Schmerzlos: Thriller (German Edition)
brauchte Hilfe, sofort. Was hatte ich? Pfefferspray. Einen Telefonhörer. Meinen Verstand, zumindest das bisschen, was noch davon übrig war. Meinen Freund, der eine Menge Verstand und ein Montiereisen und Räder anstatt Füßen besaß. In diesem verdammten Gebäude musste es doch noch andere Menschen geben. Eine Putztruppe oder einen Workaholic, der nicht von seinem Schreibtisch wegkam. Jemand mit einem Handy, der die Polizei rufen konnte.
Ganz leise hörte ich die Stimme der Vernunft in meinem Hinterkopf. Es muss einen Schlüssel geben, um die Türen aufzuschließen.
Der Feueralarm. Ich konnte den Feueralarm auslösen. Archie hatte einen Schlüsselbund. Der Feueralarm würde eine Menge Leute hierherscheuchen, und zwar prompt.
Hol die Schlüssel.
Wenn ich den Feueralarm auslöste, würde es fünf bis zehn Minuten dauern, bis der erste Löschzug hier war. Jesse und ich konnten uns unter dem Gitter durchzwängen, doch wenn er erst mal draußen war, hatte er keinen Rollstuhl mehr. Archies Schlüssel zu holen, war die schnellste und sicherste Möglichkeit, um uns hier rauszubringen.
Stand nicht in Psalm 91, dass man sich vor dem Grauen der Nacht nicht zu fürchten braucht? Zögernd schlich ich auf Zehenspitzen zum Treppenhaus zurück, während ich das Pfefferspray und den Telefonhörer umklammerte. Der Marmor unter meinen nackten Füßen fühlte sich kalt an. Beim Fahrstuhl musste es auch einen Feueralarm geben. Die Beleuchtung über mir flackerte immer noch. Ich trat um die Ecke.
Maureen Swayze stand vor mir.
Ich riss das Pfefferspray hoch, doch Swayze war genauso schnell und hob ihre Pistole, nein, es war etwas anderes. Ich schrie auf und drehte mich weg.
Schmerz hüllte mich ein. Außen, innen. Ein elektrischer Schock. Ich wurde stocksteif, fiel um und biss mir auf die Zunge. Es tat unglaublich weh. Ich lag platt auf dem Marmor und konnte nicht einmal schreien. Swayze packte meinen Arm und schleifte mich in einen Fahrstuhl.
Die Wände des Fahrstuhls drehten sich um mich wie bei einem Fahrgeschäft auf dem Rummelplatz. Tränen liefen mir aus den Augen. Ich ruhte völlig verdreht auf dem Boden. Swayze ragte über mir auf und beobachtete mich wie einen Frosch, den sie sich zum Sezieren auf ein Tablett gepinnt hatte. Sie hielt einen Taser in der Hand und wirkte, als würde es ihr Spaß machen, ein zweites Mal abzudrücken. Unzählige Nadeln stachen in meinen Körper. Arme und Beine waren nur noch nutzlose Anhängsel. Meine Zunge blutete, und das Blut tropfte mir aus dem Mundwinkel. Die Kabine blieb stehen, dann ging die Tür auf. Swayze zerrte mich in einen spärlich beleuchteten Korridor hinaus.
Obwohl sich die Wände immer noch um mich drehten, erkannte ich doch, dass das hier nicht das elegante Foyer von Primacon war. Stattdessen befanden wir uns auf einer der unfertigen Etagen. Ich konzentrierte mich, ließ den Kopf hängen und spuckte Blut auf den Boden, um wenigstens irgendwas zu tun. Als Swayze mich weiterschleppte, ließ ich meine Hand durch das Blut schleifen. Die Spur, die ich hinterließ, sah aus, als hätte ein Kind mit Fingerfarben auf den Boden gemalt. Ganz langsam gelang es mir, die Knie zu beugen.
Als Swayze das bemerkte, blieb sie stehen, kauerte sich neben mir nieder und drückte mir den Taser gegen den Bauch, genau an der Grenze zu meinem Höschen.
»Der Taser ist nicht tödlich. Normalerweise.« Der Blick hinter ihrer Brille war kühl. »Allerdings bin ich mir nicht sicher, welche Wirkung er auf einen Fötus im ersten Drittel der Schwangerschaft hat.«
Mir stockte der Atem. Swayze sah auf einmal sehr zufrieden aus.
»Wie ich vermutet hatte.« Sie stand auf. »Hoch mit Ihnen. Sie können kriechen.«
Mühsam kämpfte ich mich auf Hände und Knie. Sie bebten wie Bambusstöcke unter mir.
Ihre Stimme klang selbstgefällig. »Ich konnte einfach nicht verstehen, warum Ihr Freund unbedingt wissen wollte, ob Sie gesund sind. Dann fiel mir wieder ein, wie Sie neulich geflüchtet sind, als wir uns der Tür mit der Warnung vor radioaktiver Strahlung näherten. Das hat mich auf die richtige Spur gebracht.«
Der Winkel der Notlampen und das Echo an den Wänden sagten mir, dass wir uns auf einem der Stockwerke befanden, die auf das Atrium hinausgingen. Ich erkannte Abdeckfolie, Farbeimer und Sägeböcke, Wände aus Gipskarton und Kabel, die von der Decke herabhingen. Swayze packte mich am Kragen und rammte mir den Taser gegen die Schulter.
»Schneller.«
Ich kroch auf die Fenster zu. In den
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