Schneewittchens Tod
die seiner Mutter, auf die blauen von Chib.
»Ich bin keine Petze«, erklärte er feierlich.
»Tu doch nicht so! Schließlich hast du mir selbst erzählt, dass Charles und Costa ein Verhältnis hatten. Ist das vielleicht nicht petzen?«
»Das ist nicht das Gleiche. Ich war wütend auf Charles.«
»Ich muss es wissen, verstehst du?«
»Ja, es ging weiter. Aber wenn Sie meinem Vater ein Wort sagen, bringe ich Sie um«, erklärte er.
»Mit einer Pistole aus seinem Gewehrschrank, zum Beispiel?«, höhnte Chib und lockerte den Druck auf den mageren Bizeps des Jungen.
Der zuckte nur mit den Schultern und lief, vier Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf.
Nun, was hatte dieses freundschaftliche Gespräch mit dem bezaubernden Jüngsten gebracht? Abgesehen von der Bestätigung, dass Charles einen Hang zum männlichen Personal des Anwesens hatte? Die ihn im Übrigen definitiv aus dem Kreis der potenziellen Vergewaltiger auszuschließen schien, ebenso wie Costa. Außer, Costas Neigungen wären vielseitiger gewesen und . Es war Zeit, sich in der verfluchten Kapelle mit Dubois zu treffen.
Der Priester erwartete ihn neben dem Schrein, eine Hand auf den Deckel gelegt, so, als wolle er der Leiche befehlen, sich ruhig und anständig zu verhalten. Er zog ein kleines Messkännchen aus der Tasche und machte Chib ein Zeichen, näher zu treten.
»Wir sind alle in Gefahr«, flüsterte er und schwenkte das Messkännchen. »Spüren Sie die Kälte?«
Chib, der vor Nervosität schwitzte, antwortete nicht.
»Zuerst das Eis, dann das Feuer. So gehen sie vor. Sie lassen Sie erstarren, dann verglühen.«
Sie lassen Sie erstarren, dann verglühen - letztlich war er Blanche ein würdiger Cousin.
»Was hier drin ist, wird sie vorübergehend fern halten«, sagte Dubois und schwenkte das Messkännchen über Chibs Kopf, der unwillkürlich zurückwich.
Er spürte einen Tropfen kalte Flüssigkeit über seinen Schädel rinnen. Besprengte ihn der Irre mit Weihwasser? Und würde er ihm ein silbernes Kruzifix und eine Knoblauchzehe geben?
»Und hier ist der Knoblauch«, sagte Dubois und drückte ihm zwei Kapseln in die Hand. »Der Erzbischof von Turin hat sie persönlich geweiht, indem er sie an dem Heiligen Schweißtuch gerieben hat. Es nutzt gar nichts, sie sich um den Hals zu hängen, das ist reiner Aberglaube«, fuhr er mit verschwörerischer Miene fort. »Wichtig sind die positiven Energien darin, verstehen Sie, damit diese die negativen bekämpfen können.«
Chib bemühte sich um ein freundliches Lächeln, während er die beiden Kapseln schluckte. Nur nicht widersprechen.
»Sie glauben, ich bin verrückt? Nein, ich bin nicht verrückt, Moreno, aber ich habe Dinge gesehen, die Sie sich nicht vorstellen können, die Sie sich nie werden vorstellen können. Ich habe den Teufel gesehen, wie ich Sie sehe: Er fuhr aus dem Mund eines sechsjährigen Jungen. Ich habe einen Mann Ströme von Blut weinen sehen, das uns alle bespritzt hat, und eine Frau, die Fäkalien erbrach und dabei schallend lachte.«
War es möglich, dass der arme Irre beim selben Videoclub Abonnent war wie Greg?, fragte sich Chib und deutete ein Nicken an.
»Ach verdammt«, rief Dubois plötzlich und ging zur Tür, »Sie glauben mir nicht, niemand glaubt mir, ich frage mich, warum ich es überhaupt noch versuche!«
»Warten Sie!«
Chib hielt ihn am Ärmel fest.
»Costa war Charles Liebhaber«, platzte es aus ihm heraus. »Ihr frommer Costa!«
Dubois blinzelte. »Das ist unmöglich. Völlig unmöglich.«
»Charles hat es mir selbst gestanden.«
»Er hat gelogen!«
»Warum sollte er so etwas erfinden?«
Der Priester ballte die Fäuste, seine Augen funkelten. »Dann ist es noch viel schlimmer, als ich dachte. Das ganze Haus ist infiziert.«
»Und ich habe einen Anruf bekommen«, fuhr Chib fort, der jetzt nicht mehr zu bremsen war, »man hat mir Elilous Vergewaltigung vorgespielt, ich habe sie schreien hören, verstehen Sie?«
Dubois umklammerte die Lehne eines Betstuhls: »Elilou ist Gewalt angetan worden?«, stammelte er, »aber Sie haben mir nichts davon gesagt!«
»Ich war nicht sicher. Das Ganze ist ein Albtraum«, sagte Chib und knackte mit den Fingergelenken.
»Nein«, erklärte der Priester überzeugt, »es ist eben kein Albtraum, es ist Wirklichkeit, der Kampf zwischen Luzifer und Gott ist unsere Wirklichkeit!«
Chib schüttelte resigniert den Kopf. Was war nur in ihn gefahren, diesem Erleuchteten alles zu enthüllen? Ein unwiderstehliches Verlangen,
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