Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
Vom Netzwerk:
eine Menge Gerede.«
    »Klingt spannend.«
    »Wenn du kotbeschmierte Wände als spannend empfindest …«
    Werneuchen verzog das Gesicht. »Echt?«
    Winnie nickte. »Das ist zumindest das, was man mir erzählt hat.« Ihr Blick streifte den verwaisten Schreibtischstuhl ihres Vorgesetzten. »Aber wo steckt eigentlich mein sogenannter Partner?«
    »Er wollte mit Gerd Richters Tochter sprechen und anschließend kurz bei sich zu Hause vorbei. Danach hat er sich noch nicht wieder blicken lassen.«
    Sie sah auf die Uhr. Halb sechs mittlerweile. Allerdings fühlte es sich an wie halb eins in der Nacht.
    »Ich glaube nicht, dass er heute noch mal auftaucht«, sagte Werneuchen.
    Winnie stutzte und biss sich dann schuldbewusst auf die Lippen.
    »Was ist?«
    »Ach, mir ist nur gerade etwas eingefallen.«
    Werneuchen zog fragend die Brauen hoch.
    »Ursprünglich hatte ich Nina versprochen, heute Nachmittag mit ihr in die Stadt zu gehen. Und bestimmt ist sie furchtbar enttäuscht.«
    »Du kannst doch nichts dafür, wenn Hinnrichs dich anderweitig verplant.«
    »Schon, aber …« Sie seufzte. »Es tut mir trotzdem leid. Ich wollte, dass sie ein bisschen Spaß hat. Gerade jetzt, wo sich alle Welt nur um ihr kleines Brüderchen schert.«
    »Apropos«, sagte Werneuchen. »Hast du ihn schon gesehen?«
    »Wen?«
    »Jan.«
    »Ach so.« Sie lachte. »Ja, hab ich. Einmal direkt nach der Geburt. Und dann noch mal kurz bei Verhoeven im Auto. Aber da hatte er eine Mütze auf und war in einen Deckenhaufen gewickelt.«
    »Aber er …« Werneuchen zögerte. »Er ist doch okay, oder?«
    »Was meinst du mit okay?«
    »Na ja«, druckste er, »weil Verhoeven so gar nichts erzählt … Da dachte ich, es ist vielleicht irgendwas nicht in Ordnung.«
    »Ach was, du weißt doch, wie er ist«, wiegelte Winnie eilig ab, obwohl sie mit ihrem Vorgesetzten tatsächlich noch nie explizit über das Baby und seinen Gesundheitszustand gesprochen hatte. Einzig die Tatsache, dass Jan und seine Mutter unmittelbar vor seiner Geburt in der Gewalt eines Serienvergewaltigers gewesen waren, war einmal kurz Thema gewesen.
    »Eigentlich kann es ab jetzt nur noch bergauf gehen«, hatte Verhoeven gesagt, als sie in der Cafeteria des Krankenhauses gesessen und einen Kaffee auf das Wohl des neuen Erdenbürgers getrunken hatten.
    Und Winnie hatte gelacht und dem Baby ein paar Tage später ein besonderes Geschenk gemacht: einen silbernen Anhänger in Marienkäferform mit eingebautem GPS . »Damit Sie immer wissen, wo er steckt, bis er alt genug ist, sein erstes Handy zu bedienen«, hatte sie gescherzt.
    Und Verhoeven hatte erfreut ausgesehen und gesagt: »Das ist gut.«
    Mehr hatten sie über seinen Sohn bislang nicht gesprochen. Und das hatte sie bis zu diesem Moment als vollkommen normal empfunden.
    Sie sah ihren Kollegen an. »Ich bin sicher, dass er was gesagt hätte, wenn mit dem Baby nicht alles in Ordnung wäre«, sagte sie, etwas weniger überzeugt als zuvor.
    »Aber es ist doch komisch, dass er uns nicht mal ein Foto gezeigt hat«, insistierte Werneuchen.
    »Er zeigt doch nie irgendwelche Fotos«, entgegnete Winnie grimmig. »Wenn’s nach ihm ginge, würde seine Familie in einer Festung leben, mit hohen Mauern und Wassergräben und Selbstschussanlagen, damit auch ja niemand an sie rankommt.«
    »Da sagst du was Wahres«, räumte Werneuchen ein. »In diesem Punkt nehmt ihr euch nicht viel.«
    Winnie starrte ihn an. Dachte er das wirklich?
    Sie wollte nachhaken, doch Werneuchen war bereits halb aus der Tür. »Ich bin dann weg«, rief er noch. »Die Berichte habe ich dir per Mail geschickt, weil ich nicht wusste, ob du überhaupt noch mal reinschaust.«
    Ich schaue immer noch mal rein, gab Winnie in Gedanken zurück. Schließlich habe
ich
keine Familie, die auf mich wartet. Oder auch nur was Besseres vor …
    Sie nahm sich einen lauwarmen Kaffee aus der Thermoskanne unter der Kaffeemaschine, warf ihren Rechner an und fand neben der angekündigten Mail von Werneuchen auch Post von Dr. Gutzkow, die ihr die ausführlichen Obduktionsberichte zu Joachim Ackermann und Ilse Brilon geschickt hatte. Beide enthielten über das, was sie bereits wussten, hinaus keine großen Überraschungen.
    Also nahm sich Winnie die Berichte ihres Kollegen über Ackermanns damalige Opfer vor.
    Peter Steinecke, der Gründer der Umweltschutzorganisation FreeEarth und in dieser Funktion sozusagen Olaf Madsens Haupterbe, war vor etwas mehr als zwei Jahren an Krebs gestorben. Die Organisation aber

Weitere Kostenlose Bücher