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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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ganze Zirkus ist bald vorbei«, rief Belle-Mamie aus dem Wintergarten herüber, wo sie mit Eunice und Annabelle bei Tisch saß.
    »Ich will in den Zirkus!«, schrie Eunice und klatschte in die Hände.
    »Das ist nur eine Redensart, mein Liebling. Iss deine Kekse«, befahl ihre Großmutter, als Chib und Gaelle das Haus verließen.
    »Ich will boxen«, meinte Annabelle und zappelte auf ihrem Hocker.
    »Trink deinen Kakao aus und rede keinen Unsinn.«
    »Das ist kein Unsinn, ich will Boxerin werden und sie alle platt machen!«
    »Annabelle, bitte!«
    »Bis morgen.«
    Dubois schloss die Tür, und sie konnten die Fortsetzung des Gesprächs nicht mehr hören.
    »Eine Dusche, ein Steak mit Pommes und einen doppelten Whisky, schnell, Chauffeur!«
    Chib nickte und ließ sich erschöpft in den Floride sinken. Er hatte keine Lust, in dieser morbiden Atmosphäre zu bleiben, aber er hatte auch keine Lust, sich von Blanche zu entfernen. Er hatte zu nichts von all dem Lust, was sich ereignete. Er hatte Lust, etwas anderes als diese Realität zu leben. Er fühlte sich frustriert, genervt und verängstigt. Dazu kamen die ersten Anzeichen einer Stirnhöhleninfektion und heftiges Sodbrennen.
    »Kann ich bei dir schlafen?«, fragte Gaelle und schaltete den CD-Player ein.
    »Schlafen, ja«, entgegnete Chib, während Cab Colloway Hard Times anstimmte.
    INTERMEZZO 4
    Meine Zeit
    ist gekommen
    eisiger Hauch
    Die Hände gefesselt
    wohlige Wunde
    Ihre geschlossenen Augen
    ich öffne sie
    Ihr stummer Mund
    ich bezwinge ihn
    Ihr nackter Leib
    ich breche ihn auf
    wie ein Dieb
    Todesdieb
    Sie haben Angst
    Endlich
    Sie verstehen nun
    dass auch ihre Zeit gekommen ist
    Die Zeit der Züchtigung
    die süße Zeit der Schmerzen

KAPITEL 12
    »Hallo! Was treibst du? Sag bloß, du bist schon wieder mit einer Frau im Bett! Du bist ja schlimmer als ein australisches Karnickel!«
    Gregs Stimme plärrte aus dem Telefonlautsprecher.
    »Ist Gaelle bei dir? Huhu, Gaelle, nun streck doch mal den Kopf unter der Decke hervor!«
    »Sie ist weg, sie musste in die Uni«, brummte Chib und legte die Nadel beiseite, mit der er soeben den letzten Stich an Scotty gemacht hatte. »Und wenn ich nun mit jemand anderem zusammen gewesen wäre?«
    »Du hast doch nicht mehr als eine Frau pro Jahr!«, spottete Greg.
    Da irrst du dich, mein Lieber. Der neue Chib ist ein wahrer Herzensbrecher.
    »Aicha hat mir erzählt, was los ist«, fuhr Greg fort. »Total verrückt, eure Geschichte.«
    »Du sagst es.«
    »Weißt du, was ich denke?«
    »Du weißt doch, dass Denken nicht gut für dich ist!«
    »Hör auf mit dem Blödsinn, weißt du, was ich denke? Ich glaube, der Vater war es, mit seinem Wall-Street-Outfit, du weißt schon, wie der Typ, der in Hollywood Night die Nutten umlegt. Der am wenigsten verdächtigt wird, ist am Ende immer der Schuldige.«
    »Greg, wir sprechen hier von echten Menschen. Von einem richtigen Mädchen.«
    »Und es ist echt tot, dein echtes Mädchen. Und sie ist auch nicht selbst aus ihrer Konservendose rausgekommen, um mit Bambi im Wald spazieren zu gehen. Ich sage dir ja, er war es, er hat sie vergewaltigt und umgebracht, und das macht ihn jetzt wahnsinnig.«
    »Entschuldige, ich bekomme noch einen anderen Anruf, das sind sie vielleicht.«
    »Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe, ich habe Instinkt.«
    Chib legte auf und griff nach seinem Handy, das auf dem niedrigen Tisch lag.
    »Guten Tag, ich rufe wegen Scotty an.«
    Noemie Labarriere.
    »Ich bin fertig«, sagte er und strich über den Kopf des Terriers. »Ich kann ihn vorbeibringen, wann Sie wollen.«
    »Wunderbar! Sagen wir in einer Stunde?«
    Er warf einen Blick auf seine Uhr: 10 Uhr 45.
    »Sehr gut, bis gleich.«
    Während er sich anzog, hörte er seinen Anrufbeantworter ab. Keine Anrufe. Offenbar hatten die Andrieus beschlossen, auf seine Dienste zu verzichten. Das führte zu folgender schmerzhaften Frage: Unter welchem Vorwand konnte er Blanche wiedersehen? Er könnte immerhin anrufen, um sich zu erkundigen, wie es ihr ging. Eine solche Nachfrage wäre völlig normal unter den gegebenen Umständen. Ja, er würde einige Zeit warten, und dann würde er anrufen, sagte er sich gähnend. Er war um sechs Uhr aufgestanden, um Scotty fertig zu machen, ihn mit Kunstharz auszugießen und ihm das behandelte Fell wieder überzuziehen. Jetzt brannten seine Augen, wegen der Müdigkeit und der giftigen Chemikalien. Ein kleiner Spaziergang würde ihm gut tun.
    Noemie Labarriere lag auf einem olivgrünen Liegestuhl

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