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Schnee in Venedig

Schnee in Venedig

Titel: Schnee in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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mir nur ziemlich sicher, dass es nicht Grillparzer war, der das Mädchen getötet hat.»
    «Das würde bedeuten», sagte Tron langsam, «dass in dieser Nacht
zwei
Verbrechen stattgefunden haben, die ursprünglich nichts miteinander zu tun hatten.»
    Die Principessa nickte. «Das heißt es wohl.» Dann fragte sie unvermittelt: «Hatte das Mädchen Bisswunden?»
    Tron gab sich keine Mühe, seine Überraschung zu verbergen. «Woher wissen Sie das?»
    «Ich wusste es nicht. Aber es hat vor einem halben Jahr am Gloggnitzer Bahnhof in Wien einen Mord gegeben. Das Mädchen wurde gefesselt, erwürgt und hatte Spuren von Bissen.»
    «Hat man den Täter gefasst?»
    «Das müssen Sie Ihre Kollegen in Wien fragen. Ich weiß von diesem Verbrechen, weil ich im August in Wien war. Es stand in allen Zeitungen.»
    «Vom Gloggnitzer Bahnhof fahren die Züge nach Triest ab», sagte Tron nachdenklich. «Ich werde noch einmal mit Moosbrugger sprechen. Er muss den Namen des Mannes kennen.»
    Die Principessa sah ihn ausdruckslos an. «Meinen Sie, er wird reden?»
    «Ich denke schon, dass er reden wird», sagte Tron.
    Aber wenn dies hier ein Rendezvous sein sollte, konnten sie nicht die ganze Zeit über Verbrechen sprechen. Also legte Tron seine rechte Hand auf der samtüberzogenen Brüstung der Loge neben die Hand der Principessa und registrierte befriedigt, dass sie keine Anstalten machte, ihre Hand wegzuziehen. Er würde nachher versuchen, seine Fingerspitzen unter die ihren zu schieben oder – falls das zu kühn war – ihren kleinen Finger mit seinem kleinen Finger zu berühren.
     
    Drei Stunden später warteten sie auf der steinernen Plattform vor dem Wassertor des Fenice auf die Gondel der Principessa, und Tron versuchte, sich an das prickelnde Gefühl in der Magengrube zu erinnern, das er gespürt hatte, als sein kleiner Finger den kleinen Finger der Principessa berührt hatte. Sie hatte ihre Hand nicht weggezogen, hatte sogar später in der Pause eine flüchtige Minute lang ihre Hand auf seinen Arm gelegt. Da war das Prickeln in Trons Magengrube so stark gewesen, dass er Schwierigkeiten gehabt hatte zu sprechen.
    Um sie herum standen ein Dutzend Leute, die ebenfalls auf ihre Gondel warteten. Die Gondeln mit ihren kleinen Öllämpchen am Bug verstopften den halben Rio Fenice und stauten sich vor den Stufen am Wassertor. Er fragte sich, wie gewaltig der Andrang von Gondeln früher gewesen sein mochte, als ein erheblich größerer Teil der Gäste mit Gondeln gekommen war.
    Tron erwartete nicht, dass die Principessa ihm anbieten würde, ihn nach Hause zu bringen, und er hatte auch nicht vor, sie darum zu bitten. Er wollte nichts überstürzen. Esreichte ihm völlig, dass die Principessa sich wie selbstverständlich bei ihm eingehakt hatte – mit einer Bewegung, die völlig sachlich war und keine Spur kokett. Sie schwiegen beide, und einen Augenblick lang gab sich Tron der Illusion hin, dass sie sich schon lange kannten.
    «Commissario?»
    Tron löste widerwillig den Arm aus seiner Verschränkung mit dem Arm der Principessa und drehte sich um. Unmittelbar hinter ihm stand ein englisches Ehepaar, aber hinter dem Ehepaar reckte sich ein eleganter Herr im Frack – der Mann, der ihn angesprochen hatte.
    Es war Haslinger, der über das ganze Gesicht strahlte. Er hatte seine rechte Hand erhoben und winkte Tron zu, indem er die Finger so bewegte, als übte er Tonleitern. Haslinger drängte sich an den Engländern vorbei. «Commissario», wiederholte er, diesmal so laut, dass Tron das Gefühl hatte, alle auf der Plattform starrten ihn an.
    Als Haslinger vor ihnen stand – die Principessa hatte sich ebenfalls umgedreht   –, blieb Tron nichts anderes übrig, als den Ingenieur und seine Begleitung miteinander bekannt zu machen.
    Die Principessa streckte – fast widerwillig, wie Tron registrierte – die Hand aus, und Haslinger beugte sich galant über ihre Finger, um einen Handkuss anzudeuten.
    An die Prinzessin gewandt sagte Tron: «Signor Haslinger ist auch Passagier auf der
Erzherzog Sigmund
gewesen.»
    «Ich weiß.» Die Stimme der Principessa klang scharf. «Als ich das Bordrestaurant betrat, verließen Sie es gerade», sagte sie zu Haslinger.
    Etwas schien Haslinger zu irritieren. Er hatte seinen Blick auf die Principessa geheftet und wiegte nachdenklich den Kopf. «Kann es sein, dass wir uns irgendwo begegnet sind, Principessa?»
    «Natürlich.» Die Principessa lächelte schmal. Sie musterte Haslinger mit einem Ausdruck, den Tron

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