende der Straße eine Reihe, dahinter Gras und Sand. Sechs Meter hohe schmiedeeiserne Zäune, Steinlöwen, gestutzte Hecken, Kletterefeu, Stützmauern mit italienischen Kacheln und riesige Wandtöpfe säumten den Weg dorthin. Die fünf Wagen der Verfolgergruppe schlitterten über den
Asphalt und krachten mit den Stoßstangen zusammen. Eine irrsinnige Spannung lag in der Luft. Man konnte förmlich mit den Händen danach greifen. Es war alles so schnell passiert, für nichts und ohne jeden Grund.
    Der Tag kam Flynn vor wie ein Traum, aus dem er nicht hatte aufwachen wollen. Immer wieder dachte er, dass es doch nicht so schwer sein konnte, einfach anzuhalten und das Ganze zu beenden. Die Sirenen, die Lichter und die Rufe waren überall, aber nichts konnte Dannys Lachen übertönen. Es hörte nicht auf. Es würde niemals aufhören. Danny würde es mit sich ins Meer nehmen.
    Flynns Augen füllten sich mit Tränen, doch sie wollten nicht fallen. In den kommenden Jahren sollte er das als seine größte Schuld empfinden. Dass er nicht geweint hatte. In den seltsamsten Momenten quälte ihn dieser Gedanke: am Nachmittag, an dem er seine Unschuld auf dem Rücksitz des Chargers verlor; in der Hochzeitsnacht, als Marianne auf dem Hotelbett saß und ihre Schuhe auszog; an dem Tag, an dem sein Sohn Noel nicht geboren wurde; im Krankenhaus, als er zum ersten Mal seine Mutter besuchte, mit Blumen in der Hand, und sie zu ihm sagte, er hätte sich nicht solche Umstände machen sollen. Man konnte vieles verleugnen, aber nicht, beim Weinen zu versagen.
    Patricia hatte Blut an den Lippen. Flynn sah, dass sie verzweifelt versuchte, seinen Bruder zu lieben und ihn zu retten, dass sie sich einbildete, es tatsächlich zu können. Dass es möglich war. Vielleicht war es eine Folge ihrer Angst. Vielleicht war sie auf ihre Art genauso leichtsinnig wie Danny. Beide kämpften sie gegen die Bedeutungslosigkeit ihres Lebens an, gegen ein Klischee.
Er würde niemals als arbeitsloser ehemaliger Sportcrack enden, der verbittert in seinem Lehnstuhl saß und sich tagsüber vor dem Fernseher ein Bier nach dem anderen reinschüttete. Und sie konnte nicht existieren ohne das Drama einer Amour fou zwischen Fremden. Flynn empfand einen seltsamen Respekt vor dem Mut hinter ihrer sinnlosen Überzeugung.
    Danny sagte, sie solle aussteigen, aber sie weigerte sich und fing wieder mit dem Baby an. Er schrie, es gäbe kein Baby, und sie schrie zurück, doch, sie sei ganz sicher. Danny griff nach hinten, ließ Flynns Anschnallgurt aufschnappen, packte ihn am Arm und zog ihn nach vorne. Es tat weh, aber Flynn gab keinen Laut von sich. Er rutschte über Dannys Schoß und hielt sich mit beiden Händen am Lenkrad fest. Danny versuchte, ihn durchs Fenster nach draußen zu schieben, aber Flynn ließ nicht los. Er biss sich auf die Lippen und kniff die Augen zusammen. Danny zerrte und schob, bis Flynns Griff sich endlich lockerte. Er küsste ihn auf den Kopf, sagte »Guter Junge« und warf ihn aus dem Fenster. Die Reichen hingen an den Fenstern oder kamen raus auf ihren Rasen und sahen neugierig zu. Die Bullen richteten ihre Waffen auf Flynn, als wäre er eine Stange Dynamit. Als sie schließlich feststellten, dass sie es mit einem zehnjährigen Jungen zu tun hatten, gaben sie ihm Zeichen, machten Geräusche wie junge jaulende Hunde und streckten die Arme aus wie bei einem Baby, das gerade seine ersten Schritte macht. Er wich nicht von der Stelle und nahm Emma aus Dannys Armen entgegen. Als sie auf den Beinen stand, gingen sie ohne ein Wort los. Flynn lief die Straße hinunter, und Emma
Waltz folgte ihm dicht auf den Fersen. Sie wirkte immer noch vollkommen ruhig.
    Die Polizei kam mit

Weitere Kostenlose Bücher